Augsburger Stadtmagazin Lueginsland / Ausgabe Nr. 5 / Mai / 1979
Inhalt:Gespräch des Monats mit Ignaz Walter / Das Glasscherbenspiel: Bericht über die Verwertung des Augsburger Altglases / Udo Lindenberg in Augsburg / Stadtnachrichten / Café Lueginsland mit dem Bayernkolleg-Lehrer Manfred Wrobel / Flirt-Rummel: Flirten auf dem Plärrer, u.a.
Text zu Lueginsland Ausgabe Mai 1979
"Ich habe nicht gedroht".
Gespräch des Monats. Seite 7
Ein Spinner, ein verantwortungsvoller Städteplaner oder ein cleverer Bauunter-nehmer? Fragen, die sich aufdrängen, angesichts des wirkungsvollen Engagements des Hauptaktionärs der Thosti AG,Ignaz Walter. Der Generalverkehrsplan der Stadt Augsburg ist ihm ebenso gut bekannt, wie Mathematikbücher und Garagenverordnungen. (Foto: Leitenmaier)
Das Glasscherbenspiel, Seite 13
Aktuelles Thema Recycling. Was mit den alten Flaschen passiert, die in die aufgesteilten Container plumpsen, schildert dieser Bericht von Anfang bis Ende. (Foto: LM)
Ein folgenschwerer Rückfall Seite 34
Die Sporthalle Augsburg wurde zum Dröhnland bei Udo Lindenbergs nicht aufgeführter Symphonie. Ein Beleuchtungsmast knallte auf den empfindlichen Hallenboden (ein darauffolgendes Hallenhandball- spiel mußte ausfallen). Auch zwei Tage später mußte die Aufführung der aufwendigen "Dröhnland Symphonie" aus Augsburg fernbleiben. LUEGINSLA ND-Mitarheiter Thomas Hammer‚ beschreibt exakt den Aufstieg und plötzlichen Fall von Udo "Dröhn-Bergs" Bühnensymphonie, Im Kulturmagazin: Kritiken vom Chet Baker- Ambros-und Marek und VacekKonzert. Eine Hermann Lenz-Buchbesprechung, eine "Wildenten"-kritik und eine Kulturlandschaft, die überquillt vor Neuigkeiten. (Foto: Leitenmaier)
Hermanstr. 3
In eigener Sache
Es gärt weiter. In der AZ-Sanierungsangelegenheit ist noch nicht völlige Ruhe eingekehrt. Hartnäckig klemmt sich der Bund der Steuerzahler e. V. hinter die fragwürdige Umzugsfinanzierung der Augsburger Allgemeinen durch Bund, Land und Stadt aus Steuergeldern. Noch einmal: im Februar-Heft deckte LUEGINSLAND auf, daß die Lärmmessungen, die die AZ zu einem städtebaulichen Mißstand erklären sollten, zumindest unkorrekt durchgeführt wurden. Absicht? Unter LESERBRIEFE können Sie lesen, was der Bund der Steuerzahler uns schreibt und unter "In Eigener Sache" also hier, können Sie lesen, was OB Breuer an den Bund der Steuerzahler schrieb: ". .. würden Inhalt und Formulierung des von Ihnen zitierten Artikels durchaus die Möglichkeit bieten, Strafantrag gegen die verantwortlichen Redakteure zu stellen." Starke Worte. Bis jetzt haben wir aber von keiner Seite gesagt oder geschrieben bekommen, daß die betreffenden Lärmmessungen nicht unkorrekt durchgeführt wurden.
Fast noch stärkere Worte als OB Breuer, ließ Thosti-Bos Ignaz Walter von sich hören. "Ich habe nicht gedroht" verharmloste der Vorstand des zehntgrößten Bauunternehinens von Deutschland. Daß er aber überhaupt nicht harmlos ist, zeigt unser "Gespräch des Monats" mit dem Mathematikbuchverleger und Tiefgaragen- planer. Dieses brisante Interview mit dem zur Zeit aktuellsten Mann Augsburgs dürfte in der Augsburger Presselandschaft Meilensteine setzen.
IN DER PRESSE
Zu unserem Bericht "Parkkauf umgeht Gesetze" im April-Heft
Großmarkt im Recht
Schwarzbau kann bleiben
Keine Chancen sieht die Stadt Augsburg, etwas gegen die Umwandlung des eigentlich nur als Großhandelsmarkt errichteten Einkaufszentrums der Firma Holzer an der Berliner Allee zu unternehmen, das inzwischen zu einem normalen Supermarkt umgewandelt und durch zusätzliche Bauten erweitert wurde. Das teilte Baureferent Friedrich-Hermann Stab mit. Er stützt sich dabei auf ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs München, das in einem vergleichbaren Fall der gleichen Firma in Ingolstadt Recht gab. Anlaß zur Resignation in Augsburg sei um so mehr, als hier im Gegensatz zu Ingolstadt sogar mehr als die erforderlichen Parkplätze angeboten würden. Ähnliche Fälle seien für die Zukunft dennoch ausgeschlossen, versichert Stab, der darauf hinweist, daß im Flächennutzungsplan ohnehin keine weiteren Einkaufsflächen mehr vorgesehen seien.
Betriebsverlagerung der Augsburger Allgemeinen
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich komme zurück auf Ihre Anfrage vom 19.02.1979 In der vorgenannten Angelegenheit und teile Ihnen dazu folgende uech Auff.emine uns rar Rechtsabteilung würden Inhalt und Formulierung de. von Ihnen zitierten Artikel. durchaus die MAglichlullt bieten, Strafantrag gegen die vantwortlichen kedektaure zu stallen. Irh hehe ...acerhst eon einer
solchen Maßnahme abgesehen, weil dle Gefahr der Wiederholung gering ist. Ich werde allerdings keinen Augenblick zögern.
alle möglichen Schritte zu ergreifen. im weitere Verunglimpfungen Reiner Person zu verhindern.
Zr Sache selbst übermittle ich Ihnen Ablichtungen der beiden Stadtratsbeschlüsse von 10.01.1979, die. wie Sie den Unterlagen entnehmen können, jeweils einstimmig gefaßt wurden. Aue den Begründungen ergibt sich. de4 die Verlagerung der Druckerei der Presse-Druck- und Verlags-GmbH aus den Anstedtbereich im Rahmen eines Langzeitprogrammes angeetrebt wird, weil de: Betrieb die Nutzung 'wohnen. diesem fehletee In verschiedener Welse beeinträchtigt. Daß dl. Stadt Augsburg bei dieeem Vereumh der Sanierung eineu Alteteei.e.iches die Möglichkeiten de.
Städtebaufarderungsgeuettee aueschöpfen will Set sicher nicht nur Ionisch verständlich, senderan/2r jeden veungebewußten Kommunalpolitiker eine Verpflichtung. Wird dirantworte Maßnahme, wie be- antregt. in das Mtderprogramm des Bundes aufgenommen, würden
sich die Kosten für eine Sanierung des Getob:4kt.
iu anteil-
mäßig zu Je einen Drittel euf Bund. Land und Stadt Augsburg ver- teilen. Wie man unter dieses Umständen von einem Subventione- betrug sprechen kann, wenn eine Gemeinde gesetzlich ange‑
botene Finanzierungshilfen des Bundes und de. Landa. in Anspruch nehmen will, ist mir schlechthin unerfindlich. Auch von einer Verachleuderung von Steuergeldern kann wohl kaum geeprochen werdan. wenn diese Steuergelder dazu vendet werden sollen, die Wohngvalität In einem sehr etererwaktiven Innonstadtberelch Jan Ent. aaaaaa dar Bürger entecheidend zu vezbeseern.
Im übrigen ist Ihnen sicher bekannt, de6 alle Bandlengen des Oberbdrgerneietere und des Stadtratea der örtlichen und überörtlichen Rechnungapzufung ebenso internegen wie der kritischen üs rtrg der Rechteaufeichtebehörden.
Ich hoffe, daß Ihnen mit diesen Secheusleintton gedient ist. Mit freundlichan Grüßen
LESER-BRIEFE
Zum Artikel "Bis zum Schwarzwerden" LUEGINSLAND 3/79
LUEGINSLAND — klauen?
Liebe Lueginsland-Redaktion,
gestattet mir den Hinweis, daß Euer Mitarbeiter bei seinem sechsstündigen Schwarzfahrertest legal keineswegs DM 30,80 für Fahrscheine zu zahlen gehabt hätte, wie er vorrechnet. Schließlich gibt es in Augsburg eine günstige (und nicht erhöhte!) Tageskarte für DM 4,—, was wohl doch wesentlich billiger ist als 20 Mark, wenn man beim Schwarzfahren erwischt wird.
Zu seinen Gunsten nehme ich an, daß Euer Testfahrer eine solche Karte in der Tasche hatte. Wenn nicht, wäre er damit nämlich auf Kosten der übrigen (zahlenden) Fahrgäste und Steuerzahler spazierengefahren. Das wäre dann ungefähr das gleiche wie wenn man aus den neuen Lueginsland- Verkaufsständern ein Exemplar entnimmt, ohne die 1,50 zu berappen — in der Annahme, daß das ja die anderen Leser tun und so die Zeitung finanzieren.
Aber wie gesagt: Sicher hatte Euer Testfahrer eine Fahrkarte!
Herbert König
Dipl. oec.
Stadtrat
Untersuchung abwarten
Der Oberbürgermeister der Stadt Augsburg hat uns auf unsere Anfrage das in Ablichtung beiliegende Schreiben vom 12.3. 1979 zugeleitet. Wir bitten, hiervon um Kenntnisnahme.
Ergänzend wird auf die beiliegenden Beschlüsse des Stadtrates vom 10.1.1979 und den Bericht des Stadtplanungsamtes vom Dezember 1978 hingewiesen.
Wir haben auch die Regierung von Schwaben als Rechtsaufsichtsbehörde gebeten, die Angelegenheit zu untersuchen. Das Ergebnis dieser Untersuchung wollen wir zunächst abwarten.
BUND DER STEUERZAHLER IN BAYERN E. V.
Holger Hass
(Landesgeschäftsführer)
STADTNACHRICHTEN
Truppen sind in der Stadt. Die Bautruppen, die in sieben Bauabschnitten die Bürgermeister-Fischer-Straße mit 200 Tonnen Pflastersteinen in eine Fußgängerzone umwandeln. "Bis jetzt läuft alles planmäßig" teilte der örtliche Bauchef Heckel LUEGINSLAND mit. Den einzigen Ärger gab es nur durch den von Baggern und Bulldozern aufgewirbelten Staub der sich auf die ausgestellten Schuhe in die umliegenden Schuhläden legte. Ein Spritzwagen sorgt an sonnigen Tagen für Staubfreiheit. Stadtbaumeister Steh ("Jetzt können wir gleich durch Zählungen beobachten, wie sich das Durchfahr- verbot auswirkt") lassen die befürchteten Staus durch eine ausgeweitete Fußgängerzone von Bahnhof bis Merkurbrunnen kalt: "Staus wird es immer wieder geben. Damit ist keine Staus mehr gibt, müßten wir ein Drittel von Augsburg abreißen . . ." Gleichzeitig mit dem siebten Bauabschnitt soll an der Moritzkirche eine Schrannenhalle entstehen. Zu den Tiefgaragenplänen (siehe auch LUEGINSLANDGespräch des Monats mit Thosti-Boß Walter) von Thosti meinte Stab: "Die (Tiefgarage) paßt nicht in den Gesamt- verkehrsplan und paßt uns nicht." "Erwägenswert" dagegen fand Stab die Pläne von Pfister/Engel, die unter dem Stadtmarkt eine Tiefgarage entstehen lassen wollen. Eine Trägergesellschaft aus München soll schon da sein. Positive Zeichen für das Augsburger Jahrhundertprojekt?AL
Herzlichen Glückwunsch. Aber bitte kein Jubel
Unter diesem Motto findet am Dienstag, dem 22. Mai, um 20 Uhr im Saal des Gewerkschaftshauses, Schaezlerstraße 13 eine Geburtstagsfeier zum dreißigjährigen Bestehen des Grundgesetzes statt. Veranstalter sind die Jungsozialisten und die Jungdemokraten Augsburg. (Pressetext: Gemeinsam geht's besser') Ohne Prominenz aber mir Kabarett und Liedern will man diskutieren, Fragen stellen, zuhören. Gitarren und Gedichte können mitgebracht werden. Vielleicht ein Geburtstagskuchen mit 30 Kerzen?
Stadtratsbeschlüsse vom 4.4.1979
Die Stadt beteiligt sich an der Fernsehsendung "Allein gegen alle". Kosten ca. 40.000 Gewerb1.-technische Bildungsstätte an der Ulmer Straße / Vollzug des Stadtratsbeschlusses vorn 27.9.1979 über eine Beteiligung der Stadt Augsburg
Abbruch des Rückgebäudes im Anwesen Jakoberstraße 55
Bebauungsplan Nr. 244 für das Gebiet nördlich der Daucherstraße
Sanierung von Räumen und Neubau einer Hausmeisterwohnung in der Volksschule Kappeneck (Planung)
Einziehung eines Teiles des Gehweges vom Bourges-Platz zur Wertachbrucker-Tor-Straße Teilweise Einziehung der Windprechtstraße Teilweise Einziehung und Umstufung der Zedlitzstraße
Einziehung des öffentlichen Feldwegs "Sackweg an der Hofackerstraße"
Teileinziehung der Schöpplerstraße
Wichtige Punkte
Ihren bayerischen Landesverbandstag hielt der Reichsbund der Kriegsopfer, Behinderten, Sozialrentner und Hinterbliebenen (100.000 Mitglieder) vom 18. bis 22. April mit Landesvorsitzendem Wilhelm Keck im Kongreßzentrum Augsburg ab. Wichtige Punkte der 250 Delegierten waren unter 32 eine gesetzliche Meldepflicht für Behinderte, Errichtung von Rehabilitationszentren, für besondere Arten von Behinderungen, Verpflichtung von Beauftragten für die Rehabilitation.
Sorge bereitet dem Reichsbund die um 16 % auf 742 angestiegene Arbeitslosenzahl der Behinderten in Bayern. Wilhelm Keck forderte die öffentliche Hand solle mit gutem Beispiel vorangehen und das gesetzliche Soll von 6 % beschäftigter Behinderter in einem Betrieb zu erreichen versuchen.
Die Frauen im Reichsbund machten sich mit einem "Frauenpolitischen Programm" stark. Sie fordern zu stärkerem Engagement der Frau, Gesundheitsvorsorge, Stellung der Frau in der Gesellschaft, Völkerverständigung und Abrüstung.
Staatsminister für Arbeit und Sozialordnung Dr. Fritz Pirkl in seinem Grußwort: "Der Reichsbund ist zu einer echten Schicksalsgemeinschaft geworden." WS Wer kein Auto hat kann sich seit 13.4.1979 mit der Omnibuslinie 32 zum Tiergarten fahren lassen. • Auf Drängen von Zoodirektor Dr. Michael Gorgas richteten die Verkehrsbetriebe die Linie Bahnhof — Tiergarten ein. Der Bus verkehrt werktags stündlich, und sonn- und feiertags halbstündlich. Werkreferent Zimmermann und Verkehrsbetriebechef Weiland rechnen für die Linie mit 7 5.000,— DM Defizit.
Nulltarifaktion der VGA und des ADAC abgeschlossen
Von den 2000 Probefahrers die für 14 Tage das Auto in der Garage stehen liessen, haben 776 ihren ausgefüllten Fragebogen zurückgeschickt. Jeder der 776 Straßenbahnfahrer stieg durchschnittlich 11 x in Bus oder Tram. 95 % der Rücksender fanden den Autofahrer-Test gut. 4 % meinten, daß der Test überflüssig sei. „Ein minimaler Prozentsatz" sprach sich für den Nulltarif aus.
Der Haken an der Aktion: Sie ist nicht repräsentativ.
Kleines Vermögen, große Wirkung
Damit "alte Leute lange selbständig in ihren Wohnungen verbleiben können", bittet CSU-MdL Albert Schmid den bayerischen Sozialminister Dr. Fritz Pirkl, bei den Gesprächen zwischen Bundesregierung und den Ländern über den Entwurf einer 4. BSHG-Novelle, sich für eine Erhöhung der Freigrenze von kleinen Vermögen von 1.500,— DM auf 3.000,— DM emporzuschrauben. Laut Schmid hat der Arbeitskreis "Ältere Bürger" bei der Stadt Augsburg einen solchen Änderungsantrag diskutiert und bittet den Minister ebenfalls um Unterstützung für die Änderung der Freigrenze.
Stimme verschlagen
Mahnend schreibt Horst Heinrich (SPD und MdL) an Staatsminister Jaumann (CSU): " ... die Vorfälle in Harrisburg haben gezeigt, daß dem verbleibenden Restrisiko bei der Betreibung von Kernkraftwerken ein höherer Stellenwert zuzumessen ist ..." Heinrich weist darauf hin, daß die Stadt Augsburg den Atomkraftwerkstandort "nicht zuletzt deshalb ablehnt, weil es unmöglich ist, im Falle eines schweren Reaktorunfalls mit atomarer Verseuchung die Bevölkerung der Stadt Augsburg zu evakuieren." Bemerkenswert ist in diesem Atom-Zusammenhang noch, daß Stadtrat und Stadtwerkechef Zimmermann erst letztens für ein Atomkraftwerk in Rehling gestimmt hat.
Gemein
"Keine Anhaltspunkte" gibt es laut Verkehrsbetriebechef Weiland, von LUEGINSLAND befragt nach den Kartenautomatenverklebern, die sprallel zu den Fahrpreiserhöhungen der VGA ab 1. April rund 70 der 79 Fahrscheinautomaten zuklebten. Die Stadtwerke stellten Anzeige gegen Unbekannt. Ob dieselben Personen beteiligt waren, die letztes Jahr eine "NullTarif-Kampagne" mit kopierten OB-Briefen initiierten, will Weiland "nicht schliessen"
Weiland sah auch keinen Anlaß, Fahrgäste, die keinen Streifen aus den verklebten Fahrscheinautomaten bekamen umsonst fahren zu lassen: "Wir haben über 63 Verkaufsstellen, wo Fahrgäste ihre Karten kaufen können." Außer dieser "Protest-Aktion" ist Verkehrschef Weiland über Preis- Beschwerden nichts bekannt.
Schwach vertreten
„Fahren Sie doch lieber nach Dresden" mußte sich Dieter Neusser (F.D.P.) sagen lassen, als er zur 1. Liberalen Bürgerfahrt am Samstag, dem 7. April nach Dachau ei einlud. Angeregt durch die Holocaust-Diskussionen konnten Interessierte gratis das Konzentrationslager Dachau und das dazugehörige Museum besichtigen. Verwunderlich war, daß von den 50 Busgästen die Mehrzahl der Kriegsgeneration angehörte.
Ganz hart
Neuwahlen gab es beim Bund der Steuerzahler in Bayern e. V., Regionalverband 27 (Augsburg-Stadt). Bisheriger Vorsitzender dieses Regionalverbandes war Dr. Alfred Wöhl. Zum neuen Vorsitzenden wurde Rolf Kartmann, zum 2. Vorsitzenden Helmut Ebert gewählt. Ganz hart wandte sich Kartmann gegen die Absicht von CSU und SPD, daß Augsburg, kaum mit einer Senkung der Gewerbesteuer rechne. "Unglaubliche Zustände" wurden im Schlachthof festgestellt, "nach dem Umbau fließe seit einem halben Jahr das Blut und andere zerkleinerte Abfülle in die Kanalisation."
Etwas Böses
Nachdem die Vereinten Nationen das Jahr 1979 zum "Jahr des Kindes" erklärt haben, hat das Jugendamt der Stadt Augsburg neben den üblichen Förderungsbemühungen für Kinder im April Film- und Diskussionsveranstaltungen durchgefiihrt. Am Mittwoch, dem 2. Mai, wird die Diskussion um 19.30 Uhr in der Stadtbücherei mit dem Film "Ehrgeiz der Eltern bei der Erziehung" weitergeführt. "Da gibt's Kinder, die werden mißhandelt. Tatsächlich? Tatsächlich!" oder "Lieber helfen statt schweigen. Kinderleid nimmt ständig zu" oder "Kindsmißhandlung heißt nicht nur schlagen" steht auf den Plakaten, die auf das traurige Kapitel der Kindsmißhandlungen hinweisen sollen und am 14. Mai in Augsburg gestartet wird. Jeder interessierte Augs-Bürger kann sich im Stadtjugendamt ein solches Plakat holen und dort anbringen, wo er es für nötig hält.
GESPRÄCH DES MONATS
mit dem Vorstand der Thosti AG Ignaz Walter
"Ich habe nicht gedroht"
Zu diesem Interview:
Markige Worte von Personen, die im öffentlichen Leben stehen, hören Journalisten höchst selten. Allzuoft werden harte Tatsachen und unfaire Attacken in "Presse-verträglichen" Worten verpackt. Nicht so lgnaz Walter. Nicht nur aus dokumentarischen sondern auch aus exemplarischen Gründen haben wir den unfrisierten
Teil des Interviews vollständig gedruckt. Exemplarisch deswegen, weil es aufzeigt, was der Selfmademan lgnaz Walter von Journalisten hält, die nichts von ihm halten.
lgnaz Walter, 42, bis 1973 Vorstand seiner „Universalbau Walter GmbH" in 1Derching, seit März 1978 mit 57,29 % Anteil,Hauptaktionär bei der Thosti AG (zweiter Hauptaktionär ist Leonhard Moll GmbH und Co. mit 40 ü, am 10Millionen-Aktien-Kapital). Der Bürger Ignaz Walter brachte über Zeitungsinserate seine „Jahrhundert-Idee" unter das Volk: Tiefgaragen unter der Maximilianstraße. Ein Spinner, ein verantwortungsvoller Städteplaner oder ein cleverer Bau-Unternehmer? LUEGINSLAND besuchte den Unternehmer zu einem Interview.
LUEGINSLAND: Auftritte im Funk, Fernsehen und nicht zuletzt in der regionalen und überregionalen Presse haben Sie zu einer bekannten Person gemacht. Durch selbstbezahlte Anzeigen in der Augsburger Allgemeinen und eigene Pläne haben Sie auf ungewöhnliche Weise am kommunalpolitischen Rad in Augsburg mitgedreht. Sie sind kein Profi im politischen Geschäft. Wollen Sie es noch werden?
Walter: Nein.
LUEGINSLAND: Andere Unternehmer in vergleichbarer Position sind mit der Unternehmensführung voll ausgelastet. Ignaz Walter gibt munter Pressekonferenzen, arbeitet freiwillig Pläne aus, schreibt ein Mathe-Buch und macht ein bißchen Politik. Übernehmen Sie sich nicht?
Walter: Da müßten Sie zunächst einmal mich kennen. Sie kennen mich wahrscheinlich nicht, und wenn Sie mich näher kennen würden, dann würden Sie auch begreifen, was der da macht und warum der das macht und daß sich der mit Sicherheit nicht übernimmt.
LUEGINSLAND: Der Umsatzzuwachs im bundesdeutschen Baugewerbe betrug 1978 10,3 % (nicht preishereinigt. Die Redaktion). Hat die Thosti AG ihr angepeiltes 9%-Wachstum wahrgemacht?
Walter: Von 9 % ist mir überhaupt nichts bekannt.
LUEGINSLAND: Die Rede war damals von einer Steigerung von 360 Millionen auf 400 Millionen ..
Walter: Ich kann nur nochmals sagen, daß mir von 9 % überhaupt nichts bekannt ist, weil wir nie irgendeine Zahl gesagt haben. Wir sind keine Umsatzdenker, auf dieses Glatteis würde wirklich bloß ein Dummer gehen.
LUEGINSLAND: Sie haben auch nicht auf 400 Millionen erhöht?
Walter: Wir denken nicht in Umsatz!
LUEGINSLAND: An welcher Stelle steht Thosti/Moll als Bau-Kooperation in der Rangliste der Bauriesen der BRD, jetzt — nach dem Ausscheiden von Beton- und Monierbau?
Walter: Unter den ersten zehn.
LUEGINSLAND: Und wie hoch schlägt dabei für Thosti das Auslandsgeschäft zu Buche?
Walter: Zur Zeit etwa mit 4 oder 5 Prozent.
LUEGINSLAND: Neben dem Augsburger Werk blühen Thosti-Ableger in München, Berlin, Hamburg, Frankfurt, Nürnberg und Aschaffenburg. Wieviele ThostiMitarbeiter waren 1978 in Augsburg beschäftigt?
Walter: Wir haben in Augsburg eine Niederlassung und wir haben in Augsburg ein Fertigteilwerk, das sind zwei paar Stiefel.
LUEGINSLAND: Und wieviel Mitarbeiter sind in den beiden Betrieben beschäftigt?
Walter: Ca. 1300 bis 1400.
LUEGINSLAND: Aus dem Lechhauser Fertigteilwerk bezieht die Bundesbahn einen Großteil ihrer SpannbetonschwelIen .
Walter: Das ist nicht ganz korrekt. Einen Teil nur .. .
LUEGINSLAND: Und den zweiten Teil wohl aus Hamburg?
Walter: ... es sind drei weitere Lieferwerke.
LUEGINSLAND: Trotz der üppigen Auftragslage dringen Klagen aus den Reihen der Schwellenwerker nach draußen. Sie betreffen nicht den Lohn, sondern die Begleitumstände am Arbeitsplatz: eindringendes Regenwasser, schlechte Belüftung, Uraltwaschgelegenheiten, teures Privatkantinen-Essen und vor allem der Lärm, der stellenweise permanent die Schmerzgrenze übersteigt. Den Arbeitern rinnt schon mal Blut aus den Ohren. Bereitliegende Kopfhörer werden nicht aufgesetzt, weil sich in ihnen Schmutz und Schweiß verschmieren und weil sie die Wahrnehmung von Zurufen und Warnsignalen vereiteln. Der Betriebsrat bedauert: „Nichts zu machen". Hat er das von Ihnen? Kennen Sie das Schwellenwerk überhaupt von innen?
Walter: Ich war einmal im Schwellenwerk, seit ich da bin. Außerdem mal als Berufsschüler im Schwellenwerk bei einer Besichtigung. Laut ist es ganz sicher. Ich muß diese Leute bewundern, die dort arbeiten. Das ist Wahnsinn.
LUEGINSLAND: Ein Mittagessen kostet im Schwellenwerk weit über 5,— DM.
Walter: Ich würde das ja liebend gern abschaffen. Dort sind nämlich Frauen draussen, die manuell in Töpfen und so weiter kochen. Das ist ein unmöglicher Fall. So kann man doch heute keine Kantine mehr betreiben. Herr Schabert (Betriebsleiter des Schwellenwerkes. Die Red.) sagte mir: „Wenn Sie das abschaffen, dann kreiden Ihnen die Leute das an, das ist unsozial, wenn man den Arbeitern diese Frauen wegnimmt."
LUEGINSLAND: Die Leute wollen also den Preis akzeptieren und dafür ein g'standenes Mittagessen auf den Tisch?
Walter: Ja, das wollen sie. Aus den Kochtöpfen, obwohl das für Thosti eine völlig unrentable Sache ist.
LUEGINSLAND: Anderes Thema: In letzter Zeit scheint es unter den Augsburger Firmenchefs Mode zu werden, die Stadtväter mit Abwanderungsabsichten zu erschrecken, um so Vorteile für den Betrieb herauszuschlagen. Sie, Herr Walter, drohten auch damit, als man Ihnen an der Stadt grenze zu Gersthofen wegen Ihrer Lagerhalle dort aufs Dach steigen wollte. Das war doch ein Schwarzbau, oder nicht?
Walter: Nein, das muß ich jetzt aufklären. Ich bin hierher gekommen und habe festgestellt, daß Thosti einige Probleme hat. Eines davon war die Tatsache, daß man sich nach einem neuen Lager und Bauhof umschauen sollte, weil das Gersthofer Gelände von der Stadt nicht mehr geduldet wird. Ich habe nicht gedroht, das ist eine Fehlinterpretation, ich habe nur die Wahrheit gesagt. Ich habe mit Herrn Wohlfahrt (Bürgermeister von Königsbrunn. Die Red.) verhandelt und mit Herrn Meichelböck (Stadtbaumeister von Gersthofen. Die Red.). Der Grund allein hätte mindestens 8 Millionen DM gekostet, mit Gebäuden wäre das auf mindestens 20 Millionen gekommen. Das könnte Thosti gar nicht verkraften. Folglich sagten wir uns, wenn wir dort unten nicht bleiben dürfen, dann ziehen wir uns auf das Recht zurück. Die Stadt Aiesburg müßte uns quasi aussiedeln, wie man einen Bauernhof aussiedelt. Genau der gleiche Dreck wie bei der AZ.
LUEGINSLAND: Die Auftragssteigerung in der Baubranche kam in vergangenen Jahren aus dem Wohnungsbau. Thosti Augsburg scheint dagegen mehr auf Tiefbau zu setzen — wir stehen ja auchmitten im Parkhaus — und Tiefgaragenboom —. In welcher Höhe wurden im vergangenen Jahr städtische Gelder im Augsburger Thosti-Geschäft verbetoniert?
Walter: Das kann ich aus dem Handgelenk nicht sagen.
LUEGINSLAND: Wenigstens ungefähr?
Walter: Ich schätze, daß wir entsprechend unserer Größe den Anteil am städtischen Investment haben, der uns zusteht. Nicht mehr und nicht weniger als andere Firmen bezogen auf ihre Größe.
LUEGINSLAND: Aber der Löwenanteil kommt doch wohl von der öffentlichen Hand?
Walter: In Augsburg nicht, aber bundesweit ja.
LUEGINSLAND: Die Steuerabgaben fließen atso auf diesem Wege schon wieder in's Unternehmen zurück?
Walter: Ja.
LUEGINSLAND: Ihr Vorstoß in die Augsburger Parkhaus-Landschaft löste in der Thosti-Chefetage sicher Applaus aus. In der Öffentlichkeit ziehen dagegen andere Argumente. Stadtbaumeister Stab hält Ihre Ausfühmngen „in vielen Details für unrealistisch". Ein für die Autofahrer bedeutendes Detail ist die Parkgebühr. Realistisch ist, daß bei zu hoher Parkgebühr die Parkgarage nicht angenommen wird. Sie sprechen von „vernünftigen Preisen". Was verstehen Sie darunter?
Walter: Sie wissen ja, daß wir das Schaezler-Parkhaus bauen. Wenn Sie den Background von diesem Parkhaus kennen, dann wissen Sie mehr. Es war so, daß die Augsburger Kaufmannsschaft, vorsichtig ausgedrückt, einst formuliert hat: „Wir brauchen im Zentrum eine Tiefgarage oder ein Parkhaus. Man sollte zusammengehen und gemeinsam ein Parkhaus bauen." Sie hat dann Thosti mit dazugeholt als die Firma, die da beratend und tätig mit zur Seite stehen kann. Die Stadt war sehr angetan. Thosti hat das ganze Konzept gemacht, die Konstruktion, den Preis. Als dann der Vertrag auf dem Tisch lag, den jeder hätte unterschreiben sollen, da war Thosti plötzlich allein. Keiner mehr da!
LUEGINSLAND: Die Stadt?
Walter: Die Stadt war nur beratend und unterstützend tätig gewesen, hat sich aber dann an uns gewandt: „Jetzt seid Ihr soweit vorgestoßen, laßt Ihr es nicht auch noch fallen. Sie hat die Thosti mehr oder weniger dazu überredet . Nun macht Thosti auf eigene Faust die Tiefgarage. Wir zahlen alles, wir machen alles! Da ist keiner da.
LUEGINSLAND: Was wird der Autofahrer berappen müssen?
Walter: 50 Pfennig die Kurzzeitparkplätze ind eine Mark die anderen Parkgebühren, edenfalls die billigsten Parkgebühren, die über in Augsburg da waren. So würde es auch in der Maximilianstraße zu machen sein, nur müßte man verhire tern, daß die Geschäftsleute wieder ab- erringen. Ich wurde diesmal die Leute entprechend vertraglich binden. Die Maxiailianstraße könnte, das ist keine Überreibung, ich kann es belegen, finanziert /erden:
a) mit Zuschüssen, die als Mietvorauszahlungen von den Geschäften kommen
b) Zuschüsse vom Land im Rahmen einer Städtesanierung. Jaumann hat es versprochen.
c) Zuschüsse von der Stadt, die die Stadt über das Land zum Errichten von Garagen erhält.
Somit würde diese Tiefgarage mit einem Minimum-Anteil der Stadt Augsburg zu finanzieren sein.
LUEGINSLAND: Wobei Sie von den Kosten ausgehen, die Sie selbst errechnet haben, jene Kosten von denen Stadtbaumeister Stab sagt, sie müßten doppelt so hoch ausfallen . .
Walter: Ich habe dem Herrn Stab und einer ganzen Truppe die Berechnung meiner Preise gegeben. Ich habe zu Herrn Stab erst neulich gesagt: „Herr Stab, sind Sie vorsichtig! Wenn Sie nochmal so etwas von sich geben (Stab sagte im Bayerischen Rundfunk, wenn er (I. Walter) für diese Preise garantiere, könne er schon morgen mit den Arbeiten beginnen. Die Red.), dann schicke ich Ihnen übermorgen eine Auftragsbestätigung. Ich mache das! Sie werden doch nicht glauben, daß ich Preise von mir gebe, auf die mich jede halbe Stunde einer festnageln kann.
LUEGINSLAND: Mehr als die Hälfte der Parker in der Maximilianstraße sind Dauerparker, die in dieser Straße oder den anschließenden Citystraßen beschäftigt sind. Ihnen kann ohne Schaden für das angesprochene Quartier eine Parkmöglichkeit außerhalb der Altstadt zugewiesen werden. Demnach bleibt ein echter Bedarf von etwa 200 Stellplätzen für Kurzparker übrig. Das sind Daten aus Forschungsergebnissen der Uni Augsburg („Die Maximilianstraße" Reihe Soziographische Hefte" des Lehrstuhls für Sozial- und Wirtschaftsgeographie. Paul Kieser Verlag Augsburg. Die Red.) Woher stammen Ihre Bedarfszahlen, nach denen Sie 880 bis 2640 Stellplätze veranschlagen?
Walter: Man braucht kein intellektueller Mensch zu sein, um das festzustellen: Nehmen Sie 200 Autos aus der Innenstadt heraus, ob Sie das überhaupt merken? Aus dem Verkehrsplan der Stadt Augsburg stammen meine Zahlen. Ich habe eine Analyse dieses Verkehrsplanes und Sie schnallen ab, wenn Sie das lesen. Bisher war ich der Meinung, die Maxiinilian-Parkgarage stünde im Gegensatz zum Verkehrsplan, aber dieser sagt ja längst aus, daß man zentrale Parkhäuser bauen muß. Lediglich als Ergänzung sollen Parkhäuser an der Peripherie gebaut werden. Der Generalverkehrsplan verlangt zentrale Parkhäuser.
LUEGINSLAND: Wir haben das im Generalverkehrsplan nicht gefunden.. •
Walter: Steht eindeutig drin!
LUEGINSLAND: Wo bitte?
Walter: Da schauen Sie. Es steht unter anderem drin: „Durch die Anlage von Park-and-ride-Plätzen ist im Außenbereich der Stadt ein gewisser, wenn auch geringer Teil des Parkbedarfes abzudecken. Wichtig ist eine zusätzliche Aktivierung der Park-and-ride-Plätze durch die Anlage von Tankstellen, Verkaufsständen etc."
LUEGINSLAND: Das haben wir auch gelesen, aber von einer konkreten Stellplatz- Zahl in der Innenstadt ist nicht die Rede. Es sieht also so aus, als wollten Sie den Einkaufsverkehr von den bestehenden und projektierten Parkhäusern weg über den Milchberg unter die Maximilianstrasse locken — nach dem Motto: Angebot schafft Nachfrage. Sollten gar noch PKW- Fahrer dazustoßen, die jetzt noch vor den Toren der Stadt in den großen Einkaufsmärkten haltmachen? Denn Beobachtungen bei Zählungen haben ergeben, daß in der Maximilianstraße, selbst im Bereich des Moritzplatzes, heute nur wenige Einkaufskunden aus der City parken.
Walter: Der Gesamtverkehrsplan sagt klar aus, man soll in der Innenstadt die Blechlawine in Parkhäuser verstauen, Die Stadt soll demnach Parkraum zur Verfügung stellen.
LUEGINSLAND: Das tut sie doch.
Walter: Sie stellt ihn zur Verfügung westlich der Fuggerstraße, das Schaezlerhaus und am Bahnhof noch etwas — ich meine, das reicht aus. lind östlich der Fuggerstrasse? Das Ernst-Reuter-Haus, das Parkhaus in der Ludwigstraße und damit hat sich's!
LUEGINSLAND: Und an der Vogelmauer?
Walter: Noch nicht. Das an der Vogelmauer ist meiner Meinung nach nur ein Parkhaus für Bürger, die in der Altstadt wohnen. LUEGINSLAND: Als solches ist es doch wohl projektiert? Walter: Nein!
LUEGINSLAND: Die Bürgerinitiative fordert es für sich und soll es auch bekommen
Walter: Ja, gut. So ist es aber nicht von der Stadt gedacht, das muß man wissen. Von der Stadt ist gedacht, daß dieses Parkhaus von Innenstadt-Besuchern genutzt wird, die mit dem öffentlichen Verkehrsmittel den Rest des Weges zurücklegen. Das findet mit Sicherheit nicht statt. Einer der in die Stadt will, der fährt wieder in die Altstadt zum Parken,
LUEGINSLAND: Wegen der zweihundert Meter?
Walter: Die Stadt hat es selbst bewiesen: Das Plärrergelände und das Siemensgelände sind doch nicht angenommen worden, trotz kostenloser Bus-Fahrt in die City.
LUEGINSLAND: Eine andere Sache ist, daß vor allem die Frauen Großgaragen, die nicht überschaubar sind, meiden.
Walter: Ja, das habe ich gehört. Das sind Einzelfälle, so viele Parkplätze bleiben außerhalb der Tiefgarage bestehen, damit die paar Frauen unterkommen. Man müßte sie zum Psychotherapeuten schicken, aber das kann man nicht machen. Die Masse geht jedenfalls hinunter.
LUEGINSLAND: Das „Schächterle-Gutachten", Stand 1979, kommt zu dem Ergebnis: „Eine Schließung der Durchfahrt durch die Maximilianstraße in Höhe Moritzplatz ist zur Zeit nicht zu empfehlen". Das widerspricht klar Ihrer Konzeption, den Einkaufsbummlern dort eine Fußgängerzone zu Füßen zu legen.
Walter: Nicht im Sinne einer Fußgängerzone wie in der Annastraße. Die Straße soll blechfrei werden und natürliches Leben erhalten: Bänke, Spielplätze, Bäume, Sitzanlagen um die Brunnen, eine „Klage- Mauer", für die Bevölkerung, an der sich jeder über seine Probleme auslassen kann.
LUEGINSLAND: Und wenn dann politische Gruppen alles zuplakatieren?
Walter: Da kann man drüberkleben. Das ist für mich Demokratie, so können sich die Leute abreagieren.
LUEGINSLAND: Bei unserem Gespräch fällt auf, daß der öffentliche Personennahverkehr als wichtigste Stütze .. .
Walter: ... das ist nicht die wichtigste Stütze!
LUEGINSLAND: . .. bis jetzt noch nicht!
Walter: Das ist verkehrt! 60 % des Nahverkehrs bestreitet der Individualverkehr.
LUEGINSLAND: Das ist der status quo, da geben wir Ihnen recht. Sollten wir nicht versuchen, das abzubauen?
Walter: Ja, das sollte man schon versuchen, aber da müssen Sie den Menschen ändern und das schaffen Sie nicht, das schaffe ich nicht, das schafft niemand.
LUEGINSLAND: Aber in anderen Städten funktioniert es, wenn das entsprechende Angebot da ist.
Walter: Sie können Augsburg nicht vorwerfen, daß es keine U-Bahn hat.
LUEGINSLAND: Wäre das nicht eine Aufgabe für Sie, auch einmal Pläne für den Schienennahverkehr auszuarbeiten?
Walter: Nein, wenn ich damit komme, unterstellen mir die Leute zu Recht, daß ich ein Geschäft machen will. Für Thosti ist doch mein Engagement in Sachen Maximilianstraße negativ, das ist doch klar,
LUEGINSLAND: Jedenfalls können Sie sich nicht für Straßenbahnen erwärmen?
Walter: Ich kann der Stadt Augsburg nicht etwas auferlegen, was ich ihr nicht zumuten darf. Sie hat Schulden und muß schauen, daß sie über die Runden kommt. Stras• senbahn hat sie ja. Wo sie unrentabel ist, wurde sie abgeschafft. Die 6-er Linie war doch nur ein Verkehrshindernis. (Entlang der Friedberger Straße. Die Red.)
LUEGINSLAND: Damals, —heute bräuch• te man sie wieder.
Walter: Ja, vielleicht. Das weiß ich nicht.
LUEGINSLAND: Nicht nur den Stadtplanern geben Sie Nachhilfe, seit neuesten auch den Mathematikschülern. Ihre zweite „Jahrhundert-Idee"?
Walter: Ein Nachhilfe-Buch in Mathematik hat es bisher nicht gegeben. Und ich sage es mit Stolz: Meines ist supergut!
LUEGINSLAND: Es gab auch Kritik.
Walter: Wenn jetzt so Scheiß-Schmierer kommen und so tun, als hätte ich verheim licht, daß ich hundert andere Bücher dazu verwendet habe, dann ist das schlechthin nicht nur ein mieser Stil, sondern eine Sauerei.
LUEGINSLAND: Welche Schmierer?
Walter: Das habendie Zeitungen gemacht. Der Augsburger dpa-Mann, ich kenne ihn nicht, ich habe ihn noch nie gesehen, der hat mich nur angerufen. Der hat alles inszeniert: Diese Sau, diese dreckige.
LUEGINSLAND: In welcher Zeitung?
Walter: Nicht in Augsburg, aber außerhalb hat er seinen Dreck verzapft. Wenn ich ihn einmal treffe, dann haue ich ihm eine 'rein, wenn keiner dabei ist. So ein Schwein.
LUEGINSLAND: Die Bild-Zeitung erkor Ihr Werk zum „Buch-Tip der Woche". Wie haben Sie denn das geschafft?
Walter: Rufen Sie bei der Bild-Zeitung an, wie die dazu kommen. Das interessiert mich selber, ich weiß es nämlich nicht.
LUEGINSLAND: Die werden nicht gewußt haben, daß die 1. Auflage schon vergriffen ist.
In diesem Sinne dankt der Verlag LUEGINSLAND dem Verleger Ignaz Walter für das Gespräch.
.GESCHÄFTE
Stadtsparkasse zufrieden
Insgesamt zufrieden zeigten sich Präsident Hans Strauch sowie die Vorstandsmitglieder Willi Lehmann und Eduard Kobold mit dem Geschäftsverlauf 1978 der Stadtsparkasse Augsburg. Die Bilanzsumme 1978 weist 2.396.504.092,39 DM aus, was einem Zuwachs gegenüber dem Vorjahr 1977 von 9,9 % entspricht. 3.245.280,78 DM hoch ist der Bilanzgewinn, wobei noch 3 Millionen hinzukommen, die als Rücklage gebildet wurden
(Rücklagen insgesamt 70.051.322,17 DM).
Im Hypothekengeschäft konnte die Stadtsparkasse als größter Hypothekengeber in Augsburg einen zweistelligen Zuwachs (unter Berücksichtigung der Tilgung) von -h 11,3 % (Vj + 8,2 %) verbuchen. Diese Entwicklung ist zweifellos dem starken Anziehen der Baukonjunktur zu verdanken. Zunächst erwartet man eine weitere Belebung in diesem Bereich, ist jedoch skeptisch (durch die kräftig gestiegenen Baupreise von 20 - 25 %) und befürchtet eine Abschwächung der Nachfrage.
Daß nicht nur Schulden gemacht werden, sondern auch fleißig gespart wird, beweißt das pro-Kopf-Sparaufkommen der Augs-Bürger von 7.037,00 (Vj. 6.474,00). Der Bundesdurchschnitt lag bei 4.745,00 im Jahr 1978 (Vj. 4.410,00).
Insgesamt registrierte die Stadtsparkasse Augsburg einen Zuwachs im Sparaufkommen von 9,1 %.
Zugenommen hat auch die Zahl der Betriebsangehörigen von 878 (1977) auf 919 (1978) Angestellte.
Zur Verfügung
Eine Gewerblich-technische Bildungsstätte GmbH (gtb), wurde im April an der Ulmer Straße 60 eröffnet. Diese überbetriebliche Bildungsstätte für Erwachsene im Regierungsbezirk Schwaben, die von IHK, Kolping und Diözesanverband getragen wird, soll qualifizierte Facharbeiter ausbilden. Insgesamt stellt die gtb 90 Plätze für die Umschulung in Metall-, Holz-, und Textilberufen zur Verfügung.
Noch zuwenig
Das neue Veranstaltungsprogramm, mit Lehrgängen, die bundesweit anerkannter, qualifizierter Prüfung wie zum Beispiel Industriefachwirt/Handelsfachwirt IHK, Personalkaufmann 11-1K, Sekretärin IKH oder Meisterkurse verschiedener Fachrichtungen. Als ein Schwerpunkt des Bildungszentrums hat sich laut IHK in den vergangenen Jahren der Sprachbereich entwickelt. Fünf Sprachlabors bieten 1000 Teilnehmern pro Trimester Platz. Für die Anfängerlehrgänge ist das immer noch zu wenig. Beim Bildungszentrum der Industrie- und Handelskammer für Augsburg und Schwaben, Telefon 0821/3162-217 kann das neue Veranstaltungsprogramm jederzeit angefordert werden.
10 Millionen Mark
kostete das 30 m hohe, 60 in lange und 40 in breite, neue Zentrallager der M.A.N. Augsburg. Gemeint ist damit der chamoisfarbene „Klotz" beim M.A.N.-liaupttor. Auf 9384 Stellplätzen in vier Gassen zu je 23 Ebenen finden 30 Mitarbeiter hochmoderne Arbeitsplätze vor. Neben diesem „Große-Trümmerlager" gibt's auch ein Kleinteilelager (Schrauben, Deckel, Bleche usw.) mit 19388 Stellplätzen in sechs Gassen mit je 33 Ebenen. 225 Tonnen Beton wurden für die Grundplatte des Gebäudes eingebracht. 480.0001 Löschwasser sind ständig im Keller für einen eventuellen Brand vorrätig. übrigens: Stadt- baumt Stab lehnte eine gestalterische Betonung des Gebäudes ab, obwohl MAN selbige bezahlt hätte.
Afa 79
Der Besuch der "afa 79" auf dem Augsburger Ausstellungsgelände am Witteisbacher Park soll heuer besonders für die Jugend attraktiv sein. Ausstellungsleiter Otto Möck, Geschäftsführer der Augsburger Ausstellungs-GmbH, legt Wert auf die Darstellung möglicher Problembewäl‑
tigungen von Charakterisierung von Selbstverwiridichungs-Chancen für die Jugend. Das bedeutet ein Großaufgebot von Sport- und Hobbyclubs, die an bestimmten Tagen ihre speziellen Initiativen auf Aktionspodien demonstrieren.
Ebenso sind Schwerpunkte der großen Wirtschaftsausstellung Baufertigteile, Innenausbau, Heimwerker-Neuigkeiten, Einrichtung, Energie und Heizung, Gartengestaltung sowie Arbeitsmechanisierung in Haus, Garten und Landwirtschaft. Bei diesem reichhaltigen Angebot ist es kein Wunder, daß die Ausstellungsleitung mit circa 116.000 Besuchern rechnet.
Weitere Minuspunkte
Abgelehnt werden von der Handwerkskammer für Schwaben und Augsburg die Pläne der Bundesbahn, die Schienenstrekken Augsburg-Ingolstadt und Augsburg- Weiden (LUEGINSLAND Januar: "Braucht Weiden einen Flugplatz?") auf die Straße zu verlegen.
"Pick-Up" nennt sich der ungewohnte Autoaufbau.
Huckepack
Eine Neuheit auf dem Caravan-Markt stellt sich in diesem Jahr auf der Augsburger Frühjahrsausstellung afa 79 vor: der FFB Auto-Camper, ein Aufbau, der den eigenen PKW mit wenigen Handgriffen zum Wohn. mobil macht. Während der Fahrt ist das "aufgepackte Wohnzimmer" (mit Doppelbett, Gaskocher, Spüle und Ablageflächen) windschnittig an die Karosserie des Fahrzeuges angeschmiegt.
Es ist mit Spannung abzuwarten, inwieweit diese 4.285,— DM-Idee den Campingmarkt revolutionieren wird. "Jeder noch so billig gehaltene Ausbau eines herkömmlichen Kleinbusses" erwarten die Hersteller "wird unrentabel".
Vertrieb des Auto-Campers: FWG Freizeit und Wohnmobil GmbH, Göggingerstr. 54, 8900 Augsburg, Tel.: 0821/574509 oder 51422
Früher Abbau der winterlichen Saisonarbeitslosigkeit
Im Bericht des Augsburger Arbeitsamtes setzte sich im März der Abbau der witterungsbedingten Saisonarbeitslosigkeit zügig fort. Am Monatsende bestand saisonbedingte Arbeitslosigkeit nur noch in geringem Umfang. Die Höchstarbeitslosigkeit des vergangenen Winters mit 8.517 Arbeitslosen wurde bis Ende März um 1.798 (21,1 Prozent) abgebaut. Dieser Rückgang war prozentual der stärkste seit 1972.
Die rasche Abnahme der witterungsbedingten Arbeitslosigkeit vollzog sich hauptsächlich im Gesamtbereich des Bauwesens; in der übrigen Wirtschaft machte sich eine Frühjahrsbelebung erst zögernd bemerkbar. Trotzdem scheint der Arbeitsmarkt von dem Aufwärtstrend zu profitieren, in dem sich die Augsburger Wirtschaft derzeit befindet und es bleibt zu hoffen, daß sich die bisherige Konjunkturbelebung noch stärker auswirkt. CK
In Angriff
Alle Mitglieder des Verwaltungsrates der Hessingschen Heilanstalt informierte Bürgermeister Kotter (CSU) über die fachaufsichtliche Genehmigung für den Neubau der Orthopädischen Klinik. "Ergänzend dazu möchte" Dr. Kotter dem Verwaltungsrat mitteilen, "das als nächster Schritt die beschleunigte Erstellung der eingabereifen Bauplanung bereits in Angriff genommen worden ist."
Mehr Geld — weniger Feuer
Die Regierung von Schwaben hat wiederum zahlreichen Gemeinden des Regierungsbezirkes Zuschüsse des Freistaates Bayern
zur Förderung des Feuerlöschwesens in einer Gesamthöhe von rund 1,9 Millionen bewilligt.
DAS THEMA
UM JEDEN PREIS
Harrisburg hat mit ungeheuerer Dramatik das Problem der Kernkraft-Technik wieder in's Licht der öffentlichen Meinung gerückt. Viele Politiker, die bisher rückhalt- los die Kernenergie unterstützt haben, lassen jetzt eine vorsichtige Haltung erkennen. Vielleicht nur deshalb, weil man glaubt, rechtzeitig sein Fähnlein nach dem Wind richten zu müssen.
Nun, auch nach dez Beinahe-Katastrophe von Harrisburg kann man nicht von einer grundlegenden Bewußtseinsveränderung der Bevölkerung sprechen. Dieses Verhalten eines Volkes sollte der Atom-Lobby sowie den Kernkraftgegnern Anlaß zu gründlichem Nachdenken geben. Denn augenblicklich herrscht eine totale Verunsicherung der Massen für oder wider die Atomkraft vor. Erscheinen doch die Argumente der Verfechter für die Kernkraft, die eine düstere Zukunft ohne Wachstum ausmalen, wenn es nicht genügend Kernenergie gibt genauso einleuchtend wie die Gegenargumente der „Ablehnungspartei", die von einer Bedrohung des menschlichen Lebens durch die Kernenergie sprechen. Hier scheinen beide Parteien in erster Linie auf die Gefühle der Menschen zu zielen und zu versuchen, mit der Angst die nötigen Kräfte für ihre Interessen zu wecken. Allen, die diese Art von Politik betreiben, sei ein klares: „Bis hierher und nicht weiter" gesagt. Die Bewohner einer Demokratie haben ein Recht auf klare und wahre lnformationen. Wir alle wissen, daß eine Menge Arbeitsplätze durch die Kernenergie entstanden sind. Man sollte auch glauben, daß die Menschen in der Lage sind, Risiken abzuschätzen und einzuordnen. Nur eine rückhaltlose Information der Bevölkerung kann dazu beitragen, daß die Gefahren und das Wohl, das aus der Kernkraft entspringt, gemeinsam getragen werden.
Daß die Kontrahenden diesen Schritt bisher nicht getan haben, läßt die Vermutung aufkeimen, beide Parteien haben zu starke Interessenverbände im Rücken, um objektive Information zu betreiben. Eines darf als gesichert gelten, ehrliche Information ist den Bürgern lieber, als das Ausmalen von düsteren Zukunftsaussichten. über den Ausgang der Bewußtseinsbildung in der Bevölkerung kann man nur mutmassen. Hier aber setzt auch die Angst der Atom- und Atomgegner-Lobby ein, keiner weiß, wie sich der mündige Bürger verhält. Ist er bereit, bei tatsächlichen Gefahren der Kernkraft diese, um jeden Preis eines gesicherten Wohlstandes für sich und seine Kindeskinder in Kauf zu nehmen, oder sind die Menschen willens, einer „gesicherten" Zukunft wegen, Einschränkungen und Opfer zu bringen. So oder so, es fordert von allen Mut zu Wahrheit, denn letztlich geht es jeden an. Hier kann keiner mit Pilatus sagen: „Ich wasche meine Hände in Unschuld". -IR
Das Glasscherben spiel
Wohin das Altglas wandert
Überall in der Bundesrepublik tauchen kompakte Kästen mit ofenrohrgroßen Löchern auf, um den Bürger von seinem mülltonnenverstopfenden Glasabfall zu befreien. Diese, von Privatunternehmen gesteuerte, von den Kommunen begrüßte und unterstützte Maßnahme findet ihre Ursache nicht in plötzlich aufkeimender Humanität. Genau durchkalkulierte, wirtschaftliche Interessen bilden die Basis für ein großes Glasscherbenspiel, das Recycling heißt. Altglas—Recycling, vor einigen Jahren von der Hohlglasindustrie ins Leben gerufen, um ein Verbot oder eine Beschränkung des Einsatzes von Einwegflaschen zu entgehen, um das Anwachsen der Mülldeponien zu verhindern und um teueres Heizöl beim Schmelzen zu sparen, entwickelt sich zum lukrativen Geschäft.
Scherben bringen Geld; diese neue Erkenntnis der Glashütten basiert auf drei Ebenen.
Der juristischen:
Wenn die Glasindustrie einen großen Teil der Einwegflaschen über das Recycling zurückholt, gibt sie der Bundesregierung keine Handhabe, von ihrer Ermächtigung aus Paragraph 14 des Abfallbeseitigungsgesetzes von 1972 (Beschränkung der Einwegverpackungen aus Glas, sofern ihre Beseitigung einen zu hohen Aufwand erfordert) Gebrauch zu machen.
Der ökonomischen:
Im Gegensatz zu den konventionellen Rohstoffen (Feldspat, Kalk, Soda, Sand) brauchen die Scherben nicht den wärmeverzehrenden chemischen Reaktionen unterworfen zu werden, die das Glas zum Fließen bringen. Eine Einsparung von zehn Prozent Energie, meist schweres Heizöl, schlägt hier zu Buche.
3. Der wirtschaftlichen:
Abwendung von der guten, alten Mehrweg- flasche, da zuviele Pfandflaschen außerhalb der Hohlglasindustrie, zwischen Brauereien und Konsumenten zirkulieren — Sammeln, Transport und Reinigung von Mehrzweckflaschen erreichen einen erheblichen Kostenfaktor.
Außerdem werden noch physikalisch—hygienische Aspekte bei Sekt— und Babyflaschen berücksichtigt.
Gläserne Umweltachse Augsburg — Bad Wurzach
Keine goldene Nase dagegen verdienen sich die Subunternehmer, welche die Altglas-Recyclingsfirmen benötigen, um ihr Rohstofflager zu füllen. Sie sind das zweite Glied in der geschlossenen Kette Verbrau- cher—Spediteur—Recycling—Glashütte— Abfüllindustrie—Verbraucher. Für das reibungslose Funktionieren der gläsernen Umweltachse Augsburg—Bad Wurzach (Sitz der Glashütte Oberland und der Recyclingfirma Fischer) ist ein Zwei—Mann‑Betrieb aus Wiffertshausen verantwortlich. Gerda und Heinz Reischl besitzen die in Augsburg aufgestellten Container. In Zusammenarbeit mit dem Bund Naturschutz, der den Füllungsprozeß überwacht und einen gefüllten Container nach Wiffertshausen meldet, verrichten sie die eigentliche umweltfreundliche Arbeit. 70 — 80 Tonnen Augsburger Altglas wandern monatlich auf den Bad Wurzacher Glasberg zur Wiederverwertung. Weniger als ein Drittel des gesamten Glasrohstoffes, den Heinz Reischl der Firma Fischer liefert. Heinz, 24 Jahre alt, sammelt Scherben von Brauereien und Weinkellereien aus ganz Bayern, um sie dann für 70 DM pro Tonne der Recyclingfirma in Bad Wurzach zu verkaufen. Zwischen 500 und 700 Kilometer legt er täglich mit seinem LKW zurück.
Der Bürger muß mitziehen
Obwohl die einzelnen Stellplätze für die Container vom Stadtreinigungsamt des öfteren durchdacht und verändert wurden und trotz der störungsfreien Zusammenarbeit zwischen Bund Naturschutz und der Firma Reischl, wird die Kapazität bei weitem nicht erfüllt. Weniger als 500 gr. trägt jeder Augs- Bürger monatlich zu dem dafür vorgesehenen Container. Bei einem Glasverbrauch zwischen 3 5 Kilo pro Haushalt bedeutet dies, daß über 80 Prozent des durch neue Technologien wertvoll gewordenen Glasrohmaterials den Weg der Städtischen Müllabfuhr einschlägt und auf der Halde verkümmert.
"Was verstehen Sie unter Recycling?" Von den auf der Straße angesprochenen Leuten wissen die wenigsten die richtige Antwort: Alle Maßnahmen, die darauf abzielen, aus Abfällen Stoffe zu gewinnen, die erneut einem Produktionsprozeß zugeführt werden können und der Herstellung volkswirtschaftlicher Güter dienen.
Durch Flugblattaktionen versucht das Stadtreinigungsamt der Unwissenheit entgegenzuwirken. Eine Maßnahme die es zu unterstützen gilt. Das in der Tat ökologisch, ökonomische Altglasrecycling läßt Produktionspreise zu, die mit denen der Plastikgefäße konkurrieren können. Sogar die längst vergessene Milchflasche rückt wieder in den Blickpunkt der Glashütten.
Siefgried Zagler und Arno Loeb
Sport
EinVirus geht
In Augsburg wütet seit Jahrzehnten ein unheimlicher Virus, der alles und jeden, die im Bereich Leistungssport überregionales Aufsehen erregten, gnadenlos anfällt und beinahe augenblicklich niederzwingt. Für den Außenstehenden ist diese rätselhafte Erkrankung nur an einem einzigen Symptom erkennbar — der daran Erkrankte verschwindet. Sie glauben das nicht? Wirklich noch nie davon gehört? Nun, mögen folgende Beispiele, die bei weitem noch nicht vollständig sind, Ihre Zweifel beseitigen. Fall 1: Wunderlich Erhard
Da wächst und wächst in der Handballabteilung des FC Augsburg ein schlaksiger, blonder Jüngling nicht nur körperlich (Körpergröße ca. 2,04m), sondern auch sportlich zu einer auffallenden Erscheinung heran und schwupps — der große Blonde mit dem wurfgewaltigen Arm verschwindet. Wie sich bald herausstellen sollte, zwar "nur" bis ins Bergische Land, genau bis zum VFL Gummersbach, aber — er verschwindet.
Zufall?
Fall 2: Steger Claudia
Schon von frühester Jugend an machte ein hübsches Mädchen aus dem Augsburger Süden alle Leichtathletikexperten der Fuggerstadt ganz kribbelig. Eine Sprinterin hoher Klasse versprach sie zu werden, schneller gar als die Szewinska. Sie widerstand deni Virus sogar eine erstaunlich lange Zeit, und als niemand mehr mit dem Ausbruch der Krankheit rechnete, geschah es doch — sie verschwand. Für Interessierte, sie entschwand in Richtung Leverkusen. Immer noch nicht überzeugt? Glauben Sie noch immer an diese lächerlichen Gerüchte, da wären bessere Trainer und Trainungsbedingungen, das fade Augsburger Publikum oder gar Geld am Verschwinden der Augsburger Spitzensportler mitverantwortlich? Glauben Sie mir, der Virus war's.
Fall 3: Wünschig Max
Aus der Anonymität der vielen guten Tennisspieler riß eine errungene Deutsche Hallenmeisterschaft den besten der Augsburger Tennisgilde. Diesmal packte der Virus sofort zu und jede Gegenwehr kam zu spät. Augsburgs Nr. 1 löste sich noch während der Siegesfeiem plötzlich in Luft auf und materialisierte sich erst wieder im fernen Amberg.
Sie neigen nun auch langsam dazu, sich der Virusfront anzuschließen. Vielleicht noch ein Fall aus der jüngsten Zeit: zur Stärkung der neugewonnenen Überzeugung? Fall 4: Lösch Henry
Ein schwer verdauliches Osterei bescherte uns der Virus zu Ostern. Ohne Vorwarnung ließ er den deutschen Bowlingmeister 1977 und mehrmaligen Bundesranglistenersten verschwinden. Zur Freude des in Berchtesgaden ansässigen Bowling— Clubs, dem diesmaligen Nutznießer des Augsburger Virenübels.
Damit Sie in Diskussionen mit Anhängern irgendwelcher obskurer Abwanderungstheorien, außer der Wissenschaft, auch noch die beweisträchtigen Namen anderer Virusopfer zitieren können, hier noch eine kleine Auswahl von Erkrankten: Lechner Josef, Haller Helmut, Nentwich Miro, Schuster Bernd, Lohner Ernst, Lechner Georg jun., Höfner Ernst, Meitinger Holger usw., usw.
Die Augsburger Großvereine AEV und FCA allerdings haben beschlossen, dem Virus das Leben so schwer wie möglich zu machen. Ihre Therapie, die auch erste Erfolge zeigt — sie spielen absichtlich schlecht, um so den Virus nicht auf neue potentielle Opfer aufmerksam zu machen. HA
Gratulation
Die Prominentenfußballmannschaft
„Datschiburger Kickers" überreicht durch ihren Kapitän Max Gutmann dem Augsburger OB Hans Breuer Mitte Mai die • millionste Mark für wohltätige Zwecke. Damit erzielten die Spieler ein Ergebnis, das in der BRD noch von keiner vergleichbaren Mannschaft erreicht wurde. In den Reihen der "Datschiburger Kickers" spielen und spielten so bekannte Sportgrößen wie Helmut Haller und Lude Schlump
Cafe Lueginsland
Was soll ich tun?
Manfred Wrobl, Lehrer
Die Lehrer sind wieder im Gespräch. Für eine Arbeitszeitverkürzung der Lehrer plädiert die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) und betont, im Notfall diese Forderung mit Kampfmaßnahmen zu erzwingen. Weit auseinander gehen die Meinungen der Eltern. Wohin schiebt man den unbeliebten Berufsstand? Pauker oder Pädagoge? Kein oder wenig Einblick des Bürgers in den Schulalltag lassen oft ein unklares Licht auf jenen Personenkreis fallen, der die Hauptverantwortlichkeit für das Bildungsniveau eines ganzen Volkes trägt. Ein Lehrer im "Cafe Lueginsland": Schon lange geplant und trotz der Spiegeltitelgeschichte "Sind die Lehrer faul?" oder gerade deshalb, im Maiheft zu Gast. In Manfred Wrobel, 34 Jahre, Oberstudienrat und seit 1971 im Bayernkolleg als Gescbichts-, Sozialkunde- und Deutschlehrer tätig, fanden wir einen Gesprächspartner, der weder ein alter Hase noch ein Jungfuchs ist und allgemein als salopper, geselliger Lehrertyp gilt.
"Mit einem Bein steh' ich fast immer im Gefängnis", befürchtet Wrobel die juristischen Auswirkungen seiner wilden Kopiertätigkeiten aus copyrightgeschützten Büchern. "Aber was soll ich machen, wenn ich einen aktuellen Geschichtsunterricht bringen will", geht der junge Oberstudienrat im schicken Rautenpulli auf die Schulmisere ein. "Die Verlage machen da nichts mehr, weil sich alle Momente der Lehrplan ändert." Und wie steht er vor seinen matritzensüchtigen Schülern da, wenn er ohne einen dicken Schwung Arbeitsblätter ins Klassenzimmer kommt? "Die würden mich direkt verwundert anschauen ... " Der Materialaufwand ist seit Wrobels Einstieg in die Lehranstalt gewaltig gewachsen: "Die Qualität, die wir von der Schulreform erwarteten, ist inzwischen in Quantität ausgeartet." Enttäuscht wirkt er nicht, eher verwundert darüber, wie sich in seinen neun Lehrerjahren "die Sache verselbständigt hat." Die Sache, das ist nervende Bürokratie, auslaugende Verwaltungsarbeit. "Vor lauter Verwaltungsarbeit kommt man gar nicht mehr zum Unterrichten". Durchschnittlich kommen laut dem Kollegpädagogen auf zwanzig Unterrichtsstunden fünfzehn Verwaltungsstunden. Wrobel befürchtet als düstere Schulzukunft eine Metamorphose vom Lehrer zum reinen Verwalter. Leistungsdruck an allen Ecken und Enden zwingt nicht nur die lernstoffmalträtierten Schüler zur Wissensanhäufung, sondern ebenso die Lehrer zu umfangreichen Vorbereitungen für ihre Stunden. Gleich dreifach wird ihm die Leistundsdaumenschraube angesetzt: anspruchsvolle Schüler der Kollegstufe, Hierarchie der Schule (Ministerium, Direktor, Kollegen) und in den Gymnasien von den Eltern. Zweck der Kollegstufe soll eine Verbesserung der Studierfähigkeit sein. Vorbild war das amerikanische College. Mit dem typischen deutschen Perfektionismus hat man jedoch allenfalls eine Verwissenschaftlichung erreicht. Aus Fächerwahl wurde Fächerqual. "Das Schöne, Wahre, Gute", wie es vom bayerischen Kultusministerium proklamiert wird und durch die Lehrer an die Schüler pädagogisch vermittelt werden sollte, fällt für Wrobel völlig unter das Pult.
"Eigentlich wollte ich ja zwei Wochen in den Osterferien fortfahren" witzelt der Oberstudienrat zum Thema Ferien, "doch ich bin bloß eine Woche weggefahren, weil ich mich schon wieder vorbereiten muß und einiges zu korrigieren habe." Ob der Streß nicht durch Ferienreduzierung gemildert werden könnte? "Unmöglich", Wrobel weist auf die Elternwünsche für die Feriendauer ihrer Kinder hin.
Die Frage, ob Pädagogische Assistenten eine erhebliche Erleichterung im Schulbetrieb bedeuten, beantwortet Wrobel mit Nein. "Psychologen wären für Lehrer und Schüler weitaus notwendiger."
Nach vierstündigem Gespräch hat es Manfred Wrobel geschafft: Unser Bild vom Faultier der Nation zerbröckelt. Wrobel hat uns bekehrt: der Lehrer ist ein schuftendes, schnaubendes Arbeitspferd, das großen psychischen Ballast durchpflügt und kurz, so Wrobel, "vor dem Sprung in die Klapsmühle steht ... "
Flirt - Auf dem Rummelplatz
"Ich kauf mit eine Handvoll Chips, dann geh ich zu dem Mädchen hin und frag sie, ob sie mitfahren will. Zwischendrin steig ich mal aus und stell mich wieder an die Auto-Scooter-Bande hin. Das Mädchen denkt sich, was ist jetzt, was macht der? Das macht einen interessant. So krieg ich fast jede rum". Kennenlernen ist auf dem Plärrer einfach, wenn man es will. Rosa gemalte Liebesportraits auf dem "Liebesbarometer" an der Schießbude. Trunken — von Bier und Liebe — sich Küssende auf den wackelnden Biertischbänken. Männer im schwarzen Leder mit ihren Motorradhelmen in der Armbeuge stolzieren wie Gockel durch die Budenstraßen. Toll aufgemachte Anpreiserinnen in den Kassenhäuschen schmatzen erotisch durchs Mikrophon. In der Geisterbahn fährt man nicht zum Erschrecken, eher zum Schmusen. Hier ist die nötige Dunkelheit. Genug Erotik zwischen flakkernden Leuchten, rasenden Rädern, knusprigen Erdnüssen, pappender Zuckerwatte.
Arthur's Kochecke
OFFENBARUNG FÜR CHINA-RESTAURANT GESCHÄDIGTE
Die Spitzenleistungen der internationalen Gastronomie haben mit unserem Buch nichts zu tun. So köstlich die berühmte kandierte chinesische Ente schmecken mag, nie hat sie der Kuli von der Straße auch nur zu Gesicht bekommen. Er muß sich mit einem mit Knoblauch gewürzten Brotfladen begnügen.
Daran sollte man denken!
Huguette Couffignal
Die gesellschaftliche „Linie" und die kulinarische sind bis dato noch nicht einheitlich zusammengefaßt. Es gibt nur wenige Autoren, die soziales Grimmen und gastronomisches Bauchgrimmen miteinander verbunden sehen. Mit dem „Schlaraffenland, nj/1=s in die Hand! Kochbuch für Gesellschaften, Kooperativen, Wohngemeinschaften, Kollektive und andere Menschenhaufen sowie isolierte Fresser" hatte Peter Fischer 1975 bei Wagenbach einen ideologisch straffen, aber nicht lustlosen Anfang in dieser Richtung gemacht. Für Fischer war es keine Frage, wo das Glück des einzelnen und das Glück der Kollektive zusammenkommt: beim Kochen und Essen!
Mit 7-jähriger „Verspätung" liegt nun seit 1977, aus dem Französischen übertragen von M. Junker-John und H. Junker, „Die Küche der Armen" von Huguette Couffignal vor. 300 Rezepte aus der dritten, zweiten, ersten aber vor allem armen und hungernden Welt enthält dieses kulturgeschichtlich ebenso interessante wie engagiert eingeleitete 384 Seiten umfassende Leinen-Buch (mit sauberer Fadenbindung und einem grünen Lesemerk er apart aufgemacht).
In einem einleitenden Essay über die Armen der Welt beschreibt Huguette Couffignal mit erschütternder Deutlichkeit den Mangel im Überfluß: Wer bisher glaubte, dem Phänomen der Armut nur durch die Flimmerkiste asiatisch oder afrikanisch zu begegnen, der wird hier eines besseren belehrt: „Das Glücksversprechen der Menschenrechte und die Gravierung in der Freiheitsstatue — für fünfunddreißig Millionen amerikanischer Armer, ein Fünftel der amerikanischen Bevölkerung, ist es leeres Gerede". Hunger — überall und in jeder Ecke der Welt — und doch wird angesichts der 60 Millionen Verhungerten jährlich.überall gegessen und gekocht:
Wie wäre es mit Tonfladen in Öl gebacken? Das ist kein schlechter Witz des Versandes, solches gehört zum täglichen Brot der Völker Venezuelas, Sibiriens, Siams, Indonesiens und Schwarz-Afrika. Am Schluß stehen bei solcher Speise dicke Bäuche und Tod durch Ersticken.
Das Buch von Huguette Couffignal ist ein engagiertes Buch, das allerdings keine Patentrezente anzubieten hat; ja es fehlt ihm — das ist zu bedauern oder nicht — jede Form eindeutiger ideologischer Lö-, sungsversuche für oder besser gegen den Hunger. Doch soviel wird deutlich: Unwissenheit und Tradition spielen eine nicht geringe Rolle bei der „Unterernährung", wie es so in bestem Statistik-Deutsch heißt.
Und auch dies spielt eine Rolle: Desinteresse und Desinformation in verrückter Kombination — da essen die einen nur noch Kartoffeln, wo einst eine reiche Gemüsepalette den Protein- und Vitaminhaushalt regelte, und den anderen geht jeder Begriff von Kohlehydraten ab.
So ist also dieses Buch kein „Nur-Kochbuch". Denn die Rezepte, auch wo man die 60 Seiten Einleitung gern überliest, haben nur dort Stirnrunzeln zur Folge, wo die Egozentrik der einzelnen zur Ethnozentrik vieler geworden ist
Das Buch besteht aus 2 Haupt- und 5 Zwischenkapiteln (Getreide und Mehl, Suppen, Pflanzen und Gemüse, Fleisch, Fisch und Käse, Getränke und Nachspeisen). Mit Kenntnis und Teilnahme wird es so manchem „China-RestaurantGeschädigten" und exotischen Gaumen- Spinner eine Offenbarung sein: Vom
„Tibetanischen Tsampa" (eine Art Haferflockenmasse mit Schwarz-Tee und ranziger Butter vermengt) bis zum euroasiatischen Dauerlutscher „Nasi Goreng". Das meiste ist jedenfalls geschrieben in Absehung der „internationalen Gastronomie". „ Hammelfleisch nach afghanischer Art " heißt unser heutiges Rezept aus der
„Küche der Armen".
500 g gehacktes Schaffleisch, gewürzte Tomatensoße, geriebene Minze, ein Bündel Lauch, frische grüne Zwiebeln, Joghurt (Zutaten).
Die Zubereitung: Das Fleisch anbraten, bis es die Farbe verloren hat. Tomaten, Gewürze, Minze zugeben und einige Mi‑
nuten lang kochen lassen, danach den fein- geschnittenen Lauch und die Zwiebel hinzugeben. Noch ein wenig weiterkochen lassen und mit etwas Joghurt anfeuchten. Mit gedünstetem Reis anrichten. Menge der Zutaten und Gewürze nach Wahl.
Ihr Arthur
Huguette Couffignal, Die Küche der Armen, März-Verlag Frankfurt/a.M., verlegt bei Zweitausendeins-Versand, ebenda, Postfach 710 249, S. 384, DM 17,90
kulturmagagazin
NEUES AUS DER
KULTURLANDSCHAFT
galerien
Betrifft: Kunst!"
Der Bildhauer Claus Scheele präsentiert Ende Juni eine Siebdruckmappe mit der Auflagenhöhe von 100 Exemplaren_ Die Mappe umfaßt 7 Kartons (65 x 50 cm); sechs Blätter sind 3-farbdrucke und eines ist als 6-farbdruck gearbeitet. Die Blätter stammen aus dem Jahr 1974, sind nummeriert und signiert. Ab Juni läuft auch das Subskriptionsangebot von 250,-- DM für jede Mappe (später 350,— DM).
Scheele in der Kneipe
Im Studentenlokal „St. Giorgio" ist Claus Scheeles neuestes Objekt zu sehen, wenn man nach oben schaut. Eine dicht verseifte Decke mit beweglich herabhängenden Stäben. So bleibt Scheele als einziger aktiv, wenn es um ungewöhnliche Kunst am Bau oder in diesem Falle im Bau geht. Kontakt: Claus Scheele, 8900 Augsburg, Hermanstraße 33.
Eigeninitiativen
In ihrem Bestreben, die künstlerische Atmosphäre an der Münchner Akademie der Bildenden Künste durch Eigeninitiativen der ehemaligen und noch tätigen Studenten der•Akademie zu verbessern (vgl. unseren Beitrag Lueginsland 79/3 „Kultur und Polemik"), hat die Arbeitsgemeinschaft um die Künstler und Kunstkritiker Götz, Knapp, Lange, Morschel, Schnell u. a. drei Arbeitsgruppen gebildet:
Arbeitsgruppe „Zusammenarbeit mit dem Kunstverein München"; „Präsentation — juryfrei — von Objekten in der Akademie und Publikation von Gedanken und Artikeln über die Objekte; „akademieunabhängige Künstler und Kunststudenten stellen gleichberechtigt aus". Alle drei Gruppen wollen durch dieses praxisnahe Konzept die Isolierung der Akademie aufheben; es werden noch Interessenten gesucht. Kontakt: Hansi Schnell, Nederlingstraße 85, 8000 München.
In der Filiale
„Schokoladenkrüge aus Manila", die im „Village of Tala", 25 Meilen von Manila,
handgetöpfert und dekoriert worden sind, kann man in der Filiale der Büchergilde Gutenberg (Fischertor) erwerben. Der Preis pro Stück 95,— DM.
Laufende Ausstellungen
Noch bis zum 27. Mai dauert die Architektur-Ausstellung („19. Jahrhundert in Augsburg") im Fletz des Rathauses; die Ausstellung „Stadtentwicklung von 1860 bis 1978" dauert noch bis zum 13. Mai (Unteres Fletz des Rathauses). Die Galerie Hassold (Ludwigstr. 24) zeigt nach der Goya-Ausstellung Bilder von Marc Chagall. Aquarelle von Karl Mostböck zeigt die „Galerie nach Sechs" (Maximilianstraße 85) bis zum 31_ Mai.
Jan Prein (Jahrgang 1940, Studium in Würzburg und München, seit 1966 freier Maler und Grafiker) stellt in der „Altstadtgalerie" (Weisse Gasse 7) aus. Die Malereien und Grafiken Prein's sind bis zum 5.5. zu sehen. Im „Orient-Kontor" (Steingasse 8) sind noch bis zum Monatsende „alte und antike Kelims aus dem Orient" zu sehen. In der „Treppenhausgalerie" (Kröll & Nill, Annastraße) stellt bis zum 4.6. Helmut Mayer Aquarelle, Zeichnungen und Radierungen aus.
Kulturdult in Augsburg — oder, wie man den Bürgern ein reichhaltiges Kulturangebot zu bieten versucht.
Wie vielleicht schon bekannt, plant man für die Zeit vom 20. bis 27. Oktober 1979
in Augsburg eine Kulturwoche, die von den Organisatoren auch als Kulturdult bezeichnet wird. Die für die Durchführung verantwortlichen Initiatoren sind das • Haus Kresslesmühle, das Akku-Theater, das Asta Kulturzentrum und der Jazz- Club. Die Stadt Augsburg, der Arbeitskreis Kultur der SPD-Fraktion u.a. beteiligen sich.
„Von Bürgern, für Bürger"
Dies soll ein Motto der Kulturdult sein. Ihr Ziei ist es, eine Alternative zu dem jetzigen Angebot zu schaffen und die Ansätze, die in den letzten Jahren sichbar wurden, zu verstärken. Durch ein vielfältiges Kulturangebot möchte man einen breiten Kreis von Interessenten ansprechen, neue hinzugewinnen, und nach Gelingen dieses ersten Versuches jährlich eine Kulturdult veranstalten. Um den Interessierten einen Überblick über den reichhaltigen Themenkreis zu geben, nun ein paar kurze Stichpunkte: 1. Kabarett; 2. Jazz (Blues); 3. Süddeutsche Folklore; 4. Internationale Folklore; 5. Gitarre; 6. Literatur; 7. Film und 8. Theater. Ak
Auftrittsorte sind der Barbarasaal (Hauptveranstaltungsort), die Komödie, die Kresslesmühle, Grauer Adler und das Jazzhouse vorgesehen, wobei sich als eventueller Nebenveranstaltungsort auch das
„Podium" anbieten würde. Die Aktionen, die zur Publikation der Kulturduft lerufen, sind unter anderem Plakat, und Programmverteilungen, eine Informationsbude in der Annastraße, Darbietungen einzelner Künstler in der Innenstadt und eine Ausstellung des Berufsverbandes Bildende Künste.
Um dem Leitspruch, „Von Bürgern, für Bürger" gerecht zu werden, will man interessierte Bürger bitten, Beiträge zu liefern und sich aktiv zu beteiligen. Weitere Einzelheiten über den Ab- und Verlauf dieser Aktionswoche werden wir in einem Gespräch mit den Initiatoren Ende Mai erfahren. Dann wird u.a. die Kostenfrage und das feststehende Programm (Termine einzelner Veranstaltungen) geklärt sein, über die wir dann an dieser Stelle wieder berichten werden.
J. P.5.
musik
Schloßkonzerte
In Leitheirn, unweit von Donauwörth, haben wieder die allwöchentlichen Schloßkonzerte im Rokokofestsaal bei Kerzenbeleuchtung begonnen. Die Eintrittspreise pro Konzert betragen für Abendkonzerte 18,— DM und für Tageskonzerte 15,— DM. Schüler und Studenten erhalten eine Ermäßigung. Rechtzeitige Vorbestellungen unter der Telefonnummer (09007) 231 (täglich 8 - 12 Uhr und 15 - 18 Uhr) sind notwendig. Im Monat Mai finden folgende Konzerte statt:
Fr. 4.5. 20 Uhr Schubert — "Arpeggione" Mendelssohn — u.a.
Sr. 5.5. 20 Uhr Chopin — im 130. Todesjahre — op. 24/44/15/48/20/31/25 Fr. 11.5. 20 Uhr Haydn — Mozart — "Kleine Nachtmusik" KV 525
Schubert — "Rosamunde-Qu."
Sa. 12.5.20 Uhr Schubert — Klaviertrios op. 99 und 100 — op. po sth. 148
29
— "Geistertrio" — u.a.
Fr.Beethoven 25.5.20 Uhr Haydn -- Hob. XVII, 6 u. 4 — Mozart — Beethoven
Sa. 26.5.20 Uhr Chopin — "Balladen und Scherz" — "Mazurken-Nocturnes" So. 27.5.16 Uhr Schubert "Tod und das Mädchen" — Suder: e-moll
Mozart — KV 458
Aus Schottland
Am 2. Mai gastieren die "Tannahill Weavers" im Barbarasaal. Die traditionelle Folk-Gruppe aus Schottland spielt in der Besetzung: Roy Gullane, Phil Smilie, Hudwon Swan, Alan MacLeod, Mike Ward. Karten gibt es bei Musik-Durner, Rathausplatz, T.: 30448.
Konzertnotizen
Den Anfang machen am 6. Mai die „Hollies" in der Kongresshalle. Das Bestehen von
„Englands Uralt- und Immerjung-Popgruope" jährt sich heuer zum siebzehnten Male. Ihr Markenzeichen sind eingängige, brillant arrangierte Lieder mit dreistimmigem Harmoniegesang, der vor allem von Allan
Clark's Stimme geprägt wird. Aber was bedarf es vieler Worte, sprechen doch Songs wie „Carrie Arm", „Jennifer Eccles",
„Sorry Suzanne", „The Air, That I Breathe" und „He Ain't Heavy, He's My Brother" schon genug für sich selber. Dann, nach langer Pause ist auch wieder einmal im Barbarasaal des Stetteninstituts etwas los. Wo seinerzeit „Kraan" ihr inzwischen schon legendäres Konzert bestritten, heißt es am 10. Mai diesmal: Jazz-Rock Live mit „Klaus Doldinger's Passport". K. Dold'nger, erfolgreichster deutscher Jazzmusiker, wird zusammen mit seiner 5-köpfigen Band erstmals den neuen Sänger und Gitarristen Kevin Mulligan, sowie Stücke der brandaktuellen LP „Garden of Eden" vorstellen. Der Besuch hier dürfte sich ebenso lohnen, wie der, einen Tag später in der Kongresshalle. Dort wird dann wirklich Besonderes geboten. Ein Name genügt und jeder weiß Bescheid: „Marcel Marceau".
Er, wohl einer der berühmtesten und sicherlich auch besten Pantomimen ist am 11. Mai bei uns in Augsburg zu Gast und wird mit seinem Auftritt das i-Tüpfchen auf das breitgefächerte und interessante Konzertangebot der letzten Monate setzen.
TH
"Gesundheit im Dreiklang"
heißt das Motto der diesjährigen "Ottobeurer Konzerte" in der Basilika und dem Kaisersaal des Ottobe.mer Klosters. Neben zahlreichen Konzerten in- und ausländischer Ensembles findet auch vom 7. bis
10. August eine Studienwoche mit dem Thema statt: "Kirche — Gesellschaft — Mönchtum. Impulse der benediktinischen Bewegung." Auskünfte und Bestellungen beim Verkehrsamt, 8942 Ottobeuren, Marktplatz 14, T.: 08332/1022.
Konzerte im Bürgerzentrum
Im Bürgerzentrum Kreßlesmühle gastiert am 16.5. das "Titi-Winterstein-Quintett" mit Musik deutscher Zigeuner. Das Ensemble sollte schon vor einigen Wochen im Barbarasaal auftreten; das Konzert mußte damals wegen Krankheit eines Solisten ausfallen. Die Besetzung des Abends:
Titi Winterstein (Violine), Lulu Reinhardt (Solo-Gitarre), Silvano Lagrene (Piano), Ziroli Winterstein (Rhythmus-Gitarre) und Hojok Merstein (Bass). Für Kenner ist ersichtlich: Bis auf den Pianisten sind alle Musiker ehemalige Mitglieder des HänscheWeiss-Quintetts- Einen Tag danach gastiert das Duo "Dougie McLean and Alen Roberts" mit "Music from Scotland" im Bür‑
gerzentrum. Beide Solisten verfügen über eine Vielzahl von Instrumenten: Geige, Gitarre, 5-String Banjo, Tenor-Banjo, Weilzither, Dulcimer und Foot-Bass. (17. 5.) Und wieder einen Tag später gastiert Claude Akire mit Moritaten und Vagantenliedern auf der Gitarre begleitet in der "Mühle" (18.5.).
Und wieder Mozart
Das 28. Deutsche Mozartfest 1979 findet in Augsburg vom 8. bis 14. Juni statt. "Der besondere Akzent des anstehenden Mozartfestes in Augsburg — reichhaltig bestückt mit Oper, Konzert und Vortrag — ist dadurch gesetzt, daß der Abschluß der 4. Mozart-Musizierwoche und die Austragung eines erstmaligen Klavierwettbewerbs in den Ablauf des 28. Deutschen Mozart- festes einbezogen sind." Interessenten wenden sich an die Geschäftsstelle der Deutschen Mozart-Gesellschaft e. V., 89 Augsburg, Karlstra,ße 6.
theater
Maier läßt grüßen
Vom 14.5. bis zum 27.5. tagt in der Augsburger Kongreßhalle der Verband für Volksspielkunst in Bayern e.V. Unter der Schirmherrschaft von Kultusminister Prof. Maier wird dieser 10. ordentliche Verbandstag einen Einblick geben in die Arbeit dieses traditionsreichen Unternehmens. Im Mittelpunkt der Tagung steht eine Festaufführung der Augsburger Amateur- Bühnen mit dem dreiaktigen Schwank
„Der wahre Jakob" von F. Arnold und E. Bach. Kontakt: Dieter Jex, 8900 Augsburg, Remboldstraße 13.
Städtische Bühnen
suchen noch Statisten für die Freilichtbühne („Ungarische Hochzeit", „Cavalleria Rusticana", „Der Bajazzo"). 50 sollen es sein, „vorzugsweise" männlichen Geschlechtes und zwischen 30 und 60
Jahre alt. Kontakt: Herr Pfafferle bei den Bühnen. Für Brechts „Der gute Mensch von Sezuan" wird geprobt. Jens Presel führt bei dieser Brecht-Parabel Regie;
Pilz ist für das Bühnenbild zuständig.
Szenen zweier Ehestücke
Am 19.4. feierte AKKU, das Theater in der Mühle Premiere mit zwei Einaktern von Tschechow und Pinter. Mitwirkende sind dabei Christine Müller-Hegenauer, Lehmann und Schablinski. Bei den zwei vorgeführten Einaktern „Der Heiratsantrag" und „Der Liebhaber" kommt es zu Mißverständnissen, Streit, Identitätskrisen. Mal ernst, mal heiter. Das Bühnenbild stammt von Klaus Zättl — Gastregie führt Christoph Gött.
Die Aufführungen im Mai sind dem Veran- staltungskalender zu entnehmen.
literatur
Gilden-Programm
Das Vierteljahresprogramm der gewerkschaftseigenen "Büchergilde Gutenberg" bietet wieder interessante Neuerscheinungen. Die "Gilde" feierte am 11. Februar den 100. Geburtstag ihres Gründers; Bruno Dreßler. Beides soll uns Anlaß sein, hier auf ein vielfach noch unbekanntes Lese- und Schauereignis hinzuweisen: Die "Büchergilde" rangiert unter den Buchgemeinschaftsgiganten (Holzbrink, Bertelsmann usw.) — statistisch an unterster Stelle. Vieles hat dieser kleinen Organisation in den letzten Jahren zu schaffen gemacht — die letzte Hürde war die mit vielen Komplikationen verbundene, von "oben" durchgedrückte Umstellung auf Computerverrechnung. Auf einer Gedenkveranstaltung unter dem Titel "Brauchen wir Bücher? Brauchen wir schöne Bücher?", veranstaltet von der Büchergilde, äußerten sich namhafte Schriftsteller und Publizisten. Was die Innovationslust der Buchgemeinschaft und Solide-phantasievolle Machart der "Gilden-Produkte" anbelangt, so sei Herbert Heckmann mit seinem Statement zugestimmt: "Es ist durchaus ein Unterschied, ob man ein Buch oder ein Buch von der Büchergilde lese."
Rumpelblatt
nennt sich in neunter Ausgabe eine „jugendeigene Zeitung im Allhäu". Die Zeitschrift, die ein Redaktionskollektiv in Sonthofen - und Kempten herausgebracht hat, bietet auf "reinem" Altpapier gedruckt, Nach'richten, die man sonst nur "klein aufgemacht" findet: "Neonazis im Allgäu-Organisation
HIAG", Literatur über Jack Kerouac, Veranstaltungsservice, Kontakte. Anschrift der Redaktion: F. Leopolder, 8972 Sonthofen, Hörnerstraße 6.
uni
Kontaktstudium
Für Teilnehmer des „Kontaktstudium Management" hat die Universität eine Informationsschrift herausgebracht. Anschrift für Bezieher: Geschäftsführung des Kontaktstudiums der Universität Augsburg, Eichleitnerstr. 30.
„Medizinische Fakultät"
Der Liberale Hochschulverband (LHV) Augsburg plädiert nachdrücklich für die Errichtung einer Medizinischen Fakultät an der hiesigen Universität. Rolf Zimmermann in seiner Stellungnahme: "Werden keine entscheidenden Maßnahmen zur Erreichung der 8000-Grenze unternommen, so darf die Hochschulplanung des Kultusministeriums als teurer Fehlschlag gewertet werden."
Zum gleichen Thema empfing Uni-Präsident Knäpfle Vertreter der Universität Ulm, Die Ulmer Professoren betonten aufgrund ihrer Erfahrungen (die Ulmer Universität ist medizinisch-naturwissenschaftlich ausgerichtet) die Notwendigkeit der Verbindung eines Großklinikums wie des Augsburger Zentralklinikums mit einer medizinischen Fakultät als „akademische Klinik". „Dies", so die Ulmer,
„zeigen alle Erfahrungen an anderen Orten im süddeutschen Raum." Die Landtagsabgeordneten Fröhlich (SPD) und Dr. Meyer (SPD) nahmen ebenfalls in ihrem „Problem-Gespräch" mit Präsident Knäpfle zur Frage der Errichtung einer Medizinischen Fakultät Stellung. Die Fakultät, sowieso nur für Klinische Medizin vorgesehen, solle „eine Reform der ärztlichen Ausbildung" und eine „Verbesserung der medizinischen Versorgung" der Region bringen.
Studentenführer
Das Studentenwerk Augsburg hat einen Wegweiser, „Student in Augsburg und Kempten" betitelt, herausgebracht. Die kostenlose 100-Seiten-Broschüre bietet in alphabetischer Ordnung nach Stichwärtern geordnet, alles für Studenten Wissenswertes. Anschrift: 8900 Augsburg, Mernminger Straße 6.
literatur
LESEZEICHEN
Neuheiten vom Büchermarkt
DOKUMENT MENSCHLICHER PERVERSION
Anus Mundi von Wieslaw Kielar
Fünf Jahre Auschwitz. 420 Seiten. DM 28,S. Fischerverlag, Frankfurt a. M.
W. Kielar wurde 1919 in Jaroslaw in Gellzien geboren, Er trat bereits früh der polnischen Widerstandsbewegung gegen die Nazis bei und wurde 1940 von der Gestapo verhaftet. Rund fünf Jahre war er in Auschwitz. Es war das größte Vernichtungslager, das die Nazis unterhielten, es wurde zum furchtbarsten Wort, das die deutsche Zeitgeschichte kennt. Besonders bei der Be. schreibung des täglichen Umgangs mit der Hölle Auschwitz erreicht das Buch seine höchste Authentizität. „Anus Mundi" ist mehr als nur ein Buch: es ist ein Dokument der Zeitgeschichte, ein Dokument menschlicher Perversion, ein Dokument menschlicher Leidensfähigkeit.
Wieslaw Kieler
Sozialgeschichte der Erziehung
Geschichte läßt sich darstellen. Lebendiger wird sie in Berichten von Zeitgenossen, die sie erlebt, erduldet haben. Nicht erst mit dem Eintritt ins Alter des aktiven Handelns, sondern bereits in der Kindheit greift die Geschichte ins persönliche Schicksal ein. In „Deutsche Kindheiten" schildern Frauen und Männeraus allen Schichten Ereignisse ihrer frühen Jugend zwischen 1700 und 1900. Es ist ein Lesebuch mit vergnüglich-nachdenklichen Erlebnisberichten. Texte und Bilder dieses Buches ergeben ein faszinierendes Bild zur Sozialgeschichte der Erziehung
Joseph Sedlmair
Gediegene Langeweile
Vor kurzem las im Ulrichs-Haus der in München lebende Schriftsteller Hermann Lenz. Eines seiner letzten Werke trägt den Titel „Der Tintenfisch in der Garage. Es macht den Reiz einer Rezension aus, wenn der Rezensent die beschriebenen Erfahrungen eines Hermann Lenz mit seinen eigenen, aber heutigen vergleichen kann. In diesem Sinne hat Andreas Lorenz versucht, diesem schwäbisch-breiten Erzähler auf die Spur zu kommen. Hermann Lenz, nicht zu verwechseln mit seinem bekannteren Schriftstellerkollegen Siegfried, war bis vor einiger Zeit nur Kennern der literarischen Szenerie bekannt; doch spätestens seit ihm 1978 der Georg Büchner Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung als Auszeichnung für sein gesamtes Werk verliehen wurde, kann sich der 66-jährige zur deutschen Schriftstellerelite zählen.
Eines seiner Druckwerke ist die 1977 veröffentlichte Erzählung „Der Tintenfisch in der Garage. Und so wie sich ein Tintenfisch in der Garage fühlen würde, so kommt sich der Germanistikstudent Ludwig, Lenz' Hauptperson in dieser Erzählung, in seiner Umgebung vor: Dieser Ludwig kann sich in der hektischen und pulsierenden Gegenwart nicht so recht wohl fühlen, und das auf Biegen und Brechen praktizierte Vital- und Progressiv- sein ist für ihn ein einziges Greuel. Zurückgezogen und unverstanden träumt er in der Vergangenheit und schafft sich eine eigene Idealwelt, bestehend aus Altertümlichem, Schönem und der Natur. Doch auch bei seinen Germänistik-Studien kommt er gehörig ins Schleudern:. Seinen Kommilitonen dient die Literatur einzig und allein dazu, die Gesellschaft
zu verändern und zu verbessern. Nur wenn sie die destruktiven Tendenzen der Konsumgesellschaft bloßlegt, hat die Literatur eine Berechtigung. Mit dieser Verintellektualisierung kann sich Ludwig jedoch ganz und gar nicht identifizieren, denn er sucht im „Schriftgut" vor allem das Menschliche, die Poetisierung des Daseins.
In dieser Phase spielt ihm das Schicksal ein Mädchen zu, für ihn ein Mensch, mit dem er sich zu verstehen glaubt. Doch dies erweist sich als Irrtum, das Mädchen entpuppt sich als Gaunerin, verläßt ihn aber erst, als sie seine naive Traumwelt, die er als besseren Teil des Lebens wähnte, tüchtig demoliert hat.
Dieses Buch liest sich teilweise wie eine Kriegserklärung an das auf Teufel komm raus betriebene Jung- und Agressivsein, es ist jedoch auch Lenz' eindeutige Stellungnahme zur Funktion der Literatur, denn nichts will der Autor mit seinem Buch weniger als die Welt samt ihrer Gesellschaft verändern. Nicht ohne Absicht verlief sich Lenz oft in Banalitäten, so z.B. wenn er feststellt, daß mit nackten Füßen ein Gaspedal besser in den Griff zu bekommen ist als mit beschuhten.
Jedoch ist Lenz' Problem mein Problem nicht, denn erstens kann ich es als solches nicht erkennen und zweitens wird nun auch etwas dick aufgetragen, wenn von Umfunktionierung des Menschen auf der Universität gesprochen wird.
Rundum: ein Buch, das recht nett zu lesen ist; aber das wars dann auch schon.
Andreas Lorenz
Lenz, Hermann, Der Tintenfisch in der Garage, Insel-Verlag, Frankfurt/Main, 139 Seiten, DM 18,—
musik
Ein folgenschwerer Rückfall
Finalpresto für die Dröhnland-Symphonie in drei Sätzen
1. Satz-Adagio-Allegro
Samstag, der 7. April 1979 — 17.45 Uhr. Im Schneeregen kommen wir vor der Sporthalle, dem voraussichtlichen Austragungsort von Udo Lindenbergs
„Dröhnland-Symphonie", an. Schon lange vor der Erstaufführung schlug das
„Rockmusikereignis ersten Ranges", zumindest was seine Publizierung in den Massenmedien betrifft, hohe Wellen. — Inszenierung: Peter Zadek, phantasiereichster aber auch umstrittenster Regisseur des deutschen Theaters. Produktionskosten: 1,3 Mill. Mark. Im Programm: Namen wie Alt-Rocker Eric Kurdon, die Rockladies 4. Tk-sampson und
U. Meinecke, sowie zur optischen Bereicherung Tänzer, Ballett, Pantomime, Artisten, Video-Filme und Laterna-Magica Effekte. Die ersten 15 Konzerte wurden von 91.000 Zuschauern besucht und selbst die Presse ließ sich zu ausführlichen und engagierten Rezensionen hinreißen. Ab 23. März sollten dann nochmals 93.000 Fans in 18 deutschen Städten die Möglichkeit haben, „das totale Rocktheater, welches neue Dimensionen aufreißt", zu sehen und zu hören. Augsburg lag im 2. Durchlauf als Tourneestation No. 15 an viertletzter Stelle.
2. Satz-Andante
Schon geraume Zeit vor der Aufführung in der Sporthalle hatte die Lindenberg- Show dem Veranstalter, Konzertbüro Uebelherr, einiges an Vorbereitungen gekostet. So mußte z.B. vom nahe gelegenen Trafohäuschen ein extra Kabel zur Halle gelegt werden, um die geforderte Stromstärke zu gewährleisten; eine besonders große Bühne, 18 x 12 m, mit zwei Podesten ä 3x3 m, plus einer kleinen Vorbühne mußte errichtet werden. —
Am Samstagvormittag treffen dann drei Sattelschlepper der engl. Firma Shirley Trucking Co., sowie zwei deutsche LKW's mit Lindengergscher Anlage und 16 Mann starker Crew ein. Die Sporthallenbühne wird für gut befunden und zusammen mit 10 Helfern beginnt der Aufbau der monströsen Anlage. Um sich von der Bühne ein wirkliches Bild machen zu können, muß folgendes angeführt werden: Sie ist durch drei diagonal verlaufende Lichttraversen in drei Teile geteilt. Vorhänge, Treppen, sowie eine hinten aufgespannte Leinwand kur Projezierung von Dias und Filmen geben ihr neben den rechts und links aufgebauten P.A. Boxen eine theaterähnliche Ausstrahlung.
3. Satz: Finalpresto
17.50 — wir betreten die Halle. Stolz und breit thront vor uns die Bühne, an der noch die letzten Handgriffe vorgenommen werden. 18.00 — Auf der vordersten Scheinwerferkette, die in sieben Meter Höhe über der Bühne schwebt und von zwei rechts und links aufgestellten Stahlgestellen, die ähnlich Flaschenzügen funktionieren, gehalten wird, balanciert waghalsig ein Techniker und justiert die schwenkbaren Scheinwerfer.
18.04 Aus der Balance gekommen, verliert der Techniker völlig das Gleichgewicht; die Traverse kommt ins Schwanken. Die unten auf der Bühne arbeitenden Techniker rennen und wollen retten, was noch zu retten ist, aber der Schrei des Chefroadies „Runter von der Bühne" hält
sie davon ab. Der auf der Scheinwerferkette befindliche Techniker fällt nach hinten weg, die Stahlfüße knicken wie Zündhölzer und stürzen auf die bereits fertig aufgebaute Anlage. Noch im Sturz reißen sie, ausgelöst durch ein unter der P.A. Anlage verlegtes Kabel, die linke Seite der dort aufgetürmten Boxen mit sich.
18.10 — Nachspiel — 1. Aufzug
Udos Panikorchester trifft ein. — Nachdem sich die erste Aufregung wieder gelegt hat, werden der Panik-Chef, der Veranstalter, der Tourneeleiter, die Musiker u.s.w. in Kenntnis gesetzt. Es dauert nicht lange, schon taucht die Frage auf: Was war die Ursache, wer hatte Schuld? Zweifelsohne eine wichtige Frage, denn wer wird für den entstandenen Sachschaden, die Unkosten etc. aufkommen? — „Du siehst doch, es lag am Bühnenboden. Hinten sind die ganzen Boxen aufgebaut, d.h. da ist das Hauptgewicht und vorne am Bühnenrand entstehen dadurch Höhenunterschiede von mindestens 5 cm zwischen den einzelnen Brettern", so I. Thompson, Udos Sängerin und G. Gloming, der Alt- Tenorsaxophonist. P. Vincent, der Gitarrist, ist dagegen völlig anderer Ansicht: „Das, was die Ingeborg meint, kann wirklich nicht die Ursache gewesen sein, denn
a) wurde die Bühne durch den Aufbaubeginn als akzeptabel anerkannt und b) haben wir während dieser Tournee schon auf ganz anderen, wirklich gefährlichen Bühnen gespielt." I. Thompson: „An der Anlage selber kann's auch nicht gelegen haben, die wurde ja erst in Berlin vorn TÜV überprüft." — In sich dauernd verändernden Grüppchen stehen und sitzen die in der Halle Anwesenden und erörtern immer wieder ein und dieselbe Frage, versuchen eine Rekonstruktion des Vorfalls. Bereits seit 18.30 werden mit Hilfe von Bayern 3 und der Polizei die Konzertbesucher über den Ausfall des Konzertes informiert, wird der Verkehr der ankommenden Zuschauer geregelt. 19.50 — wir verlassen die Halle. Was hatte sich aber zwischenzeitlich noch ereignet? Ein• rasch formierter „Augsburg via Dröhnland Krisenstab" bemühte sich um eine weitere Abwicklung; ein Nachholtermin für das ausgefallene Konzert wurde in Betracht gezogen.
Nachspiel — 2. Aufzug
Dienstag, der 10. April 1979
Am Nachmittag steht ein Termin bei der Stadtverwaltung auf dem Programm. — Thema: Endgültige Klärung der Sicherheitsfrage. — Ist eine risikolose Durchführung möglich? Ein Statiker soll bei einer eventuellen Wiederholung das fragliche Scheinwerfergerüst vor Beginn von A—Z überprüfen. — Das Ordnungsamt steht einer nochmaligen Aufführung positiv gegenüber und U. Lindenberg hat sich bereit erklärt, seine Show am morgigen Mittwoch durchzuziehen. Mit dem Veranstalter sehen 2500 Fans dem nächsten Tag erwartungs- und hoffnungsvoll entgegen. Der Auftrag, wieder eine Bühne zu errichten, wird noch am Abend an eine Würzburger Firma vergeben.
Nachspiel — 3. Aufzug — Ende
Aus die Maus! — Die Auflagen zur Lösung der Sicherheitsfrage konnten in so kurzer Zeit nicht gelöst werden. Eine Alternative für das bisherige Gerüst war nicht zu beschaffen. Ohne Lichtshow aufzutreten, das hätte die Stadt genehmigt, aber dann wäre auch aus der Dröhnland-Symphonie der Dampf 'rausgewesen, so Hr. Übelherr. Ein späterer Nachholtermin ist nicht möglich, da die Truppe nach Beendigung der Tournee wieder auseinandergeht. Die gekauften Karten werden von den Vorverkaufsstellen anstandslos zurückgenommen und auch die Schadensfrage wurde gelöst: Der Tourneeveranstalter, Lippmann und Rau, wird die entstandenen Kosten tragen.
Das Schlußwort: Die Konsequenz
Der Vorfall dürfte starke Einschränkungen, wenn nicht sogar ein striktes „Aus" für Veranstaltungen dieser Art in der Sporthalle haben. Schade, denn durch die erst kürzlich dort eingebaute Notbeleuchtung hatte Augsburg wieder eine Halle der entsprechenden Größenordnung. — Wie auch immer die noch ausstehende endgültige Entscheidung ausfällt; zurecht wird der Ruf nach festen Hallen für die afaAusstellung laut. Hallen, mit einem Fassungsvermögen von 2-3000 Personen, in denen dann unterm Jahr Musikveranstaltungen für Jugendliche, wie in jeder anderen Stadt auch, durchgeführt werden können. Das Publikum, so hat es die diesjährige Frühjahrssaison bewiesen, ist da und auch Anfragen von großen Gruppen wie Santana und Frank Zappa liegen seit längerem vor! Es ist also nun Sache der Stadt, in dieser Angelegenheit eine endgültige und vor allen Dingen baldige Lösung herbeizuführen.
Tourneen
1.5. Mother's Finest, München, Circus Krone
3.5. Kate Bush, München, Circus Krone 3.5. Milva, München, Deutsches Museum 3.5. Planxty, München, Schwabinger
Bräu
4.5. Ted Nugent, München, Circus Krone 6.5. Hollies, Augsburg, Kongreßhalle 7.-9.5. Manfred Mann's Earthband/Luci‑
fer's Friend, München, Circus Krone 8.5. Link Wray, München, R igan Club 10.5. Doldinger's Passport, Augsburg, Bar‑
barasaal
10.5. Ougenweide, München, Circus Krone 10.5. No Dice, München, Schwabinger
Bräu
11.5. Supermax, München, Schwabinger
Bräu
11.5. M. Marceau, Augsburg, Kongreßhalle 11.-13.5. Münchner Liedertage u.a. mit
Da nzer, Moustaki, Wecker, Weder, München, Circus Krone
12.5. Aerosmith, München, Circus Krone 15.5. John Mayall, München, Schwabinger Bräu
15.5. Thin Lizzy, München, Circus Krone 16.5. E. Furey/Finbar, München, Schwabinger Bräu
16.5. Jan Dury & The Blockheads, München, Circus Krone
16.5. Titi-Winterstein-Quintett, Augsburg, Kreßlesmühle
20.5. R. Claydermann, München, Circus Krone
21.5. Jim Capaldi, München, Schwabinger Bräu
22.5. Frankie Miller, München, Schwabinger Bräu
22.5. Helen Schneidär, München, Deutsches Museum
24.5. Aera, München, Schwabinger Bräu 25.5. AC/DC, München, Circus Krone 26.5. Red Baron, München, Schwabinger Bräu
29.5. Dire Straits, München, Circus Krone 31.5. La Tete Ailleurs, Augsburg, Kreßlesmühle
Beginn der Veranstaltungen um 20 Uhr. Alle Angaben jedoch ohne Gewähr!
»Zeit ist nur ein Teil von uns«
Thomas Hammerl
Ein Mann mit Eigenschaften
Zu den seltenen Musikereignissen, an denen auch oder gerade die Mittzwanziger ihre Freude haben, gesellte sich Mitte März eine Aufführung, deren Show- und Action- Charakter nur mit den Life-Gastspielen der 60er Jahre vergleichbar ist. Wolfgang Ambros, der 27jährige Wiener, bis jetzt eher bekannt durch seine melancholischen Dialektlieder und einem, zumindest nicht ungeteilt Beifall findenden Auftritt in einem mittelmäßigen Fernsehspiel ("Fehlschuß"), überraschte in Augsburg mit einem hörenswerten Rockkonzert. In dem beinahe 2stündigen Vortrag zeigte er sich als wandlungsfähiger Sänger, dessen Repertoire von gefühlsvollen Bob-Dylan-Interpretationen (nicht Kopien!) bis zum hämmernden Disco-Sound reicht. Unterstützt wurde er dabei von einer excellenten Band, in der besonders Leadgitarrist Gerd Koller durch seine harmonischen Soli gefiel. Anders als beim Münchner Konstantin Wekker, in dessen Texten massive Kritik an unserer Gesellschaft laut wird, singt W. Ambros über sehr persönliche Probleme und Gefühlsimpressionen. Trotzdem, für viele (leider) gerade deshalb, begeisterte er die Besucher der fast ausverkauften Kongreß‑W. Ambros ist das fast Unmögliche gelungen; B. Dylan's Lieder gekonnt in's Deutsche bzw. Österreichische zu übertragen. 37
Kein Heute ohne Gestern
Joe Viera Sextett — featuring Gerhard La- her — Live
Kontraste: Boogie Stop Shuffle / Blues for Africa / Ballad Medley / Song for my father / Monk's Mood / Stompy Jones. -Personals: Joe Viera (ts), Martin Schrack (p), Jochen Rose (tp,fh), Hans Claus (dl, Detlev Beier (b), Axel Prasuhn (bs, fl, as, voc), Gerhard Laber (congas, percl. Aufgenommen am 25.6.78 in Dingolfing. CAL 30619 (Calig-Verlag GmbH,
8000 München 19, Renatastralle 711. Joe Viera hat durch seine Aktivitäten in Sachen Jazz (Dozenturen für das Fach Jazz an verschiedenen deutschen Hochschulen, Leiter der Burghauser Jazzkurse, Mitwirkung bei der Edition „Jazz universal") gerade im süddeutschen Raum verstärkt zu dessen Etablierung beigetragen. Man mag über die „Verschulungstendenzen" im Jazz denken wie man will, allein dieser Weg aber scheint die Gewähr dafür zu bieten, daß Zuschüsse fließen, ein Kultusminister sich gar persönlich zu einer Sache wie Jazz äußert — so geschehen bei der Eröffnung der 10. Burghauser Jazzwochen — daß eine „Provinz"-Stadt (besagtes Burghausen) sich aktiv an der Einrichtung eines Musikzentrums für zeitgenössische Musik beteiligt, daß Jazz Bestandteil von Musiklehrplänen wird. Viera ist aber nicht nur ein angestrengter
„Theoretiker" und Organisator des Jazz, sondern — wie die vorliegende Live-Aufnahme beweist — ein aktiver, gruppenbildender Musiker. „Kontraste", so heißt die neue Platte des „Joe Viera Sextetts", das seit 1976 besteht. Programmatik der Gruppe: „in verschiedenen Besetzungen eine ungewöhnliche Vielfalt von Spielweisen innerhalb des Jazz zu verwirklichen. So reicht die Musik des Ensembles von Stücken Duke Ellingtons ... bis zum Free Jazz". (Auszug Cover-Text) Ist es gelungen? Das ist die Frage, die hier zuerst zu beantworten ist.
Mit einem Thema von Charles Mingus werden die 40er Jahre, die Zeit des Bepop präsent gemacht; eine Eigenkomposition von Viera ist zeitbezogen kaum einzuordnen und stellt den, vergleichsweisen, individuellsten Gruppenbeitrag dar. Auf der Rückseite der Platte findet man ein cool- gestimmtes Thema-Arrangement dreier bluesbetonter Stücke („Polka Dots and Moonbeams", „Georgia an my mind'',
„Sweet and lovely"); mit „Song for my father" von Horace Silver kommt einer der großen Komponisten des Jazz zu Wort; mit Thelonius Monks „Monk's Mood" wird die Periode des Jazz-Piano nach der Tristano-Ära hörbar gemacht, der bis heute nachwirkende harmonisch freieste Beitrag des Pianospiels. Mit Ellingtons swingendem und jumpenden „Stompy Jones" schließt die Platte.
Das Stil- und Titelangebot, soviel läßt sich sagen — sieht man einmal von dem etwas zu kurz geratenen Free Jazz-Angebot ab — zeigt sich als Mainstream abdeckendes Angebot.
Nun zur Beurteilung des Gebotenen.
„Übung macht den Meister" — mag sein. Aber genau dieses, das Geübte, sticht überall durch. Musikalischer Fleiß, der nur stück- und stellenweise, so in „Blues for Africa", den konventionellen Rahmen des Einstudierten sprengt. Hier ist besonders Martin Schrank am Piano zu nennen, der gern und oft, so im „Song for my father", „Blues for Africa" und in Monks Solostück für Piano „Monk's Mood", eigenwillige und hörenswerte Akzente setzt (man beachte sein Solo in „Song for my father"!). Im Ganzen der Stücke stehen Arrangiertes und Improvisiertes in einem deutlichen Mißverhältnis zugunsten des ersteren. Bass und Schlagzeug, weitere Indizien für die etwas konventionelle
Machart, verlassen nur selten das rhythmische „Abstellgleis" (so in „Blues for Africa"). Daß Axel Prasuhn einer der „vielseitigsten deutschen Jazzsänger" (Auszug
Cover-Text) ist, weiß man bestenfalls seit seinem „Aushilfs"-Statement bei den 10. Burghauser Jazz-Wochen. Auf der Platte schwimmt seine Stimme in einem effektvollen Hall-Arrangement. Auflockernd wirken die polyphonen PercussionsRhythmen Gerhard Labers. Diese als musikalische Reminiszens gedachten Klänge an einen Afrika-Aufenthalt der Gruppe durch das Goethe-Institut bleiben etwas verstreut oder am einzelnen Stückanfang resp. -Ende festgemacht. Es beweist aber auch einmal mehr, wie schwierig es ist, verschiedene rhythmische Traditionen der Musik miteinander zu verbinden. Jochen Rose bläst ein einfühlsames Horn — deutlich z.B. in seiner Interpretation von „Georgia an my Mind".
Abschließend ist zu bemerken: Die Auswahl der Stücke kommt dem latent vorhandenen Hang zum Konzertanten als
„Darbietung" entgegen. Ein Überarrangement verhindert viel Spontaneität, was sich u.a. auch in gedämpften Publikumsreaktionen niederschlägt, und begünstigt die schulisch ausgebildeten Musiker in ihrem partiturhaften Spiel.
Arthur Müller
Ein Ganz-Ton-Abend
Zum Jazz-Konzert mit dem Chet-Baker-Quartet im Augsburger Jazz-House
Die "amtliche" Legende
„Schon zu Lebzeiten ist er zu einer Legende geworden: der so lyrisch, ästhetisch und bewegend spielende Trompeter Chet Baker". So stand es und jeder konnte es lesen, im offiziellen Jazz-Organ der BRD, dem „Jazz-Podium"; seither verkündet es jedes Blatt und jeder Zeitungssmok führt es im Munde: Cool-Jazz ist wieder gefragt. Und es ist ganz gewiß, daß Chet Bakers Comeback in Europa einiges dazu beigetragen hat.
Seit Mitte Oktober gastiert nämlich das einstige Mulligan-Orchester-Mitglied in halb Europa. Seit Oktober auch gab es Ärger für Chet: Jeff Brillinger, der Schlagzeuger, war kurzfristig ausgestiegen; kurzfristig verschwand auch Phil Markowitz, der Pianist; auch der Bassist Scot Lee hatte keine Lust mehr — sie waren, so war zu hören, in die Staaten zurückgekehrt. Die Suche nach neuen Leuten bescherte zuerst einmal ein musikalisches Fiasko — so geschehen, im Amerika-Haus München bei einem Gastspiel. Frau „Immergrün" aus Tuttlingen, das Gabi-K leinschmidtManagement, versuchte zwar alle entstehenden personellen Ausfälle zu ersetzen; aber es gelang nicht immer so recht — und so verwundert es kaum, daß auf der Ankündigung für das Baker-Konzert in Augsburg ein japanischer Schlagzeuger mit Namen Makaya Ntsoko angekündigt war, der aber gebürtig Südafrikaner ist und dann auch gar nicht anwesend war.
In Burghausen nun, bei den zehnten Jazz- Wochen, abgehetzt und völlig überreizt, absolvierte er, entschieden deplaziert nach (!) dem überaus rhythmischen Elvin Jones und seiner „Jazz-Machine", das Schlußkonzert; man hatte sich nach Österreich verfahren und traf deshalb erst um halbelf ein. Auf diese Weise wird man allerdings schnell vom Repräsentanten des
Cool-Jazz zum launischen Sideman. Und so liefert langsam jeder Auftritt dem fast 50-jährigen Baker den Beweis der These: „Legende" zu heißen ist leicht, „Legende" zu sein und zu bleiben ist schwer;
denn die Idee, auch die musikalische, blamiert sich noch immer, wo sie von dem Interesse unterschieden war (Karl Marx). Einem lückenlosen Tournee-Plan fallen so leicht neue Stücke zum Opfer. Das ist schade!
The Coolsters und Cool-Jazz
Die Besetzung des Quartetts in Augsburg: Phil Markowitz am Piano; der neue Bassist aus Frankreich hieß Jean-Luis Rassinfosse und unerkannt und unbekannt am Schlagzeug ein bescheidener Mann mit dunklem Teint. Die Besetzung des Lokals: Frau „Neckermann" und Herr
„Doktor" waren auch da. In dem soeben erschienenen Jazz-Buch von A. Polillo,
„Jazz — Geschichte und Persönlichkeiten der afro-amerikanischen Musik", lautet der Schlußsatz zum Thema„Cool-Jazz": „Die von den Cool Jazz-Leuten angezeigte Richtung wurde nur von John Lewis und seinem Modern Jazz Quartett verfolgt. Dieses Quartett sollte viele Jahre lang weiterhin feierliche, friedliche und
„achtbare" Musik spielen, zum Entzücken des konservativen Publikums und der elitären Konzertbesucher der Alten Welt, für die der Jazz um so akzeptabler wird, je mehr er versucht, der europäischen klassischen Musik zu ähneln." Dem ist, was die Besucher und ihr Jazz-Verständnis anbelangt, nichts hinzuzufügen. Musikalisch ist zu sagen: Die „Down Beat"-Siege Bakers in den 50er Jahren sind vorbei. In tausenderlei Schwierigkeiten verstrickt, steht er seit 10 Jahren erstmals wieder in Europa auf der sühne — „clean", wie es in der Sprache der Süchtigen heißt, aber körperlich gezeichnet. Neue musikalische Tendenzen konkurrieren heute mit alten; auch Pop ist wieder, und vor allem gefragt.
Die Musik Bakers an diesem Abend ließ nur Vergangenheit zu: „West Coast Jazz" lag im Raum. Chet scatete und sang so, daß alle alten Urteile vom Rang der Stimme im Verein mit Instrumenten ihre Widerlegung fanden:
Nicht mehr zu unterscheiden war die Tongebung auf der kornettartigen Trompete vom Gesang, nur der Tonumfang in seinen Ganz-Ton-Reihen markierte instrumental die Stimmung des Abends abweichend vom sehr melodiösen melancholisch wirkenden Vokal. Mit diesen leichten, besser leicht anmutenden, fast posaunenartigen, überlappten Tonfolgen
auf der Trompete bekommt sein Spiet jene sehnsüchtige, eben coole Harmonie. Es ist immer wieder faszinierend zu sehen, wie Baker es trotz seiner schmächtigen Figur schafft, mit so sauberer und voller Art in höchst eigenwilligen Phrasierungen zu blasen.
Phil Markowitz kann mehr als er zeigen darf; Baker hält ihn etwas kurz; das ist schade, denn der etwas groß geratene schlaksige Amerikaner mit den linkischen Bewegungen hat, was Baker abgeht: Arrangement-Talent. Ohne Markowitz würde sich das ganze Programm im Kreise drehen. Der Rhythmus- Part, besonders am Schlagzeug, war den Möglichkeiten der Improvisation kaum gewachsen, dafür aber erfreulich rhythmisch und manchmal fast so drängend und aufregend, wie man es vom BrubeckSchlagzeuger Joe Dodge her kennt, der bekanntlich dem Schönberg-Schüler erst zeigen mußte, was Rhythmus ist.
Arthur Müller
Konzert-Quiz
Nach den Scorpions-Unterschriften im Monat Mai, gibt es diesmal gleich Autogramme von zwei Gruppen/Künstlern, die in der letzten Zeit bei uns zu Gast waren, zu gewinnen. Ihre Namen: Wolfgang Ambros und Marek & Vacek.
Wer ein Autogramm von diesen Künstlern gewinnen will, muß folgende Fragen richtig beantworten:
W. Ambros: Wie heißt der engl. Originaltitel von W. Ambros aktueller Single "I bin's net" und von wem wurde diese Nummer komponiert?
Marek & Vacek: Wie heißen Marek & Vacek mit bürgerlichem Namen und wie lautet der Titel ihrer aktuellen Langspielplatte?
Eine Postkarte mit der richtigen Lösung an: LUEGI NSLAND, Hermanstr. 3, 8900 Augsburg — Kennwort: Konzertquiz Monat Juni
TH
theater
Ibsens Wildente- ein toter Vogel
Zu der „Wildenten"-Aufführung im Augsburger Stadttheater
Der Vogel haust unterm Dach, hinter der Tür — verdeckt, versteckt, weggeräumt, gut aufgehoben im Oberstübchen, mitten im Kopf, aber doch dort, wo er nicht stört. Ibsens Wildente, ein Symbol so richtig zum Anlangen — waidwund geschossen, aus dem Wasser, dem 'Meeres tiefstem Grund', gezogen, etwas flügellahm
— und alles im Augsburger Stadttheater. Die Parabel ist einfach, glatt klassisch: Der Herr kommt über das ihm diensttuende Weib, der Bauer über die Magd, der Gockel über die Hennen, der Konsul über sein Dienstmädchen. Und da er der Herr Konsul ist, der ehrenwerte Bürger, verschafft er Magd und dem Kind 'der Sünde' Behausung, Fassade ärmlich versuchter Bürgerlichkeit, wozu er auch noch den Ehemann und offiziellen Vater liefert.
Die bürgerliche Scheinmoral in Reinkultur. Das Wegräumen, Aufräumen des unerwünschten Produktes heimlicher sexueller Aktivität — zentral vor hundert Jahren, zerkaut seit hundert Jahren, zerbissen.
So bleibt der Staub an dieser Wildente das einzige, was zwischen den Zähnen hängen bleibt. Das Fleisch ist von dem Vogel längst herunter.
Die Fassade dieser ärmlich versuchten bürgerlichen Behausung zu demontieren, betätigt sich als Gegenstück des Konsuls, dessen Sohn, ein blonder Mephisto der 'stets das Gute will, und doch das Böse schafft'. Mit der penetranten Blindheit eines seelenrettenden Sektenverkäufers in der Fußgängerzone bedrängt er seinen
Freund, der sich in seiner Fassadenwelt recht wohlig eingerichtet hat, mit einer irgendwie gearteten 'idealen Forderung' der wahren und wahrhaftigen Lebensführung, wobei dieser so herrlich eindeutige und klare Begriff so stehen bleibt, plan und platt.
Der Vogel haust unterm Dach, hinter verschlossener Tür, zu der eine raumfüllende Treppe hinaufführt, breit und blechern federnd. Nicht nur optisch im Mittelpunkt, auch von der Aktion her, der Bewegung auf der Bühne. Der Dialog ist gerafft, die Szenenfolge Schlag auf Schlag. Das Stichwort steckt noch halb im Mund, da steht der Mann schon in der Tür. Die Akteure haben sich im Eiltempo zu bewe‑gen, rasen treppauf, treppab, gesprengte Hühner auf der Hühnerleiter
die 'Weibspersonen' gleich gar. Mutter und Kind des Anstoßes — hüpfen aufgescheucht zwischen der agierenden Männlichkeit hin und her. ihre dick zur Schau getragene Unterwürfigkeit und Dienstleistungsmentalität wirkt aufgesetzt — ein etwas dürftiger Versuch, das patriarchalische Element dieser verlogenen Gesellschaft noch einmal besonders zu betonen. So bleibt die Wildente nicht der einzige Vogel in dieser Inszenierung: Die Akteure flattern flügelschlagend durch den Hühnerstall, gackernd über ein längst gelegtes Ei. Trotz der sichtbaren hektischen Hin- und Herbewegung bleibt das Ganze eher ruhig, gemächlich. Nachdem auch der langsamste Zuschauer recht schnell die Konstellation des Stückes durchschaut und den Rest der Aufführung darauf wartet, daß 'die da oben' auch endlich dahinter kommen, ist eben die Luft schnell raus. Was bleibt, ist das große Gähnen — und die Frage: Wozu eigentlich?
Der arme Vogel, vor hundert Jahren schon angeschossen, von derbem Hundekiefer aus des 'Meeres tiefstem Grunde' an die Oberfläche gezerrt, wäre besser ausgestopft in der Vitrine geblieben.
Ihm ist kein Leben mehr einzuhauchen — auch nicht mit aufgeregtem Flügelschlagen und künstlich erzeugter Bewegung, die den letalen Zustand des Patienten nicht länger verheimlichen kann.
Rudolf Lang
film
VORSCHAU
Lueginsiand stellt eine Auswahl guter Filme vor, die demnächst in den Kinos laufen. Weitere Film-Termine sind im Veranstaltungskalender enthalten,
Moliere
Regie: Ariane Mnouchkine
Das wildbewegte Portrait eines Mannes und seines Jahrhunderts.
Spielzeit: 4., 5. und 6. Mai 1979
Spielort: Komödie
The Pom, Pom Girls (Mach mich nicht an)
Regie: Josef Ruhen
mit Robert Carradine, Jennifer Ashley In Farbe und englischer Sprache
Ein treffendes Bild der „Young generation" Zwischen Schule, Sport, Sex und Unsinn, Spielzeit: 3. Mai 1979, 20.00 Uhr
Spielart: Ofa Studio im Emelka
Das Brot der Frühen Jahre
Regie: Herbert Vesely
mit Christian Doermer, Vera Tschechova und viele andere.
Nach dem Roman von Heinrich Böll. Ein junger Elektromonteur, mit der Tochter seines Chefs verlobt, bricht aus dem Alltagsleben aus, als er ein Mädchen aus seinem I leiniatdorf wiederfindet.
Spielzeit: 14. Mai 1979, 20,00 Uhr Spielort: Komödie
Ab 16 Jahre
Sie sind frei, Dr. Korczak
Das Schicksal des polnisch-jüdischen Arztes und Pädagogen Dr. Janus Korczak, der 1942 mit den ihm anvertrauten Kindern des jüdischen Waisenhauses in den Tod ging. Mit Zustandsbildern aus dem Warschauer Jugendghetto verbundenes unpathetisches Plädoyer für den Wert des einzelnen Menschen und wider den Wahnwitz rassistischen Denkens.
Spielzeit: 15. Mai 1979, 19.00 Uhr Spielort: Die Klappe, Haus St. Ulrich, Kappelberg 1
Der Holzschuhbaunn
Regie: Ermanno qhni
mit Luigi Ornaghi, Francesca Moriggi u.v,a. Ein großer Bauernhof in der Lombardei gegen Ende des letzten Jahrhunderts: Auf engstem Raum leben dorf fünf kinderreiche Familien. Sie bearbeiten das Land und bewirtschaften das Gut des allmächtigen Feudalherren, der zwei Drittel der Ernte für sich beansprucht. Den Bauern gehört praktisch nichts, sie besitzen nur ihre Arbeitskraft. Der Film erzählt von ihrem täglichen Leben und ihrer Arbeit, von Freuden und Leiden, von Geburt und Tod und von der Willkür des Feudalherren, der über ihr Leben bestimmt. Spielzeit: Demnachst
Spielort: Filmpalast 2
FILM-QUIZ
Was sie über den Film wußten, hatten sie im Kino gelernt. In der „Cinematheque
Francaise", dem französischen Filmmuseum, sahen sie Tag für Tag die alten und neuen Meisterwerke des internationalen Films. Dort lernten Truffaut, Godard und Chabrol ihr Handwerk. Diese Rebellen stellten dem solide gedrehten Fließband, das „Kino der Autoren" entgegen. Sie verstanden den Film nicht mehr als Teamwork von Spezialisten, sondern als Werk eines einzelnen, der demGanzen seinen persönlichen Stempel aufdrückt.
Den Filmautor als schöpferische Persönlichkeit mit allen Freiheiten und Möglichkeiten zum Experiment hatte es in dieser Form kaum gegeben. Als Forum diente den Erneuerern eine Zeitschrift, deren früh verstorbener Chefredakteur die jungen Talente förderte und den explosionsartigen Beginn der sogenannten „Neuen Welle" theoretisch anregte und für ihre Verbreitung sorgte.
Unsere Film-Quiz-Frage im Mai lautet:
Wie ist der Name der Zeitschrift und wie hieß der Chefredakteur?
Die richtige Antwort der Film-Quiz-Frage im April lautete: Francesco, Rossi
Es gärt weiter. In der AZ-Sanierungsangelegenheit ist noch nicht völlige Ruhe eingekehrt. Hartnäckig klemmt sich der Bund der Steuerzahler e. V. hinter die fragwürdige Umzugsfinanzierung der Augsburger Allgemeinen durch Bund, Land und Stadt aus Steuergeldern. Noch einmal: im Februar-Heft deckte LUEGINSLAND auf, daß die Lärmmessungen, die die AZ zu einem städtebaulichen Mißstand erklären sollten, zumindest unkorrekt durchgeführt wurden. Absicht? Unter LESERBRIEFE können Sie lesen, was der Bund der Steuerzahler uns schreibt und unter "In Eigener Sache" also hier, können Sie lesen, was OB Breuer an den Bund der Steuerzahler schrieb: ". .. würden Inhalt und Formulierung des von Ihnen zitierten Artikels durchaus die Möglichkeit bieten, Strafantrag gegen die verantwortlichen Redakteure zu stellen." Starke Worte. Bis jetzt haben wir aber von keiner Seite gesagt oder geschrieben bekommen, daß die betreffenden Lärmmessungen nicht unkorrekt durchgeführt wurden.
Fast noch stärkere Worte als OB Breuer, ließ Thosti-Bos Ignaz Walter von sich hören. "Ich habe nicht gedroht" verharmloste der Vorstand des zehntgrößten Bauunternehinens von Deutschland. Daß er aber überhaupt nicht harmlos ist, zeigt unser "Gespräch des Monats" mit dem Mathematikbuchverleger und Tiefgaragen- planer. Dieses brisante Interview mit dem zur Zeit aktuellsten Mann Augsburgs dürfte in der Augsburger Presselandschaft Meilensteine setzen.
IN DER PRESSE
Zu unserem Bericht "Parkkauf umgeht Gesetze" im April-Heft
Großmarkt im Recht
Schwarzbau kann bleiben
Keine Chancen sieht die Stadt Augsburg, etwas gegen die Umwandlung des eigentlich nur als Großhandelsmarkt errichteten Einkaufszentrums der Firma Holzer an der Berliner Allee zu unternehmen, das inzwischen zu einem normalen Supermarkt umgewandelt und durch zusätzliche Bauten erweitert wurde. Das teilte Baureferent Friedrich-Hermann Stab mit. Er stützt sich dabei auf ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs München, das in einem vergleichbaren Fall der gleichen Firma in Ingolstadt Recht gab. Anlaß zur Resignation in Augsburg sei um so mehr, als hier im Gegensatz zu Ingolstadt sogar mehr als die erforderlichen Parkplätze angeboten würden. Ähnliche Fälle seien für die Zukunft dennoch ausgeschlossen, versichert Stab, der darauf hinweist, daß im Flächennutzungsplan ohnehin keine weiteren Einkaufsflächen mehr vorgesehen seien.
Betriebsverlagerung der Augsburger Allgemeinen
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich komme zurück auf Ihre Anfrage vom 19.02.1979 In der vorgenannten Angelegenheit und teile Ihnen dazu folgende uech Auff.emine uns rar Rechtsabteilung würden Inhalt und Formulierung de. von Ihnen zitierten Artikel. durchaus die MAglichlullt bieten, Strafantrag gegen die vantwortlichen kedektaure zu stallen. Irh hehe ...acerhst eon einer
solchen Maßnahme abgesehen, weil dle Gefahr der Wiederholung gering ist. Ich werde allerdings keinen Augenblick zögern.
alle möglichen Schritte zu ergreifen. im weitere Verunglimpfungen Reiner Person zu verhindern.
Zr Sache selbst übermittle ich Ihnen Ablichtungen der beiden Stadtratsbeschlüsse von 10.01.1979, die. wie Sie den Unterlagen entnehmen können, jeweils einstimmig gefaßt wurden. Aue den Begründungen ergibt sich. de4 die Verlagerung der Druckerei der Presse-Druck- und Verlags-GmbH aus den Anstedtbereich im Rahmen eines Langzeitprogrammes angeetrebt wird, weil de: Betrieb die Nutzung 'wohnen. diesem fehletee In verschiedener Welse beeinträchtigt. Daß dl. Stadt Augsburg bei dieeem Vereumh der Sanierung eineu Alteteei.e.iches die Möglichkeiten de.
Städtebaufarderungsgeuettee aueschöpfen will Set sicher nicht nur Ionisch verständlich, senderan/2r jeden veungebewußten Kommunalpolitiker eine Verpflichtung. Wird dirantworte Maßnahme, wie be- antregt. in das Mtderprogramm des Bundes aufgenommen, würden
sich die Kosten für eine Sanierung des Getob:4kt.
iu anteil-
mäßig zu Je einen Drittel euf Bund. Land und Stadt Augsburg ver- teilen. Wie man unter dieses Umständen von einem Subventione- betrug sprechen kann, wenn eine Gemeinde gesetzlich ange‑
botene Finanzierungshilfen des Bundes und de. Landa. in Anspruch nehmen will, ist mir schlechthin unerfindlich. Auch von einer Verachleuderung von Steuergeldern kann wohl kaum geeprochen werdan. wenn diese Steuergelder dazu vendet werden sollen, die Wohngvalität In einem sehr etererwaktiven Innonstadtberelch Jan Ent. aaaaaa dar Bürger entecheidend zu vezbeseern.
Im übrigen ist Ihnen sicher bekannt, de6 alle Bandlengen des Oberbdrgerneietere und des Stadtratea der örtlichen und überörtlichen Rechnungapzufung ebenso internegen wie der kritischen üs rtrg der Rechteaufeichtebehörden.
Ich hoffe, daß Ihnen mit diesen Secheusleintton gedient ist. Mit freundlichan Grüßen
LESER-BRIEFE
Zum Artikel "Bis zum Schwarzwerden" LUEGINSLAND 3/79
LUEGINSLAND — klauen?
Liebe Lueginsland-Redaktion,
gestattet mir den Hinweis, daß Euer Mitarbeiter bei seinem sechsstündigen Schwarzfahrertest legal keineswegs DM 30,80 für Fahrscheine zu zahlen gehabt hätte, wie er vorrechnet. Schließlich gibt es in Augsburg eine günstige (und nicht erhöhte!) Tageskarte für DM 4,—, was wohl doch wesentlich billiger ist als 20 Mark, wenn man beim Schwarzfahren erwischt wird.
Zu seinen Gunsten nehme ich an, daß Euer Testfahrer eine solche Karte in der Tasche hatte. Wenn nicht, wäre er damit nämlich auf Kosten der übrigen (zahlenden) Fahrgäste und Steuerzahler spazierengefahren. Das wäre dann ungefähr das gleiche wie wenn man aus den neuen Lueginsland- Verkaufsständern ein Exemplar entnimmt, ohne die 1,50 zu berappen — in der Annahme, daß das ja die anderen Leser tun und so die Zeitung finanzieren.
Aber wie gesagt: Sicher hatte Euer Testfahrer eine Fahrkarte!
Herbert König
Dipl. oec.
Stadtrat
Untersuchung abwarten
Der Oberbürgermeister der Stadt Augsburg hat uns auf unsere Anfrage das in Ablichtung beiliegende Schreiben vom 12.3. 1979 zugeleitet. Wir bitten, hiervon um Kenntnisnahme.
Ergänzend wird auf die beiliegenden Beschlüsse des Stadtrates vom 10.1.1979 und den Bericht des Stadtplanungsamtes vom Dezember 1978 hingewiesen.
Wir haben auch die Regierung von Schwaben als Rechtsaufsichtsbehörde gebeten, die Angelegenheit zu untersuchen. Das Ergebnis dieser Untersuchung wollen wir zunächst abwarten.
BUND DER STEUERZAHLER IN BAYERN E. V.
Holger Hass
(Landesgeschäftsführer)
STADTNACHRICHTEN
Truppen sind in der Stadt. Die Bautruppen, die in sieben Bauabschnitten die Bürgermeister-Fischer-Straße mit 200 Tonnen Pflastersteinen in eine Fußgängerzone umwandeln. "Bis jetzt läuft alles planmäßig" teilte der örtliche Bauchef Heckel LUEGINSLAND mit. Den einzigen Ärger gab es nur durch den von Baggern und Bulldozern aufgewirbelten Staub der sich auf die ausgestellten Schuhe in die umliegenden Schuhläden legte. Ein Spritzwagen sorgt an sonnigen Tagen für Staubfreiheit. Stadtbaumeister Steh ("Jetzt können wir gleich durch Zählungen beobachten, wie sich das Durchfahr- verbot auswirkt") lassen die befürchteten Staus durch eine ausgeweitete Fußgängerzone von Bahnhof bis Merkurbrunnen kalt: "Staus wird es immer wieder geben. Damit ist keine Staus mehr gibt, müßten wir ein Drittel von Augsburg abreißen . . ." Gleichzeitig mit dem siebten Bauabschnitt soll an der Moritzkirche eine Schrannenhalle entstehen. Zu den Tiefgaragenplänen (siehe auch LUEGINSLANDGespräch des Monats mit Thosti-Boß Walter) von Thosti meinte Stab: "Die (Tiefgarage) paßt nicht in den Gesamt- verkehrsplan und paßt uns nicht." "Erwägenswert" dagegen fand Stab die Pläne von Pfister/Engel, die unter dem Stadtmarkt eine Tiefgarage entstehen lassen wollen. Eine Trägergesellschaft aus München soll schon da sein. Positive Zeichen für das Augsburger Jahrhundertprojekt?AL
Herzlichen Glückwunsch. Aber bitte kein Jubel
Unter diesem Motto findet am Dienstag, dem 22. Mai, um 20 Uhr im Saal des Gewerkschaftshauses, Schaezlerstraße 13 eine Geburtstagsfeier zum dreißigjährigen Bestehen des Grundgesetzes statt. Veranstalter sind die Jungsozialisten und die Jungdemokraten Augsburg. (Pressetext: Gemeinsam geht's besser') Ohne Prominenz aber mir Kabarett und Liedern will man diskutieren, Fragen stellen, zuhören. Gitarren und Gedichte können mitgebracht werden. Vielleicht ein Geburtstagskuchen mit 30 Kerzen?
Stadtratsbeschlüsse vom 4.4.1979
Die Stadt beteiligt sich an der Fernsehsendung "Allein gegen alle". Kosten ca. 40.000 Gewerb1.-technische Bildungsstätte an der Ulmer Straße / Vollzug des Stadtratsbeschlusses vorn 27.9.1979 über eine Beteiligung der Stadt Augsburg
Abbruch des Rückgebäudes im Anwesen Jakoberstraße 55
Bebauungsplan Nr. 244 für das Gebiet nördlich der Daucherstraße
Sanierung von Räumen und Neubau einer Hausmeisterwohnung in der Volksschule Kappeneck (Planung)
Einziehung eines Teiles des Gehweges vom Bourges-Platz zur Wertachbrucker-Tor-Straße Teilweise Einziehung der Windprechtstraße Teilweise Einziehung und Umstufung der Zedlitzstraße
Einziehung des öffentlichen Feldwegs "Sackweg an der Hofackerstraße"
Teileinziehung der Schöpplerstraße
Wichtige Punkte
Ihren bayerischen Landesverbandstag hielt der Reichsbund der Kriegsopfer, Behinderten, Sozialrentner und Hinterbliebenen (100.000 Mitglieder) vom 18. bis 22. April mit Landesvorsitzendem Wilhelm Keck im Kongreßzentrum Augsburg ab. Wichtige Punkte der 250 Delegierten waren unter 32 eine gesetzliche Meldepflicht für Behinderte, Errichtung von Rehabilitationszentren, für besondere Arten von Behinderungen, Verpflichtung von Beauftragten für die Rehabilitation.
Sorge bereitet dem Reichsbund die um 16 % auf 742 angestiegene Arbeitslosenzahl der Behinderten in Bayern. Wilhelm Keck forderte die öffentliche Hand solle mit gutem Beispiel vorangehen und das gesetzliche Soll von 6 % beschäftigter Behinderter in einem Betrieb zu erreichen versuchen.
Die Frauen im Reichsbund machten sich mit einem "Frauenpolitischen Programm" stark. Sie fordern zu stärkerem Engagement der Frau, Gesundheitsvorsorge, Stellung der Frau in der Gesellschaft, Völkerverständigung und Abrüstung.
Staatsminister für Arbeit und Sozialordnung Dr. Fritz Pirkl in seinem Grußwort: "Der Reichsbund ist zu einer echten Schicksalsgemeinschaft geworden." WS Wer kein Auto hat kann sich seit 13.4.1979 mit der Omnibuslinie 32 zum Tiergarten fahren lassen. • Auf Drängen von Zoodirektor Dr. Michael Gorgas richteten die Verkehrsbetriebe die Linie Bahnhof — Tiergarten ein. Der Bus verkehrt werktags stündlich, und sonn- und feiertags halbstündlich. Werkreferent Zimmermann und Verkehrsbetriebechef Weiland rechnen für die Linie mit 7 5.000,— DM Defizit.
Nulltarifaktion der VGA und des ADAC abgeschlossen
Von den 2000 Probefahrers die für 14 Tage das Auto in der Garage stehen liessen, haben 776 ihren ausgefüllten Fragebogen zurückgeschickt. Jeder der 776 Straßenbahnfahrer stieg durchschnittlich 11 x in Bus oder Tram. 95 % der Rücksender fanden den Autofahrer-Test gut. 4 % meinten, daß der Test überflüssig sei. „Ein minimaler Prozentsatz" sprach sich für den Nulltarif aus.
Der Haken an der Aktion: Sie ist nicht repräsentativ.
Kleines Vermögen, große Wirkung
Damit "alte Leute lange selbständig in ihren Wohnungen verbleiben können", bittet CSU-MdL Albert Schmid den bayerischen Sozialminister Dr. Fritz Pirkl, bei den Gesprächen zwischen Bundesregierung und den Ländern über den Entwurf einer 4. BSHG-Novelle, sich für eine Erhöhung der Freigrenze von kleinen Vermögen von 1.500,— DM auf 3.000,— DM emporzuschrauben. Laut Schmid hat der Arbeitskreis "Ältere Bürger" bei der Stadt Augsburg einen solchen Änderungsantrag diskutiert und bittet den Minister ebenfalls um Unterstützung für die Änderung der Freigrenze.
Stimme verschlagen
Mahnend schreibt Horst Heinrich (SPD und MdL) an Staatsminister Jaumann (CSU): " ... die Vorfälle in Harrisburg haben gezeigt, daß dem verbleibenden Restrisiko bei der Betreibung von Kernkraftwerken ein höherer Stellenwert zuzumessen ist ..." Heinrich weist darauf hin, daß die Stadt Augsburg den Atomkraftwerkstandort "nicht zuletzt deshalb ablehnt, weil es unmöglich ist, im Falle eines schweren Reaktorunfalls mit atomarer Verseuchung die Bevölkerung der Stadt Augsburg zu evakuieren." Bemerkenswert ist in diesem Atom-Zusammenhang noch, daß Stadtrat und Stadtwerkechef Zimmermann erst letztens für ein Atomkraftwerk in Rehling gestimmt hat.
Gemein
"Keine Anhaltspunkte" gibt es laut Verkehrsbetriebechef Weiland, von LUEGINSLAND befragt nach den Kartenautomatenverklebern, die sprallel zu den Fahrpreiserhöhungen der VGA ab 1. April rund 70 der 79 Fahrscheinautomaten zuklebten. Die Stadtwerke stellten Anzeige gegen Unbekannt. Ob dieselben Personen beteiligt waren, die letztes Jahr eine "NullTarif-Kampagne" mit kopierten OB-Briefen initiierten, will Weiland "nicht schliessen"
Weiland sah auch keinen Anlaß, Fahrgäste, die keinen Streifen aus den verklebten Fahrscheinautomaten bekamen umsonst fahren zu lassen: "Wir haben über 63 Verkaufsstellen, wo Fahrgäste ihre Karten kaufen können." Außer dieser "Protest-Aktion" ist Verkehrschef Weiland über Preis- Beschwerden nichts bekannt.
Schwach vertreten
„Fahren Sie doch lieber nach Dresden" mußte sich Dieter Neusser (F.D.P.) sagen lassen, als er zur 1. Liberalen Bürgerfahrt am Samstag, dem 7. April nach Dachau ei einlud. Angeregt durch die Holocaust-Diskussionen konnten Interessierte gratis das Konzentrationslager Dachau und das dazugehörige Museum besichtigen. Verwunderlich war, daß von den 50 Busgästen die Mehrzahl der Kriegsgeneration angehörte.
Ganz hart
Neuwahlen gab es beim Bund der Steuerzahler in Bayern e. V., Regionalverband 27 (Augsburg-Stadt). Bisheriger Vorsitzender dieses Regionalverbandes war Dr. Alfred Wöhl. Zum neuen Vorsitzenden wurde Rolf Kartmann, zum 2. Vorsitzenden Helmut Ebert gewählt. Ganz hart wandte sich Kartmann gegen die Absicht von CSU und SPD, daß Augsburg, kaum mit einer Senkung der Gewerbesteuer rechne. "Unglaubliche Zustände" wurden im Schlachthof festgestellt, "nach dem Umbau fließe seit einem halben Jahr das Blut und andere zerkleinerte Abfülle in die Kanalisation."
Etwas Böses
Nachdem die Vereinten Nationen das Jahr 1979 zum "Jahr des Kindes" erklärt haben, hat das Jugendamt der Stadt Augsburg neben den üblichen Förderungsbemühungen für Kinder im April Film- und Diskussionsveranstaltungen durchgefiihrt. Am Mittwoch, dem 2. Mai, wird die Diskussion um 19.30 Uhr in der Stadtbücherei mit dem Film "Ehrgeiz der Eltern bei der Erziehung" weitergeführt. "Da gibt's Kinder, die werden mißhandelt. Tatsächlich? Tatsächlich!" oder "Lieber helfen statt schweigen. Kinderleid nimmt ständig zu" oder "Kindsmißhandlung heißt nicht nur schlagen" steht auf den Plakaten, die auf das traurige Kapitel der Kindsmißhandlungen hinweisen sollen und am 14. Mai in Augsburg gestartet wird. Jeder interessierte Augs-Bürger kann sich im Stadtjugendamt ein solches Plakat holen und dort anbringen, wo er es für nötig hält.
GESPRÄCH DES MONATS
mit dem Vorstand der Thosti AG Ignaz Walter
"Ich habe nicht gedroht"
Zu diesem Interview:
Markige Worte von Personen, die im öffentlichen Leben stehen, hören Journalisten höchst selten. Allzuoft werden harte Tatsachen und unfaire Attacken in "Presse-verträglichen" Worten verpackt. Nicht so lgnaz Walter. Nicht nur aus dokumentarischen sondern auch aus exemplarischen Gründen haben wir den unfrisierten
Teil des Interviews vollständig gedruckt. Exemplarisch deswegen, weil es aufzeigt, was der Selfmademan lgnaz Walter von Journalisten hält, die nichts von ihm halten.
lgnaz Walter, 42, bis 1973 Vorstand seiner „Universalbau Walter GmbH" in 1Derching, seit März 1978 mit 57,29 % Anteil,Hauptaktionär bei der Thosti AG (zweiter Hauptaktionär ist Leonhard Moll GmbH und Co. mit 40 ü, am 10Millionen-Aktien-Kapital). Der Bürger Ignaz Walter brachte über Zeitungsinserate seine „Jahrhundert-Idee" unter das Volk: Tiefgaragen unter der Maximilianstraße. Ein Spinner, ein verantwortungsvoller Städteplaner oder ein cleverer Bau-Unternehmer? LUEGINSLAND besuchte den Unternehmer zu einem Interview.
LUEGINSLAND: Auftritte im Funk, Fernsehen und nicht zuletzt in der regionalen und überregionalen Presse haben Sie zu einer bekannten Person gemacht. Durch selbstbezahlte Anzeigen in der Augsburger Allgemeinen und eigene Pläne haben Sie auf ungewöhnliche Weise am kommunalpolitischen Rad in Augsburg mitgedreht. Sie sind kein Profi im politischen Geschäft. Wollen Sie es noch werden?
Walter: Nein.
LUEGINSLAND: Andere Unternehmer in vergleichbarer Position sind mit der Unternehmensführung voll ausgelastet. Ignaz Walter gibt munter Pressekonferenzen, arbeitet freiwillig Pläne aus, schreibt ein Mathe-Buch und macht ein bißchen Politik. Übernehmen Sie sich nicht?
Walter: Da müßten Sie zunächst einmal mich kennen. Sie kennen mich wahrscheinlich nicht, und wenn Sie mich näher kennen würden, dann würden Sie auch begreifen, was der da macht und warum der das macht und daß sich der mit Sicherheit nicht übernimmt.
LUEGINSLAND: Der Umsatzzuwachs im bundesdeutschen Baugewerbe betrug 1978 10,3 % (nicht preishereinigt. Die Redaktion). Hat die Thosti AG ihr angepeiltes 9%-Wachstum wahrgemacht?
Walter: Von 9 % ist mir überhaupt nichts bekannt.
LUEGINSLAND: Die Rede war damals von einer Steigerung von 360 Millionen auf 400 Millionen ..
Walter: Ich kann nur nochmals sagen, daß mir von 9 % überhaupt nichts bekannt ist, weil wir nie irgendeine Zahl gesagt haben. Wir sind keine Umsatzdenker, auf dieses Glatteis würde wirklich bloß ein Dummer gehen.
LUEGINSLAND: Sie haben auch nicht auf 400 Millionen erhöht?
Walter: Wir denken nicht in Umsatz!
LUEGINSLAND: An welcher Stelle steht Thosti/Moll als Bau-Kooperation in der Rangliste der Bauriesen der BRD, jetzt — nach dem Ausscheiden von Beton- und Monierbau?
Walter: Unter den ersten zehn.
LUEGINSLAND: Und wie hoch schlägt dabei für Thosti das Auslandsgeschäft zu Buche?
Walter: Zur Zeit etwa mit 4 oder 5 Prozent.
LUEGINSLAND: Neben dem Augsburger Werk blühen Thosti-Ableger in München, Berlin, Hamburg, Frankfurt, Nürnberg und Aschaffenburg. Wieviele ThostiMitarbeiter waren 1978 in Augsburg beschäftigt?
Walter: Wir haben in Augsburg eine Niederlassung und wir haben in Augsburg ein Fertigteilwerk, das sind zwei paar Stiefel.
LUEGINSLAND: Und wieviel Mitarbeiter sind in den beiden Betrieben beschäftigt?
Walter: Ca. 1300 bis 1400.
LUEGINSLAND: Aus dem Lechhauser Fertigteilwerk bezieht die Bundesbahn einen Großteil ihrer SpannbetonschwelIen .
Walter: Das ist nicht ganz korrekt. Einen Teil nur .. .
LUEGINSLAND: Und den zweiten Teil wohl aus Hamburg?
Walter: ... es sind drei weitere Lieferwerke.
LUEGINSLAND: Trotz der üppigen Auftragslage dringen Klagen aus den Reihen der Schwellenwerker nach draußen. Sie betreffen nicht den Lohn, sondern die Begleitumstände am Arbeitsplatz: eindringendes Regenwasser, schlechte Belüftung, Uraltwaschgelegenheiten, teures Privatkantinen-Essen und vor allem der Lärm, der stellenweise permanent die Schmerzgrenze übersteigt. Den Arbeitern rinnt schon mal Blut aus den Ohren. Bereitliegende Kopfhörer werden nicht aufgesetzt, weil sich in ihnen Schmutz und Schweiß verschmieren und weil sie die Wahrnehmung von Zurufen und Warnsignalen vereiteln. Der Betriebsrat bedauert: „Nichts zu machen". Hat er das von Ihnen? Kennen Sie das Schwellenwerk überhaupt von innen?
Walter: Ich war einmal im Schwellenwerk, seit ich da bin. Außerdem mal als Berufsschüler im Schwellenwerk bei einer Besichtigung. Laut ist es ganz sicher. Ich muß diese Leute bewundern, die dort arbeiten. Das ist Wahnsinn.
LUEGINSLAND: Ein Mittagessen kostet im Schwellenwerk weit über 5,— DM.
Walter: Ich würde das ja liebend gern abschaffen. Dort sind nämlich Frauen draussen, die manuell in Töpfen und so weiter kochen. Das ist ein unmöglicher Fall. So kann man doch heute keine Kantine mehr betreiben. Herr Schabert (Betriebsleiter des Schwellenwerkes. Die Red.) sagte mir: „Wenn Sie das abschaffen, dann kreiden Ihnen die Leute das an, das ist unsozial, wenn man den Arbeitern diese Frauen wegnimmt."
LUEGINSLAND: Die Leute wollen also den Preis akzeptieren und dafür ein g'standenes Mittagessen auf den Tisch?
Walter: Ja, das wollen sie. Aus den Kochtöpfen, obwohl das für Thosti eine völlig unrentable Sache ist.
LUEGINSLAND: Anderes Thema: In letzter Zeit scheint es unter den Augsburger Firmenchefs Mode zu werden, die Stadtväter mit Abwanderungsabsichten zu erschrecken, um so Vorteile für den Betrieb herauszuschlagen. Sie, Herr Walter, drohten auch damit, als man Ihnen an der Stadt grenze zu Gersthofen wegen Ihrer Lagerhalle dort aufs Dach steigen wollte. Das war doch ein Schwarzbau, oder nicht?
Walter: Nein, das muß ich jetzt aufklären. Ich bin hierher gekommen und habe festgestellt, daß Thosti einige Probleme hat. Eines davon war die Tatsache, daß man sich nach einem neuen Lager und Bauhof umschauen sollte, weil das Gersthofer Gelände von der Stadt nicht mehr geduldet wird. Ich habe nicht gedroht, das ist eine Fehlinterpretation, ich habe nur die Wahrheit gesagt. Ich habe mit Herrn Wohlfahrt (Bürgermeister von Königsbrunn. Die Red.) verhandelt und mit Herrn Meichelböck (Stadtbaumeister von Gersthofen. Die Red.). Der Grund allein hätte mindestens 8 Millionen DM gekostet, mit Gebäuden wäre das auf mindestens 20 Millionen gekommen. Das könnte Thosti gar nicht verkraften. Folglich sagten wir uns, wenn wir dort unten nicht bleiben dürfen, dann ziehen wir uns auf das Recht zurück. Die Stadt Aiesburg müßte uns quasi aussiedeln, wie man einen Bauernhof aussiedelt. Genau der gleiche Dreck wie bei der AZ.
LUEGINSLAND: Die Auftragssteigerung in der Baubranche kam in vergangenen Jahren aus dem Wohnungsbau. Thosti Augsburg scheint dagegen mehr auf Tiefbau zu setzen — wir stehen ja auchmitten im Parkhaus — und Tiefgaragenboom —. In welcher Höhe wurden im vergangenen Jahr städtische Gelder im Augsburger Thosti-Geschäft verbetoniert?
Walter: Das kann ich aus dem Handgelenk nicht sagen.
LUEGINSLAND: Wenigstens ungefähr?
Walter: Ich schätze, daß wir entsprechend unserer Größe den Anteil am städtischen Investment haben, der uns zusteht. Nicht mehr und nicht weniger als andere Firmen bezogen auf ihre Größe.
LUEGINSLAND: Aber der Löwenanteil kommt doch wohl von der öffentlichen Hand?
Walter: In Augsburg nicht, aber bundesweit ja.
LUEGINSLAND: Die Steuerabgaben fließen atso auf diesem Wege schon wieder in's Unternehmen zurück?
Walter: Ja.
LUEGINSLAND: Ihr Vorstoß in die Augsburger Parkhaus-Landschaft löste in der Thosti-Chefetage sicher Applaus aus. In der Öffentlichkeit ziehen dagegen andere Argumente. Stadtbaumeister Stab hält Ihre Ausfühmngen „in vielen Details für unrealistisch". Ein für die Autofahrer bedeutendes Detail ist die Parkgebühr. Realistisch ist, daß bei zu hoher Parkgebühr die Parkgarage nicht angenommen wird. Sie sprechen von „vernünftigen Preisen". Was verstehen Sie darunter?
Walter: Sie wissen ja, daß wir das Schaezler-Parkhaus bauen. Wenn Sie den Background von diesem Parkhaus kennen, dann wissen Sie mehr. Es war so, daß die Augsburger Kaufmannsschaft, vorsichtig ausgedrückt, einst formuliert hat: „Wir brauchen im Zentrum eine Tiefgarage oder ein Parkhaus. Man sollte zusammengehen und gemeinsam ein Parkhaus bauen." Sie hat dann Thosti mit dazugeholt als die Firma, die da beratend und tätig mit zur Seite stehen kann. Die Stadt war sehr angetan. Thosti hat das ganze Konzept gemacht, die Konstruktion, den Preis. Als dann der Vertrag auf dem Tisch lag, den jeder hätte unterschreiben sollen, da war Thosti plötzlich allein. Keiner mehr da!
LUEGINSLAND: Die Stadt?
Walter: Die Stadt war nur beratend und unterstützend tätig gewesen, hat sich aber dann an uns gewandt: „Jetzt seid Ihr soweit vorgestoßen, laßt Ihr es nicht auch noch fallen. Sie hat die Thosti mehr oder weniger dazu überredet . Nun macht Thosti auf eigene Faust die Tiefgarage. Wir zahlen alles, wir machen alles! Da ist keiner da.
LUEGINSLAND: Was wird der Autofahrer berappen müssen?
Walter: 50 Pfennig die Kurzzeitparkplätze ind eine Mark die anderen Parkgebühren, edenfalls die billigsten Parkgebühren, die über in Augsburg da waren. So würde es auch in der Maximilianstraße zu machen sein, nur müßte man verhire tern, daß die Geschäftsleute wieder ab- erringen. Ich wurde diesmal die Leute entprechend vertraglich binden. Die Maxiailianstraße könnte, das ist keine Überreibung, ich kann es belegen, finanziert /erden:
a) mit Zuschüssen, die als Mietvorauszahlungen von den Geschäften kommen
b) Zuschüsse vom Land im Rahmen einer Städtesanierung. Jaumann hat es versprochen.
c) Zuschüsse von der Stadt, die die Stadt über das Land zum Errichten von Garagen erhält.
Somit würde diese Tiefgarage mit einem Minimum-Anteil der Stadt Augsburg zu finanzieren sein.
LUEGINSLAND: Wobei Sie von den Kosten ausgehen, die Sie selbst errechnet haben, jene Kosten von denen Stadtbaumeister Stab sagt, sie müßten doppelt so hoch ausfallen . .
Walter: Ich habe dem Herrn Stab und einer ganzen Truppe die Berechnung meiner Preise gegeben. Ich habe zu Herrn Stab erst neulich gesagt: „Herr Stab, sind Sie vorsichtig! Wenn Sie nochmal so etwas von sich geben (Stab sagte im Bayerischen Rundfunk, wenn er (I. Walter) für diese Preise garantiere, könne er schon morgen mit den Arbeiten beginnen. Die Red.), dann schicke ich Ihnen übermorgen eine Auftragsbestätigung. Ich mache das! Sie werden doch nicht glauben, daß ich Preise von mir gebe, auf die mich jede halbe Stunde einer festnageln kann.
LUEGINSLAND: Mehr als die Hälfte der Parker in der Maximilianstraße sind Dauerparker, die in dieser Straße oder den anschließenden Citystraßen beschäftigt sind. Ihnen kann ohne Schaden für das angesprochene Quartier eine Parkmöglichkeit außerhalb der Altstadt zugewiesen werden. Demnach bleibt ein echter Bedarf von etwa 200 Stellplätzen für Kurzparker übrig. Das sind Daten aus Forschungsergebnissen der Uni Augsburg („Die Maximilianstraße" Reihe Soziographische Hefte" des Lehrstuhls für Sozial- und Wirtschaftsgeographie. Paul Kieser Verlag Augsburg. Die Red.) Woher stammen Ihre Bedarfszahlen, nach denen Sie 880 bis 2640 Stellplätze veranschlagen?
Walter: Man braucht kein intellektueller Mensch zu sein, um das festzustellen: Nehmen Sie 200 Autos aus der Innenstadt heraus, ob Sie das überhaupt merken? Aus dem Verkehrsplan der Stadt Augsburg stammen meine Zahlen. Ich habe eine Analyse dieses Verkehrsplanes und Sie schnallen ab, wenn Sie das lesen. Bisher war ich der Meinung, die Maxiinilian-Parkgarage stünde im Gegensatz zum Verkehrsplan, aber dieser sagt ja längst aus, daß man zentrale Parkhäuser bauen muß. Lediglich als Ergänzung sollen Parkhäuser an der Peripherie gebaut werden. Der Generalverkehrsplan verlangt zentrale Parkhäuser.
LUEGINSLAND: Wir haben das im Generalverkehrsplan nicht gefunden.. •
Walter: Steht eindeutig drin!
LUEGINSLAND: Wo bitte?
Walter: Da schauen Sie. Es steht unter anderem drin: „Durch die Anlage von Park-and-ride-Plätzen ist im Außenbereich der Stadt ein gewisser, wenn auch geringer Teil des Parkbedarfes abzudecken. Wichtig ist eine zusätzliche Aktivierung der Park-and-ride-Plätze durch die Anlage von Tankstellen, Verkaufsständen etc."
LUEGINSLAND: Das haben wir auch gelesen, aber von einer konkreten Stellplatz- Zahl in der Innenstadt ist nicht die Rede. Es sieht also so aus, als wollten Sie den Einkaufsverkehr von den bestehenden und projektierten Parkhäusern weg über den Milchberg unter die Maximilianstrasse locken — nach dem Motto: Angebot schafft Nachfrage. Sollten gar noch PKW- Fahrer dazustoßen, die jetzt noch vor den Toren der Stadt in den großen Einkaufsmärkten haltmachen? Denn Beobachtungen bei Zählungen haben ergeben, daß in der Maximilianstraße, selbst im Bereich des Moritzplatzes, heute nur wenige Einkaufskunden aus der City parken.
Walter: Der Gesamtverkehrsplan sagt klar aus, man soll in der Innenstadt die Blechlawine in Parkhäuser verstauen, Die Stadt soll demnach Parkraum zur Verfügung stellen.
LUEGINSLAND: Das tut sie doch.
Walter: Sie stellt ihn zur Verfügung westlich der Fuggerstraße, das Schaezlerhaus und am Bahnhof noch etwas — ich meine, das reicht aus. lind östlich der Fuggerstrasse? Das Ernst-Reuter-Haus, das Parkhaus in der Ludwigstraße und damit hat sich's!
LUEGINSLAND: Und an der Vogelmauer?
Walter: Noch nicht. Das an der Vogelmauer ist meiner Meinung nach nur ein Parkhaus für Bürger, die in der Altstadt wohnen. LUEGINSLAND: Als solches ist es doch wohl projektiert? Walter: Nein!
LUEGINSLAND: Die Bürgerinitiative fordert es für sich und soll es auch bekommen
Walter: Ja, gut. So ist es aber nicht von der Stadt gedacht, das muß man wissen. Von der Stadt ist gedacht, daß dieses Parkhaus von Innenstadt-Besuchern genutzt wird, die mit dem öffentlichen Verkehrsmittel den Rest des Weges zurücklegen. Das findet mit Sicherheit nicht statt. Einer der in die Stadt will, der fährt wieder in die Altstadt zum Parken,
LUEGINSLAND: Wegen der zweihundert Meter?
Walter: Die Stadt hat es selbst bewiesen: Das Plärrergelände und das Siemensgelände sind doch nicht angenommen worden, trotz kostenloser Bus-Fahrt in die City.
LUEGINSLAND: Eine andere Sache ist, daß vor allem die Frauen Großgaragen, die nicht überschaubar sind, meiden.
Walter: Ja, das habe ich gehört. Das sind Einzelfälle, so viele Parkplätze bleiben außerhalb der Tiefgarage bestehen, damit die paar Frauen unterkommen. Man müßte sie zum Psychotherapeuten schicken, aber das kann man nicht machen. Die Masse geht jedenfalls hinunter.
LUEGINSLAND: Das „Schächterle-Gutachten", Stand 1979, kommt zu dem Ergebnis: „Eine Schließung der Durchfahrt durch die Maximilianstraße in Höhe Moritzplatz ist zur Zeit nicht zu empfehlen". Das widerspricht klar Ihrer Konzeption, den Einkaufsbummlern dort eine Fußgängerzone zu Füßen zu legen.
Walter: Nicht im Sinne einer Fußgängerzone wie in der Annastraße. Die Straße soll blechfrei werden und natürliches Leben erhalten: Bänke, Spielplätze, Bäume, Sitzanlagen um die Brunnen, eine „Klage- Mauer", für die Bevölkerung, an der sich jeder über seine Probleme auslassen kann.
LUEGINSLAND: Und wenn dann politische Gruppen alles zuplakatieren?
Walter: Da kann man drüberkleben. Das ist für mich Demokratie, so können sich die Leute abreagieren.
LUEGINSLAND: Bei unserem Gespräch fällt auf, daß der öffentliche Personennahverkehr als wichtigste Stütze .. .
Walter: ... das ist nicht die wichtigste Stütze!
LUEGINSLAND: . .. bis jetzt noch nicht!
Walter: Das ist verkehrt! 60 % des Nahverkehrs bestreitet der Individualverkehr.
LUEGINSLAND: Das ist der status quo, da geben wir Ihnen recht. Sollten wir nicht versuchen, das abzubauen?
Walter: Ja, das sollte man schon versuchen, aber da müssen Sie den Menschen ändern und das schaffen Sie nicht, das schaffe ich nicht, das schafft niemand.
LUEGINSLAND: Aber in anderen Städten funktioniert es, wenn das entsprechende Angebot da ist.
Walter: Sie können Augsburg nicht vorwerfen, daß es keine U-Bahn hat.
LUEGINSLAND: Wäre das nicht eine Aufgabe für Sie, auch einmal Pläne für den Schienennahverkehr auszuarbeiten?
Walter: Nein, wenn ich damit komme, unterstellen mir die Leute zu Recht, daß ich ein Geschäft machen will. Für Thosti ist doch mein Engagement in Sachen Maximilianstraße negativ, das ist doch klar,
LUEGINSLAND: Jedenfalls können Sie sich nicht für Straßenbahnen erwärmen?
Walter: Ich kann der Stadt Augsburg nicht etwas auferlegen, was ich ihr nicht zumuten darf. Sie hat Schulden und muß schauen, daß sie über die Runden kommt. Stras• senbahn hat sie ja. Wo sie unrentabel ist, wurde sie abgeschafft. Die 6-er Linie war doch nur ein Verkehrshindernis. (Entlang der Friedberger Straße. Die Red.)
LUEGINSLAND: Damals, —heute bräuch• te man sie wieder.
Walter: Ja, vielleicht. Das weiß ich nicht.
LUEGINSLAND: Nicht nur den Stadtplanern geben Sie Nachhilfe, seit neuesten auch den Mathematikschülern. Ihre zweite „Jahrhundert-Idee"?
Walter: Ein Nachhilfe-Buch in Mathematik hat es bisher nicht gegeben. Und ich sage es mit Stolz: Meines ist supergut!
LUEGINSLAND: Es gab auch Kritik.
Walter: Wenn jetzt so Scheiß-Schmierer kommen und so tun, als hätte ich verheim licht, daß ich hundert andere Bücher dazu verwendet habe, dann ist das schlechthin nicht nur ein mieser Stil, sondern eine Sauerei.
LUEGINSLAND: Welche Schmierer?
Walter: Das habendie Zeitungen gemacht. Der Augsburger dpa-Mann, ich kenne ihn nicht, ich habe ihn noch nie gesehen, der hat mich nur angerufen. Der hat alles inszeniert: Diese Sau, diese dreckige.
LUEGINSLAND: In welcher Zeitung?
Walter: Nicht in Augsburg, aber außerhalb hat er seinen Dreck verzapft. Wenn ich ihn einmal treffe, dann haue ich ihm eine 'rein, wenn keiner dabei ist. So ein Schwein.
LUEGINSLAND: Die Bild-Zeitung erkor Ihr Werk zum „Buch-Tip der Woche". Wie haben Sie denn das geschafft?
Walter: Rufen Sie bei der Bild-Zeitung an, wie die dazu kommen. Das interessiert mich selber, ich weiß es nämlich nicht.
LUEGINSLAND: Die werden nicht gewußt haben, daß die 1. Auflage schon vergriffen ist.
In diesem Sinne dankt der Verlag LUEGINSLAND dem Verleger Ignaz Walter für das Gespräch.
.GESCHÄFTE
Stadtsparkasse zufrieden
Insgesamt zufrieden zeigten sich Präsident Hans Strauch sowie die Vorstandsmitglieder Willi Lehmann und Eduard Kobold mit dem Geschäftsverlauf 1978 der Stadtsparkasse Augsburg. Die Bilanzsumme 1978 weist 2.396.504.092,39 DM aus, was einem Zuwachs gegenüber dem Vorjahr 1977 von 9,9 % entspricht. 3.245.280,78 DM hoch ist der Bilanzgewinn, wobei noch 3 Millionen hinzukommen, die als Rücklage gebildet wurden
(Rücklagen insgesamt 70.051.322,17 DM).
Im Hypothekengeschäft konnte die Stadtsparkasse als größter Hypothekengeber in Augsburg einen zweistelligen Zuwachs (unter Berücksichtigung der Tilgung) von -h 11,3 % (Vj + 8,2 %) verbuchen. Diese Entwicklung ist zweifellos dem starken Anziehen der Baukonjunktur zu verdanken. Zunächst erwartet man eine weitere Belebung in diesem Bereich, ist jedoch skeptisch (durch die kräftig gestiegenen Baupreise von 20 - 25 %) und befürchtet eine Abschwächung der Nachfrage.
Daß nicht nur Schulden gemacht werden, sondern auch fleißig gespart wird, beweißt das pro-Kopf-Sparaufkommen der Augs-Bürger von 7.037,00 (Vj. 6.474,00). Der Bundesdurchschnitt lag bei 4.745,00 im Jahr 1978 (Vj. 4.410,00).
Insgesamt registrierte die Stadtsparkasse Augsburg einen Zuwachs im Sparaufkommen von 9,1 %.
Zugenommen hat auch die Zahl der Betriebsangehörigen von 878 (1977) auf 919 (1978) Angestellte.
Zur Verfügung
Eine Gewerblich-technische Bildungsstätte GmbH (gtb), wurde im April an der Ulmer Straße 60 eröffnet. Diese überbetriebliche Bildungsstätte für Erwachsene im Regierungsbezirk Schwaben, die von IHK, Kolping und Diözesanverband getragen wird, soll qualifizierte Facharbeiter ausbilden. Insgesamt stellt die gtb 90 Plätze für die Umschulung in Metall-, Holz-, und Textilberufen zur Verfügung.
Noch zuwenig
Das neue Veranstaltungsprogramm, mit Lehrgängen, die bundesweit anerkannter, qualifizierter Prüfung wie zum Beispiel Industriefachwirt/Handelsfachwirt IHK, Personalkaufmann 11-1K, Sekretärin IKH oder Meisterkurse verschiedener Fachrichtungen. Als ein Schwerpunkt des Bildungszentrums hat sich laut IHK in den vergangenen Jahren der Sprachbereich entwickelt. Fünf Sprachlabors bieten 1000 Teilnehmern pro Trimester Platz. Für die Anfängerlehrgänge ist das immer noch zu wenig. Beim Bildungszentrum der Industrie- und Handelskammer für Augsburg und Schwaben, Telefon 0821/3162-217 kann das neue Veranstaltungsprogramm jederzeit angefordert werden.
10 Millionen Mark
kostete das 30 m hohe, 60 in lange und 40 in breite, neue Zentrallager der M.A.N. Augsburg. Gemeint ist damit der chamoisfarbene „Klotz" beim M.A.N.-liaupttor. Auf 9384 Stellplätzen in vier Gassen zu je 23 Ebenen finden 30 Mitarbeiter hochmoderne Arbeitsplätze vor. Neben diesem „Große-Trümmerlager" gibt's auch ein Kleinteilelager (Schrauben, Deckel, Bleche usw.) mit 19388 Stellplätzen in sechs Gassen mit je 33 Ebenen. 225 Tonnen Beton wurden für die Grundplatte des Gebäudes eingebracht. 480.0001 Löschwasser sind ständig im Keller für einen eventuellen Brand vorrätig. übrigens: Stadt- baumt Stab lehnte eine gestalterische Betonung des Gebäudes ab, obwohl MAN selbige bezahlt hätte.
Afa 79
Der Besuch der "afa 79" auf dem Augsburger Ausstellungsgelände am Witteisbacher Park soll heuer besonders für die Jugend attraktiv sein. Ausstellungsleiter Otto Möck, Geschäftsführer der Augsburger Ausstellungs-GmbH, legt Wert auf die Darstellung möglicher Problembewäl‑
tigungen von Charakterisierung von Selbstverwiridichungs-Chancen für die Jugend. Das bedeutet ein Großaufgebot von Sport- und Hobbyclubs, die an bestimmten Tagen ihre speziellen Initiativen auf Aktionspodien demonstrieren.
Ebenso sind Schwerpunkte der großen Wirtschaftsausstellung Baufertigteile, Innenausbau, Heimwerker-Neuigkeiten, Einrichtung, Energie und Heizung, Gartengestaltung sowie Arbeitsmechanisierung in Haus, Garten und Landwirtschaft. Bei diesem reichhaltigen Angebot ist es kein Wunder, daß die Ausstellungsleitung mit circa 116.000 Besuchern rechnet.
Weitere Minuspunkte
Abgelehnt werden von der Handwerkskammer für Schwaben und Augsburg die Pläne der Bundesbahn, die Schienenstrekken Augsburg-Ingolstadt und Augsburg- Weiden (LUEGINSLAND Januar: "Braucht Weiden einen Flugplatz?") auf die Straße zu verlegen.
"Pick-Up" nennt sich der ungewohnte Autoaufbau.
Huckepack
Eine Neuheit auf dem Caravan-Markt stellt sich in diesem Jahr auf der Augsburger Frühjahrsausstellung afa 79 vor: der FFB Auto-Camper, ein Aufbau, der den eigenen PKW mit wenigen Handgriffen zum Wohn. mobil macht. Während der Fahrt ist das "aufgepackte Wohnzimmer" (mit Doppelbett, Gaskocher, Spüle und Ablageflächen) windschnittig an die Karosserie des Fahrzeuges angeschmiegt.
Es ist mit Spannung abzuwarten, inwieweit diese 4.285,— DM-Idee den Campingmarkt revolutionieren wird. "Jeder noch so billig gehaltene Ausbau eines herkömmlichen Kleinbusses" erwarten die Hersteller "wird unrentabel".
Vertrieb des Auto-Campers: FWG Freizeit und Wohnmobil GmbH, Göggingerstr. 54, 8900 Augsburg, Tel.: 0821/574509 oder 51422
Früher Abbau der winterlichen Saisonarbeitslosigkeit
Im Bericht des Augsburger Arbeitsamtes setzte sich im März der Abbau der witterungsbedingten Saisonarbeitslosigkeit zügig fort. Am Monatsende bestand saisonbedingte Arbeitslosigkeit nur noch in geringem Umfang. Die Höchstarbeitslosigkeit des vergangenen Winters mit 8.517 Arbeitslosen wurde bis Ende März um 1.798 (21,1 Prozent) abgebaut. Dieser Rückgang war prozentual der stärkste seit 1972.
Die rasche Abnahme der witterungsbedingten Arbeitslosigkeit vollzog sich hauptsächlich im Gesamtbereich des Bauwesens; in der übrigen Wirtschaft machte sich eine Frühjahrsbelebung erst zögernd bemerkbar. Trotzdem scheint der Arbeitsmarkt von dem Aufwärtstrend zu profitieren, in dem sich die Augsburger Wirtschaft derzeit befindet und es bleibt zu hoffen, daß sich die bisherige Konjunkturbelebung noch stärker auswirkt. CK
In Angriff
Alle Mitglieder des Verwaltungsrates der Hessingschen Heilanstalt informierte Bürgermeister Kotter (CSU) über die fachaufsichtliche Genehmigung für den Neubau der Orthopädischen Klinik. "Ergänzend dazu möchte" Dr. Kotter dem Verwaltungsrat mitteilen, "das als nächster Schritt die beschleunigte Erstellung der eingabereifen Bauplanung bereits in Angriff genommen worden ist."
Mehr Geld — weniger Feuer
Die Regierung von Schwaben hat wiederum zahlreichen Gemeinden des Regierungsbezirkes Zuschüsse des Freistaates Bayern
zur Förderung des Feuerlöschwesens in einer Gesamthöhe von rund 1,9 Millionen bewilligt.
DAS THEMA
UM JEDEN PREIS
Harrisburg hat mit ungeheuerer Dramatik das Problem der Kernkraft-Technik wieder in's Licht der öffentlichen Meinung gerückt. Viele Politiker, die bisher rückhalt- los die Kernenergie unterstützt haben, lassen jetzt eine vorsichtige Haltung erkennen. Vielleicht nur deshalb, weil man glaubt, rechtzeitig sein Fähnlein nach dem Wind richten zu müssen.
Nun, auch nach dez Beinahe-Katastrophe von Harrisburg kann man nicht von einer grundlegenden Bewußtseinsveränderung der Bevölkerung sprechen. Dieses Verhalten eines Volkes sollte der Atom-Lobby sowie den Kernkraftgegnern Anlaß zu gründlichem Nachdenken geben. Denn augenblicklich herrscht eine totale Verunsicherung der Massen für oder wider die Atomkraft vor. Erscheinen doch die Argumente der Verfechter für die Kernkraft, die eine düstere Zukunft ohne Wachstum ausmalen, wenn es nicht genügend Kernenergie gibt genauso einleuchtend wie die Gegenargumente der „Ablehnungspartei", die von einer Bedrohung des menschlichen Lebens durch die Kernenergie sprechen. Hier scheinen beide Parteien in erster Linie auf die Gefühle der Menschen zu zielen und zu versuchen, mit der Angst die nötigen Kräfte für ihre Interessen zu wecken. Allen, die diese Art von Politik betreiben, sei ein klares: „Bis hierher und nicht weiter" gesagt. Die Bewohner einer Demokratie haben ein Recht auf klare und wahre lnformationen. Wir alle wissen, daß eine Menge Arbeitsplätze durch die Kernenergie entstanden sind. Man sollte auch glauben, daß die Menschen in der Lage sind, Risiken abzuschätzen und einzuordnen. Nur eine rückhaltlose Information der Bevölkerung kann dazu beitragen, daß die Gefahren und das Wohl, das aus der Kernkraft entspringt, gemeinsam getragen werden.
Daß die Kontrahenden diesen Schritt bisher nicht getan haben, läßt die Vermutung aufkeimen, beide Parteien haben zu starke Interessenverbände im Rücken, um objektive Information zu betreiben. Eines darf als gesichert gelten, ehrliche Information ist den Bürgern lieber, als das Ausmalen von düsteren Zukunftsaussichten. über den Ausgang der Bewußtseinsbildung in der Bevölkerung kann man nur mutmassen. Hier aber setzt auch die Angst der Atom- und Atomgegner-Lobby ein, keiner weiß, wie sich der mündige Bürger verhält. Ist er bereit, bei tatsächlichen Gefahren der Kernkraft diese, um jeden Preis eines gesicherten Wohlstandes für sich und seine Kindeskinder in Kauf zu nehmen, oder sind die Menschen willens, einer „gesicherten" Zukunft wegen, Einschränkungen und Opfer zu bringen. So oder so, es fordert von allen Mut zu Wahrheit, denn letztlich geht es jeden an. Hier kann keiner mit Pilatus sagen: „Ich wasche meine Hände in Unschuld". -IR
Das Glasscherben spiel
Wohin das Altglas wandert
Überall in der Bundesrepublik tauchen kompakte Kästen mit ofenrohrgroßen Löchern auf, um den Bürger von seinem mülltonnenverstopfenden Glasabfall zu befreien. Diese, von Privatunternehmen gesteuerte, von den Kommunen begrüßte und unterstützte Maßnahme findet ihre Ursache nicht in plötzlich aufkeimender Humanität. Genau durchkalkulierte, wirtschaftliche Interessen bilden die Basis für ein großes Glasscherbenspiel, das Recycling heißt. Altglas—Recycling, vor einigen Jahren von der Hohlglasindustrie ins Leben gerufen, um ein Verbot oder eine Beschränkung des Einsatzes von Einwegflaschen zu entgehen, um das Anwachsen der Mülldeponien zu verhindern und um teueres Heizöl beim Schmelzen zu sparen, entwickelt sich zum lukrativen Geschäft.
Scherben bringen Geld; diese neue Erkenntnis der Glashütten basiert auf drei Ebenen.
Der juristischen:
Wenn die Glasindustrie einen großen Teil der Einwegflaschen über das Recycling zurückholt, gibt sie der Bundesregierung keine Handhabe, von ihrer Ermächtigung aus Paragraph 14 des Abfallbeseitigungsgesetzes von 1972 (Beschränkung der Einwegverpackungen aus Glas, sofern ihre Beseitigung einen zu hohen Aufwand erfordert) Gebrauch zu machen.
Der ökonomischen:
Im Gegensatz zu den konventionellen Rohstoffen (Feldspat, Kalk, Soda, Sand) brauchen die Scherben nicht den wärmeverzehrenden chemischen Reaktionen unterworfen zu werden, die das Glas zum Fließen bringen. Eine Einsparung von zehn Prozent Energie, meist schweres Heizöl, schlägt hier zu Buche.
3. Der wirtschaftlichen:
Abwendung von der guten, alten Mehrweg- flasche, da zuviele Pfandflaschen außerhalb der Hohlglasindustrie, zwischen Brauereien und Konsumenten zirkulieren — Sammeln, Transport und Reinigung von Mehrzweckflaschen erreichen einen erheblichen Kostenfaktor.
Außerdem werden noch physikalisch—hygienische Aspekte bei Sekt— und Babyflaschen berücksichtigt.
Gläserne Umweltachse Augsburg — Bad Wurzach
Keine goldene Nase dagegen verdienen sich die Subunternehmer, welche die Altglas-Recyclingsfirmen benötigen, um ihr Rohstofflager zu füllen. Sie sind das zweite Glied in der geschlossenen Kette Verbrau- cher—Spediteur—Recycling—Glashütte— Abfüllindustrie—Verbraucher. Für das reibungslose Funktionieren der gläsernen Umweltachse Augsburg—Bad Wurzach (Sitz der Glashütte Oberland und der Recyclingfirma Fischer) ist ein Zwei—Mann‑Betrieb aus Wiffertshausen verantwortlich. Gerda und Heinz Reischl besitzen die in Augsburg aufgestellten Container. In Zusammenarbeit mit dem Bund Naturschutz, der den Füllungsprozeß überwacht und einen gefüllten Container nach Wiffertshausen meldet, verrichten sie die eigentliche umweltfreundliche Arbeit. 70 — 80 Tonnen Augsburger Altglas wandern monatlich auf den Bad Wurzacher Glasberg zur Wiederverwertung. Weniger als ein Drittel des gesamten Glasrohstoffes, den Heinz Reischl der Firma Fischer liefert. Heinz, 24 Jahre alt, sammelt Scherben von Brauereien und Weinkellereien aus ganz Bayern, um sie dann für 70 DM pro Tonne der Recyclingfirma in Bad Wurzach zu verkaufen. Zwischen 500 und 700 Kilometer legt er täglich mit seinem LKW zurück.
Der Bürger muß mitziehen
Obwohl die einzelnen Stellplätze für die Container vom Stadtreinigungsamt des öfteren durchdacht und verändert wurden und trotz der störungsfreien Zusammenarbeit zwischen Bund Naturschutz und der Firma Reischl, wird die Kapazität bei weitem nicht erfüllt. Weniger als 500 gr. trägt jeder Augs- Bürger monatlich zu dem dafür vorgesehenen Container. Bei einem Glasverbrauch zwischen 3 5 Kilo pro Haushalt bedeutet dies, daß über 80 Prozent des durch neue Technologien wertvoll gewordenen Glasrohmaterials den Weg der Städtischen Müllabfuhr einschlägt und auf der Halde verkümmert.
"Was verstehen Sie unter Recycling?" Von den auf der Straße angesprochenen Leuten wissen die wenigsten die richtige Antwort: Alle Maßnahmen, die darauf abzielen, aus Abfällen Stoffe zu gewinnen, die erneut einem Produktionsprozeß zugeführt werden können und der Herstellung volkswirtschaftlicher Güter dienen.
Durch Flugblattaktionen versucht das Stadtreinigungsamt der Unwissenheit entgegenzuwirken. Eine Maßnahme die es zu unterstützen gilt. Das in der Tat ökologisch, ökonomische Altglasrecycling läßt Produktionspreise zu, die mit denen der Plastikgefäße konkurrieren können. Sogar die längst vergessene Milchflasche rückt wieder in den Blickpunkt der Glashütten.
Siefgried Zagler und Arno Loeb
Sport
EinVirus geht
In Augsburg wütet seit Jahrzehnten ein unheimlicher Virus, der alles und jeden, die im Bereich Leistungssport überregionales Aufsehen erregten, gnadenlos anfällt und beinahe augenblicklich niederzwingt. Für den Außenstehenden ist diese rätselhafte Erkrankung nur an einem einzigen Symptom erkennbar — der daran Erkrankte verschwindet. Sie glauben das nicht? Wirklich noch nie davon gehört? Nun, mögen folgende Beispiele, die bei weitem noch nicht vollständig sind, Ihre Zweifel beseitigen. Fall 1: Wunderlich Erhard
Da wächst und wächst in der Handballabteilung des FC Augsburg ein schlaksiger, blonder Jüngling nicht nur körperlich (Körpergröße ca. 2,04m), sondern auch sportlich zu einer auffallenden Erscheinung heran und schwupps — der große Blonde mit dem wurfgewaltigen Arm verschwindet. Wie sich bald herausstellen sollte, zwar "nur" bis ins Bergische Land, genau bis zum VFL Gummersbach, aber — er verschwindet.
Zufall?
Fall 2: Steger Claudia
Schon von frühester Jugend an machte ein hübsches Mädchen aus dem Augsburger Süden alle Leichtathletikexperten der Fuggerstadt ganz kribbelig. Eine Sprinterin hoher Klasse versprach sie zu werden, schneller gar als die Szewinska. Sie widerstand deni Virus sogar eine erstaunlich lange Zeit, und als niemand mehr mit dem Ausbruch der Krankheit rechnete, geschah es doch — sie verschwand. Für Interessierte, sie entschwand in Richtung Leverkusen. Immer noch nicht überzeugt? Glauben Sie noch immer an diese lächerlichen Gerüchte, da wären bessere Trainer und Trainungsbedingungen, das fade Augsburger Publikum oder gar Geld am Verschwinden der Augsburger Spitzensportler mitverantwortlich? Glauben Sie mir, der Virus war's.
Fall 3: Wünschig Max
Aus der Anonymität der vielen guten Tennisspieler riß eine errungene Deutsche Hallenmeisterschaft den besten der Augsburger Tennisgilde. Diesmal packte der Virus sofort zu und jede Gegenwehr kam zu spät. Augsburgs Nr. 1 löste sich noch während der Siegesfeiem plötzlich in Luft auf und materialisierte sich erst wieder im fernen Amberg.
Sie neigen nun auch langsam dazu, sich der Virusfront anzuschließen. Vielleicht noch ein Fall aus der jüngsten Zeit: zur Stärkung der neugewonnenen Überzeugung? Fall 4: Lösch Henry
Ein schwer verdauliches Osterei bescherte uns der Virus zu Ostern. Ohne Vorwarnung ließ er den deutschen Bowlingmeister 1977 und mehrmaligen Bundesranglistenersten verschwinden. Zur Freude des in Berchtesgaden ansässigen Bowling— Clubs, dem diesmaligen Nutznießer des Augsburger Virenübels.
Damit Sie in Diskussionen mit Anhängern irgendwelcher obskurer Abwanderungstheorien, außer der Wissenschaft, auch noch die beweisträchtigen Namen anderer Virusopfer zitieren können, hier noch eine kleine Auswahl von Erkrankten: Lechner Josef, Haller Helmut, Nentwich Miro, Schuster Bernd, Lohner Ernst, Lechner Georg jun., Höfner Ernst, Meitinger Holger usw., usw.
Die Augsburger Großvereine AEV und FCA allerdings haben beschlossen, dem Virus das Leben so schwer wie möglich zu machen. Ihre Therapie, die auch erste Erfolge zeigt — sie spielen absichtlich schlecht, um so den Virus nicht auf neue potentielle Opfer aufmerksam zu machen. HA
Gratulation
Die Prominentenfußballmannschaft
„Datschiburger Kickers" überreicht durch ihren Kapitän Max Gutmann dem Augsburger OB Hans Breuer Mitte Mai die • millionste Mark für wohltätige Zwecke. Damit erzielten die Spieler ein Ergebnis, das in der BRD noch von keiner vergleichbaren Mannschaft erreicht wurde. In den Reihen der "Datschiburger Kickers" spielen und spielten so bekannte Sportgrößen wie Helmut Haller und Lude Schlump
Cafe Lueginsland
Was soll ich tun?
Manfred Wrobl, Lehrer
Die Lehrer sind wieder im Gespräch. Für eine Arbeitszeitverkürzung der Lehrer plädiert die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) und betont, im Notfall diese Forderung mit Kampfmaßnahmen zu erzwingen. Weit auseinander gehen die Meinungen der Eltern. Wohin schiebt man den unbeliebten Berufsstand? Pauker oder Pädagoge? Kein oder wenig Einblick des Bürgers in den Schulalltag lassen oft ein unklares Licht auf jenen Personenkreis fallen, der die Hauptverantwortlichkeit für das Bildungsniveau eines ganzen Volkes trägt. Ein Lehrer im "Cafe Lueginsland": Schon lange geplant und trotz der Spiegeltitelgeschichte "Sind die Lehrer faul?" oder gerade deshalb, im Maiheft zu Gast. In Manfred Wrobel, 34 Jahre, Oberstudienrat und seit 1971 im Bayernkolleg als Gescbichts-, Sozialkunde- und Deutschlehrer tätig, fanden wir einen Gesprächspartner, der weder ein alter Hase noch ein Jungfuchs ist und allgemein als salopper, geselliger Lehrertyp gilt.
"Mit einem Bein steh' ich fast immer im Gefängnis", befürchtet Wrobel die juristischen Auswirkungen seiner wilden Kopiertätigkeiten aus copyrightgeschützten Büchern. "Aber was soll ich machen, wenn ich einen aktuellen Geschichtsunterricht bringen will", geht der junge Oberstudienrat im schicken Rautenpulli auf die Schulmisere ein. "Die Verlage machen da nichts mehr, weil sich alle Momente der Lehrplan ändert." Und wie steht er vor seinen matritzensüchtigen Schülern da, wenn er ohne einen dicken Schwung Arbeitsblätter ins Klassenzimmer kommt? "Die würden mich direkt verwundert anschauen ... " Der Materialaufwand ist seit Wrobels Einstieg in die Lehranstalt gewaltig gewachsen: "Die Qualität, die wir von der Schulreform erwarteten, ist inzwischen in Quantität ausgeartet." Enttäuscht wirkt er nicht, eher verwundert darüber, wie sich in seinen neun Lehrerjahren "die Sache verselbständigt hat." Die Sache, das ist nervende Bürokratie, auslaugende Verwaltungsarbeit. "Vor lauter Verwaltungsarbeit kommt man gar nicht mehr zum Unterrichten". Durchschnittlich kommen laut dem Kollegpädagogen auf zwanzig Unterrichtsstunden fünfzehn Verwaltungsstunden. Wrobel befürchtet als düstere Schulzukunft eine Metamorphose vom Lehrer zum reinen Verwalter. Leistungsdruck an allen Ecken und Enden zwingt nicht nur die lernstoffmalträtierten Schüler zur Wissensanhäufung, sondern ebenso die Lehrer zu umfangreichen Vorbereitungen für ihre Stunden. Gleich dreifach wird ihm die Leistundsdaumenschraube angesetzt: anspruchsvolle Schüler der Kollegstufe, Hierarchie der Schule (Ministerium, Direktor, Kollegen) und in den Gymnasien von den Eltern. Zweck der Kollegstufe soll eine Verbesserung der Studierfähigkeit sein. Vorbild war das amerikanische College. Mit dem typischen deutschen Perfektionismus hat man jedoch allenfalls eine Verwissenschaftlichung erreicht. Aus Fächerwahl wurde Fächerqual. "Das Schöne, Wahre, Gute", wie es vom bayerischen Kultusministerium proklamiert wird und durch die Lehrer an die Schüler pädagogisch vermittelt werden sollte, fällt für Wrobel völlig unter das Pult.
"Eigentlich wollte ich ja zwei Wochen in den Osterferien fortfahren" witzelt der Oberstudienrat zum Thema Ferien, "doch ich bin bloß eine Woche weggefahren, weil ich mich schon wieder vorbereiten muß und einiges zu korrigieren habe." Ob der Streß nicht durch Ferienreduzierung gemildert werden könnte? "Unmöglich", Wrobel weist auf die Elternwünsche für die Feriendauer ihrer Kinder hin.
Die Frage, ob Pädagogische Assistenten eine erhebliche Erleichterung im Schulbetrieb bedeuten, beantwortet Wrobel mit Nein. "Psychologen wären für Lehrer und Schüler weitaus notwendiger."
Nach vierstündigem Gespräch hat es Manfred Wrobel geschafft: Unser Bild vom Faultier der Nation zerbröckelt. Wrobel hat uns bekehrt: der Lehrer ist ein schuftendes, schnaubendes Arbeitspferd, das großen psychischen Ballast durchpflügt und kurz, so Wrobel, "vor dem Sprung in die Klapsmühle steht ... "
Flirt - Auf dem Rummelplatz
"Ich kauf mit eine Handvoll Chips, dann geh ich zu dem Mädchen hin und frag sie, ob sie mitfahren will. Zwischendrin steig ich mal aus und stell mich wieder an die Auto-Scooter-Bande hin. Das Mädchen denkt sich, was ist jetzt, was macht der? Das macht einen interessant. So krieg ich fast jede rum". Kennenlernen ist auf dem Plärrer einfach, wenn man es will. Rosa gemalte Liebesportraits auf dem "Liebesbarometer" an der Schießbude. Trunken — von Bier und Liebe — sich Küssende auf den wackelnden Biertischbänken. Männer im schwarzen Leder mit ihren Motorradhelmen in der Armbeuge stolzieren wie Gockel durch die Budenstraßen. Toll aufgemachte Anpreiserinnen in den Kassenhäuschen schmatzen erotisch durchs Mikrophon. In der Geisterbahn fährt man nicht zum Erschrecken, eher zum Schmusen. Hier ist die nötige Dunkelheit. Genug Erotik zwischen flakkernden Leuchten, rasenden Rädern, knusprigen Erdnüssen, pappender Zuckerwatte.
Arthur's Kochecke
OFFENBARUNG FÜR CHINA-RESTAURANT GESCHÄDIGTE
Die Spitzenleistungen der internationalen Gastronomie haben mit unserem Buch nichts zu tun. So köstlich die berühmte kandierte chinesische Ente schmecken mag, nie hat sie der Kuli von der Straße auch nur zu Gesicht bekommen. Er muß sich mit einem mit Knoblauch gewürzten Brotfladen begnügen.
Daran sollte man denken!
Huguette Couffignal
Die gesellschaftliche „Linie" und die kulinarische sind bis dato noch nicht einheitlich zusammengefaßt. Es gibt nur wenige Autoren, die soziales Grimmen und gastronomisches Bauchgrimmen miteinander verbunden sehen. Mit dem „Schlaraffenland, nj/1=s in die Hand! Kochbuch für Gesellschaften, Kooperativen, Wohngemeinschaften, Kollektive und andere Menschenhaufen sowie isolierte Fresser" hatte Peter Fischer 1975 bei Wagenbach einen ideologisch straffen, aber nicht lustlosen Anfang in dieser Richtung gemacht. Für Fischer war es keine Frage, wo das Glück des einzelnen und das Glück der Kollektive zusammenkommt: beim Kochen und Essen!
Mit 7-jähriger „Verspätung" liegt nun seit 1977, aus dem Französischen übertragen von M. Junker-John und H. Junker, „Die Küche der Armen" von Huguette Couffignal vor. 300 Rezepte aus der dritten, zweiten, ersten aber vor allem armen und hungernden Welt enthält dieses kulturgeschichtlich ebenso interessante wie engagiert eingeleitete 384 Seiten umfassende Leinen-Buch (mit sauberer Fadenbindung und einem grünen Lesemerk er apart aufgemacht).
In einem einleitenden Essay über die Armen der Welt beschreibt Huguette Couffignal mit erschütternder Deutlichkeit den Mangel im Überfluß: Wer bisher glaubte, dem Phänomen der Armut nur durch die Flimmerkiste asiatisch oder afrikanisch zu begegnen, der wird hier eines besseren belehrt: „Das Glücksversprechen der Menschenrechte und die Gravierung in der Freiheitsstatue — für fünfunddreißig Millionen amerikanischer Armer, ein Fünftel der amerikanischen Bevölkerung, ist es leeres Gerede". Hunger — überall und in jeder Ecke der Welt — und doch wird angesichts der 60 Millionen Verhungerten jährlich.überall gegessen und gekocht:
Wie wäre es mit Tonfladen in Öl gebacken? Das ist kein schlechter Witz des Versandes, solches gehört zum täglichen Brot der Völker Venezuelas, Sibiriens, Siams, Indonesiens und Schwarz-Afrika. Am Schluß stehen bei solcher Speise dicke Bäuche und Tod durch Ersticken.
Das Buch von Huguette Couffignal ist ein engagiertes Buch, das allerdings keine Patentrezente anzubieten hat; ja es fehlt ihm — das ist zu bedauern oder nicht — jede Form eindeutiger ideologischer Lö-, sungsversuche für oder besser gegen den Hunger. Doch soviel wird deutlich: Unwissenheit und Tradition spielen eine nicht geringe Rolle bei der „Unterernährung", wie es so in bestem Statistik-Deutsch heißt.
Und auch dies spielt eine Rolle: Desinteresse und Desinformation in verrückter Kombination — da essen die einen nur noch Kartoffeln, wo einst eine reiche Gemüsepalette den Protein- und Vitaminhaushalt regelte, und den anderen geht jeder Begriff von Kohlehydraten ab.
So ist also dieses Buch kein „Nur-Kochbuch". Denn die Rezepte, auch wo man die 60 Seiten Einleitung gern überliest, haben nur dort Stirnrunzeln zur Folge, wo die Egozentrik der einzelnen zur Ethnozentrik vieler geworden ist
Das Buch besteht aus 2 Haupt- und 5 Zwischenkapiteln (Getreide und Mehl, Suppen, Pflanzen und Gemüse, Fleisch, Fisch und Käse, Getränke und Nachspeisen). Mit Kenntnis und Teilnahme wird es so manchem „China-RestaurantGeschädigten" und exotischen Gaumen- Spinner eine Offenbarung sein: Vom
„Tibetanischen Tsampa" (eine Art Haferflockenmasse mit Schwarz-Tee und ranziger Butter vermengt) bis zum euroasiatischen Dauerlutscher „Nasi Goreng". Das meiste ist jedenfalls geschrieben in Absehung der „internationalen Gastronomie". „ Hammelfleisch nach afghanischer Art " heißt unser heutiges Rezept aus der
„Küche der Armen".
500 g gehacktes Schaffleisch, gewürzte Tomatensoße, geriebene Minze, ein Bündel Lauch, frische grüne Zwiebeln, Joghurt (Zutaten).
Die Zubereitung: Das Fleisch anbraten, bis es die Farbe verloren hat. Tomaten, Gewürze, Minze zugeben und einige Mi‑
nuten lang kochen lassen, danach den fein- geschnittenen Lauch und die Zwiebel hinzugeben. Noch ein wenig weiterkochen lassen und mit etwas Joghurt anfeuchten. Mit gedünstetem Reis anrichten. Menge der Zutaten und Gewürze nach Wahl.
Ihr Arthur
Huguette Couffignal, Die Küche der Armen, März-Verlag Frankfurt/a.M., verlegt bei Zweitausendeins-Versand, ebenda, Postfach 710 249, S. 384, DM 17,90
kulturmagagazin
NEUES AUS DER
KULTURLANDSCHAFT
galerien
Betrifft: Kunst!"
Der Bildhauer Claus Scheele präsentiert Ende Juni eine Siebdruckmappe mit der Auflagenhöhe von 100 Exemplaren_ Die Mappe umfaßt 7 Kartons (65 x 50 cm); sechs Blätter sind 3-farbdrucke und eines ist als 6-farbdruck gearbeitet. Die Blätter stammen aus dem Jahr 1974, sind nummeriert und signiert. Ab Juni läuft auch das Subskriptionsangebot von 250,-- DM für jede Mappe (später 350,— DM).
Scheele in der Kneipe
Im Studentenlokal „St. Giorgio" ist Claus Scheeles neuestes Objekt zu sehen, wenn man nach oben schaut. Eine dicht verseifte Decke mit beweglich herabhängenden Stäben. So bleibt Scheele als einziger aktiv, wenn es um ungewöhnliche Kunst am Bau oder in diesem Falle im Bau geht. Kontakt: Claus Scheele, 8900 Augsburg, Hermanstraße 33.
Eigeninitiativen
In ihrem Bestreben, die künstlerische Atmosphäre an der Münchner Akademie der Bildenden Künste durch Eigeninitiativen der ehemaligen und noch tätigen Studenten der•Akademie zu verbessern (vgl. unseren Beitrag Lueginsland 79/3 „Kultur und Polemik"), hat die Arbeitsgemeinschaft um die Künstler und Kunstkritiker Götz, Knapp, Lange, Morschel, Schnell u. a. drei Arbeitsgruppen gebildet:
Arbeitsgruppe „Zusammenarbeit mit dem Kunstverein München"; „Präsentation — juryfrei — von Objekten in der Akademie und Publikation von Gedanken und Artikeln über die Objekte; „akademieunabhängige Künstler und Kunststudenten stellen gleichberechtigt aus". Alle drei Gruppen wollen durch dieses praxisnahe Konzept die Isolierung der Akademie aufheben; es werden noch Interessenten gesucht. Kontakt: Hansi Schnell, Nederlingstraße 85, 8000 München.
In der Filiale
„Schokoladenkrüge aus Manila", die im „Village of Tala", 25 Meilen von Manila,
handgetöpfert und dekoriert worden sind, kann man in der Filiale der Büchergilde Gutenberg (Fischertor) erwerben. Der Preis pro Stück 95,— DM.
Laufende Ausstellungen
Noch bis zum 27. Mai dauert die Architektur-Ausstellung („19. Jahrhundert in Augsburg") im Fletz des Rathauses; die Ausstellung „Stadtentwicklung von 1860 bis 1978" dauert noch bis zum 13. Mai (Unteres Fletz des Rathauses). Die Galerie Hassold (Ludwigstr. 24) zeigt nach der Goya-Ausstellung Bilder von Marc Chagall. Aquarelle von Karl Mostböck zeigt die „Galerie nach Sechs" (Maximilianstraße 85) bis zum 31_ Mai.
Jan Prein (Jahrgang 1940, Studium in Würzburg und München, seit 1966 freier Maler und Grafiker) stellt in der „Altstadtgalerie" (Weisse Gasse 7) aus. Die Malereien und Grafiken Prein's sind bis zum 5.5. zu sehen. Im „Orient-Kontor" (Steingasse 8) sind noch bis zum Monatsende „alte und antike Kelims aus dem Orient" zu sehen. In der „Treppenhausgalerie" (Kröll & Nill, Annastraße) stellt bis zum 4.6. Helmut Mayer Aquarelle, Zeichnungen und Radierungen aus.
Kulturdult in Augsburg — oder, wie man den Bürgern ein reichhaltiges Kulturangebot zu bieten versucht.
Wie vielleicht schon bekannt, plant man für die Zeit vom 20. bis 27. Oktober 1979
in Augsburg eine Kulturwoche, die von den Organisatoren auch als Kulturdult bezeichnet wird. Die für die Durchführung verantwortlichen Initiatoren sind das • Haus Kresslesmühle, das Akku-Theater, das Asta Kulturzentrum und der Jazz- Club. Die Stadt Augsburg, der Arbeitskreis Kultur der SPD-Fraktion u.a. beteiligen sich.
„Von Bürgern, für Bürger"
Dies soll ein Motto der Kulturdult sein. Ihr Ziei ist es, eine Alternative zu dem jetzigen Angebot zu schaffen und die Ansätze, die in den letzten Jahren sichbar wurden, zu verstärken. Durch ein vielfältiges Kulturangebot möchte man einen breiten Kreis von Interessenten ansprechen, neue hinzugewinnen, und nach Gelingen dieses ersten Versuches jährlich eine Kulturdult veranstalten. Um den Interessierten einen Überblick über den reichhaltigen Themenkreis zu geben, nun ein paar kurze Stichpunkte: 1. Kabarett; 2. Jazz (Blues); 3. Süddeutsche Folklore; 4. Internationale Folklore; 5. Gitarre; 6. Literatur; 7. Film und 8. Theater. Ak
Auftrittsorte sind der Barbarasaal (Hauptveranstaltungsort), die Komödie, die Kresslesmühle, Grauer Adler und das Jazzhouse vorgesehen, wobei sich als eventueller Nebenveranstaltungsort auch das
„Podium" anbieten würde. Die Aktionen, die zur Publikation der Kulturduft lerufen, sind unter anderem Plakat, und Programmverteilungen, eine Informationsbude in der Annastraße, Darbietungen einzelner Künstler in der Innenstadt und eine Ausstellung des Berufsverbandes Bildende Künste.
Um dem Leitspruch, „Von Bürgern, für Bürger" gerecht zu werden, will man interessierte Bürger bitten, Beiträge zu liefern und sich aktiv zu beteiligen. Weitere Einzelheiten über den Ab- und Verlauf dieser Aktionswoche werden wir in einem Gespräch mit den Initiatoren Ende Mai erfahren. Dann wird u.a. die Kostenfrage und das feststehende Programm (Termine einzelner Veranstaltungen) geklärt sein, über die wir dann an dieser Stelle wieder berichten werden.
J. P.5.
musik
Schloßkonzerte
In Leitheirn, unweit von Donauwörth, haben wieder die allwöchentlichen Schloßkonzerte im Rokokofestsaal bei Kerzenbeleuchtung begonnen. Die Eintrittspreise pro Konzert betragen für Abendkonzerte 18,— DM und für Tageskonzerte 15,— DM. Schüler und Studenten erhalten eine Ermäßigung. Rechtzeitige Vorbestellungen unter der Telefonnummer (09007) 231 (täglich 8 - 12 Uhr und 15 - 18 Uhr) sind notwendig. Im Monat Mai finden folgende Konzerte statt:
Fr. 4.5. 20 Uhr Schubert — "Arpeggione" Mendelssohn — u.a.
Sr. 5.5. 20 Uhr Chopin — im 130. Todesjahre — op. 24/44/15/48/20/31/25 Fr. 11.5. 20 Uhr Haydn — Mozart — "Kleine Nachtmusik" KV 525
Schubert — "Rosamunde-Qu."
Sa. 12.5.20 Uhr Schubert — Klaviertrios op. 99 und 100 — op. po sth. 148
29
— "Geistertrio" — u.a.
Fr.Beethoven 25.5.20 Uhr Haydn -- Hob. XVII, 6 u. 4 — Mozart — Beethoven
Sa. 26.5.20 Uhr Chopin — "Balladen und Scherz" — "Mazurken-Nocturnes" So. 27.5.16 Uhr Schubert "Tod und das Mädchen" — Suder: e-moll
Mozart — KV 458
Aus Schottland
Am 2. Mai gastieren die "Tannahill Weavers" im Barbarasaal. Die traditionelle Folk-Gruppe aus Schottland spielt in der Besetzung: Roy Gullane, Phil Smilie, Hudwon Swan, Alan MacLeod, Mike Ward. Karten gibt es bei Musik-Durner, Rathausplatz, T.: 30448.
Konzertnotizen
Den Anfang machen am 6. Mai die „Hollies" in der Kongresshalle. Das Bestehen von
„Englands Uralt- und Immerjung-Popgruope" jährt sich heuer zum siebzehnten Male. Ihr Markenzeichen sind eingängige, brillant arrangierte Lieder mit dreistimmigem Harmoniegesang, der vor allem von Allan
Clark's Stimme geprägt wird. Aber was bedarf es vieler Worte, sprechen doch Songs wie „Carrie Arm", „Jennifer Eccles",
„Sorry Suzanne", „The Air, That I Breathe" und „He Ain't Heavy, He's My Brother" schon genug für sich selber. Dann, nach langer Pause ist auch wieder einmal im Barbarasaal des Stetteninstituts etwas los. Wo seinerzeit „Kraan" ihr inzwischen schon legendäres Konzert bestritten, heißt es am 10. Mai diesmal: Jazz-Rock Live mit „Klaus Doldinger's Passport". K. Dold'nger, erfolgreichster deutscher Jazzmusiker, wird zusammen mit seiner 5-köpfigen Band erstmals den neuen Sänger und Gitarristen Kevin Mulligan, sowie Stücke der brandaktuellen LP „Garden of Eden" vorstellen. Der Besuch hier dürfte sich ebenso lohnen, wie der, einen Tag später in der Kongresshalle. Dort wird dann wirklich Besonderes geboten. Ein Name genügt und jeder weiß Bescheid: „Marcel Marceau".
Er, wohl einer der berühmtesten und sicherlich auch besten Pantomimen ist am 11. Mai bei uns in Augsburg zu Gast und wird mit seinem Auftritt das i-Tüpfchen auf das breitgefächerte und interessante Konzertangebot der letzten Monate setzen.
TH
"Gesundheit im Dreiklang"
heißt das Motto der diesjährigen "Ottobeurer Konzerte" in der Basilika und dem Kaisersaal des Ottobe.mer Klosters. Neben zahlreichen Konzerten in- und ausländischer Ensembles findet auch vom 7. bis
10. August eine Studienwoche mit dem Thema statt: "Kirche — Gesellschaft — Mönchtum. Impulse der benediktinischen Bewegung." Auskünfte und Bestellungen beim Verkehrsamt, 8942 Ottobeuren, Marktplatz 14, T.: 08332/1022.
Konzerte im Bürgerzentrum
Im Bürgerzentrum Kreßlesmühle gastiert am 16.5. das "Titi-Winterstein-Quintett" mit Musik deutscher Zigeuner. Das Ensemble sollte schon vor einigen Wochen im Barbarasaal auftreten; das Konzert mußte damals wegen Krankheit eines Solisten ausfallen. Die Besetzung des Abends:
Titi Winterstein (Violine), Lulu Reinhardt (Solo-Gitarre), Silvano Lagrene (Piano), Ziroli Winterstein (Rhythmus-Gitarre) und Hojok Merstein (Bass). Für Kenner ist ersichtlich: Bis auf den Pianisten sind alle Musiker ehemalige Mitglieder des HänscheWeiss-Quintetts- Einen Tag danach gastiert das Duo "Dougie McLean and Alen Roberts" mit "Music from Scotland" im Bür‑
gerzentrum. Beide Solisten verfügen über eine Vielzahl von Instrumenten: Geige, Gitarre, 5-String Banjo, Tenor-Banjo, Weilzither, Dulcimer und Foot-Bass. (17. 5.) Und wieder einen Tag später gastiert Claude Akire mit Moritaten und Vagantenliedern auf der Gitarre begleitet in der "Mühle" (18.5.).
Und wieder Mozart
Das 28. Deutsche Mozartfest 1979 findet in Augsburg vom 8. bis 14. Juni statt. "Der besondere Akzent des anstehenden Mozartfestes in Augsburg — reichhaltig bestückt mit Oper, Konzert und Vortrag — ist dadurch gesetzt, daß der Abschluß der 4. Mozart-Musizierwoche und die Austragung eines erstmaligen Klavierwettbewerbs in den Ablauf des 28. Deutschen Mozart- festes einbezogen sind." Interessenten wenden sich an die Geschäftsstelle der Deutschen Mozart-Gesellschaft e. V., 89 Augsburg, Karlstra,ße 6.
theater
Maier läßt grüßen
Vom 14.5. bis zum 27.5. tagt in der Augsburger Kongreßhalle der Verband für Volksspielkunst in Bayern e.V. Unter der Schirmherrschaft von Kultusminister Prof. Maier wird dieser 10. ordentliche Verbandstag einen Einblick geben in die Arbeit dieses traditionsreichen Unternehmens. Im Mittelpunkt der Tagung steht eine Festaufführung der Augsburger Amateur- Bühnen mit dem dreiaktigen Schwank
„Der wahre Jakob" von F. Arnold und E. Bach. Kontakt: Dieter Jex, 8900 Augsburg, Remboldstraße 13.
Städtische Bühnen
suchen noch Statisten für die Freilichtbühne („Ungarische Hochzeit", „Cavalleria Rusticana", „Der Bajazzo"). 50 sollen es sein, „vorzugsweise" männlichen Geschlechtes und zwischen 30 und 60
Jahre alt. Kontakt: Herr Pfafferle bei den Bühnen. Für Brechts „Der gute Mensch von Sezuan" wird geprobt. Jens Presel führt bei dieser Brecht-Parabel Regie;
Pilz ist für das Bühnenbild zuständig.
Szenen zweier Ehestücke
Am 19.4. feierte AKKU, das Theater in der Mühle Premiere mit zwei Einaktern von Tschechow und Pinter. Mitwirkende sind dabei Christine Müller-Hegenauer, Lehmann und Schablinski. Bei den zwei vorgeführten Einaktern „Der Heiratsantrag" und „Der Liebhaber" kommt es zu Mißverständnissen, Streit, Identitätskrisen. Mal ernst, mal heiter. Das Bühnenbild stammt von Klaus Zättl — Gastregie führt Christoph Gött.
Die Aufführungen im Mai sind dem Veran- staltungskalender zu entnehmen.
literatur
Gilden-Programm
Das Vierteljahresprogramm der gewerkschaftseigenen "Büchergilde Gutenberg" bietet wieder interessante Neuerscheinungen. Die "Gilde" feierte am 11. Februar den 100. Geburtstag ihres Gründers; Bruno Dreßler. Beides soll uns Anlaß sein, hier auf ein vielfach noch unbekanntes Lese- und Schauereignis hinzuweisen: Die "Büchergilde" rangiert unter den Buchgemeinschaftsgiganten (Holzbrink, Bertelsmann usw.) — statistisch an unterster Stelle. Vieles hat dieser kleinen Organisation in den letzten Jahren zu schaffen gemacht — die letzte Hürde war die mit vielen Komplikationen verbundene, von "oben" durchgedrückte Umstellung auf Computerverrechnung. Auf einer Gedenkveranstaltung unter dem Titel "Brauchen wir Bücher? Brauchen wir schöne Bücher?", veranstaltet von der Büchergilde, äußerten sich namhafte Schriftsteller und Publizisten. Was die Innovationslust der Buchgemeinschaft und Solide-phantasievolle Machart der "Gilden-Produkte" anbelangt, so sei Herbert Heckmann mit seinem Statement zugestimmt: "Es ist durchaus ein Unterschied, ob man ein Buch oder ein Buch von der Büchergilde lese."
Rumpelblatt
nennt sich in neunter Ausgabe eine „jugendeigene Zeitung im Allhäu". Die Zeitschrift, die ein Redaktionskollektiv in Sonthofen - und Kempten herausgebracht hat, bietet auf "reinem" Altpapier gedruckt, Nach'richten, die man sonst nur "klein aufgemacht" findet: "Neonazis im Allgäu-Organisation
HIAG", Literatur über Jack Kerouac, Veranstaltungsservice, Kontakte. Anschrift der Redaktion: F. Leopolder, 8972 Sonthofen, Hörnerstraße 6.
uni
Kontaktstudium
Für Teilnehmer des „Kontaktstudium Management" hat die Universität eine Informationsschrift herausgebracht. Anschrift für Bezieher: Geschäftsführung des Kontaktstudiums der Universität Augsburg, Eichleitnerstr. 30.
„Medizinische Fakultät"
Der Liberale Hochschulverband (LHV) Augsburg plädiert nachdrücklich für die Errichtung einer Medizinischen Fakultät an der hiesigen Universität. Rolf Zimmermann in seiner Stellungnahme: "Werden keine entscheidenden Maßnahmen zur Erreichung der 8000-Grenze unternommen, so darf die Hochschulplanung des Kultusministeriums als teurer Fehlschlag gewertet werden."
Zum gleichen Thema empfing Uni-Präsident Knäpfle Vertreter der Universität Ulm, Die Ulmer Professoren betonten aufgrund ihrer Erfahrungen (die Ulmer Universität ist medizinisch-naturwissenschaftlich ausgerichtet) die Notwendigkeit der Verbindung eines Großklinikums wie des Augsburger Zentralklinikums mit einer medizinischen Fakultät als „akademische Klinik". „Dies", so die Ulmer,
„zeigen alle Erfahrungen an anderen Orten im süddeutschen Raum." Die Landtagsabgeordneten Fröhlich (SPD) und Dr. Meyer (SPD) nahmen ebenfalls in ihrem „Problem-Gespräch" mit Präsident Knäpfle zur Frage der Errichtung einer Medizinischen Fakultät Stellung. Die Fakultät, sowieso nur für Klinische Medizin vorgesehen, solle „eine Reform der ärztlichen Ausbildung" und eine „Verbesserung der medizinischen Versorgung" der Region bringen.
Studentenführer
Das Studentenwerk Augsburg hat einen Wegweiser, „Student in Augsburg und Kempten" betitelt, herausgebracht. Die kostenlose 100-Seiten-Broschüre bietet in alphabetischer Ordnung nach Stichwärtern geordnet, alles für Studenten Wissenswertes. Anschrift: 8900 Augsburg, Mernminger Straße 6.
literatur
LESEZEICHEN
Neuheiten vom Büchermarkt
DOKUMENT MENSCHLICHER PERVERSION
Anus Mundi von Wieslaw Kielar
Fünf Jahre Auschwitz. 420 Seiten. DM 28,S. Fischerverlag, Frankfurt a. M.
W. Kielar wurde 1919 in Jaroslaw in Gellzien geboren, Er trat bereits früh der polnischen Widerstandsbewegung gegen die Nazis bei und wurde 1940 von der Gestapo verhaftet. Rund fünf Jahre war er in Auschwitz. Es war das größte Vernichtungslager, das die Nazis unterhielten, es wurde zum furchtbarsten Wort, das die deutsche Zeitgeschichte kennt. Besonders bei der Be. schreibung des täglichen Umgangs mit der Hölle Auschwitz erreicht das Buch seine höchste Authentizität. „Anus Mundi" ist mehr als nur ein Buch: es ist ein Dokument der Zeitgeschichte, ein Dokument menschlicher Perversion, ein Dokument menschlicher Leidensfähigkeit.
Wieslaw Kieler
Sozialgeschichte der Erziehung
Geschichte läßt sich darstellen. Lebendiger wird sie in Berichten von Zeitgenossen, die sie erlebt, erduldet haben. Nicht erst mit dem Eintritt ins Alter des aktiven Handelns, sondern bereits in der Kindheit greift die Geschichte ins persönliche Schicksal ein. In „Deutsche Kindheiten" schildern Frauen und Männeraus allen Schichten Ereignisse ihrer frühen Jugend zwischen 1700 und 1900. Es ist ein Lesebuch mit vergnüglich-nachdenklichen Erlebnisberichten. Texte und Bilder dieses Buches ergeben ein faszinierendes Bild zur Sozialgeschichte der Erziehung
Joseph Sedlmair
Gediegene Langeweile
Vor kurzem las im Ulrichs-Haus der in München lebende Schriftsteller Hermann Lenz. Eines seiner letzten Werke trägt den Titel „Der Tintenfisch in der Garage. Es macht den Reiz einer Rezension aus, wenn der Rezensent die beschriebenen Erfahrungen eines Hermann Lenz mit seinen eigenen, aber heutigen vergleichen kann. In diesem Sinne hat Andreas Lorenz versucht, diesem schwäbisch-breiten Erzähler auf die Spur zu kommen. Hermann Lenz, nicht zu verwechseln mit seinem bekannteren Schriftstellerkollegen Siegfried, war bis vor einiger Zeit nur Kennern der literarischen Szenerie bekannt; doch spätestens seit ihm 1978 der Georg Büchner Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung als Auszeichnung für sein gesamtes Werk verliehen wurde, kann sich der 66-jährige zur deutschen Schriftstellerelite zählen.
Eines seiner Druckwerke ist die 1977 veröffentlichte Erzählung „Der Tintenfisch in der Garage. Und so wie sich ein Tintenfisch in der Garage fühlen würde, so kommt sich der Germanistikstudent Ludwig, Lenz' Hauptperson in dieser Erzählung, in seiner Umgebung vor: Dieser Ludwig kann sich in der hektischen und pulsierenden Gegenwart nicht so recht wohl fühlen, und das auf Biegen und Brechen praktizierte Vital- und Progressiv- sein ist für ihn ein einziges Greuel. Zurückgezogen und unverstanden träumt er in der Vergangenheit und schafft sich eine eigene Idealwelt, bestehend aus Altertümlichem, Schönem und der Natur. Doch auch bei seinen Germänistik-Studien kommt er gehörig ins Schleudern:. Seinen Kommilitonen dient die Literatur einzig und allein dazu, die Gesellschaft
zu verändern und zu verbessern. Nur wenn sie die destruktiven Tendenzen der Konsumgesellschaft bloßlegt, hat die Literatur eine Berechtigung. Mit dieser Verintellektualisierung kann sich Ludwig jedoch ganz und gar nicht identifizieren, denn er sucht im „Schriftgut" vor allem das Menschliche, die Poetisierung des Daseins.
In dieser Phase spielt ihm das Schicksal ein Mädchen zu, für ihn ein Mensch, mit dem er sich zu verstehen glaubt. Doch dies erweist sich als Irrtum, das Mädchen entpuppt sich als Gaunerin, verläßt ihn aber erst, als sie seine naive Traumwelt, die er als besseren Teil des Lebens wähnte, tüchtig demoliert hat.
Dieses Buch liest sich teilweise wie eine Kriegserklärung an das auf Teufel komm raus betriebene Jung- und Agressivsein, es ist jedoch auch Lenz' eindeutige Stellungnahme zur Funktion der Literatur, denn nichts will der Autor mit seinem Buch weniger als die Welt samt ihrer Gesellschaft verändern. Nicht ohne Absicht verlief sich Lenz oft in Banalitäten, so z.B. wenn er feststellt, daß mit nackten Füßen ein Gaspedal besser in den Griff zu bekommen ist als mit beschuhten.
Jedoch ist Lenz' Problem mein Problem nicht, denn erstens kann ich es als solches nicht erkennen und zweitens wird nun auch etwas dick aufgetragen, wenn von Umfunktionierung des Menschen auf der Universität gesprochen wird.
Rundum: ein Buch, das recht nett zu lesen ist; aber das wars dann auch schon.
Andreas Lorenz
Lenz, Hermann, Der Tintenfisch in der Garage, Insel-Verlag, Frankfurt/Main, 139 Seiten, DM 18,—
musik
Ein folgenschwerer Rückfall
Finalpresto für die Dröhnland-Symphonie in drei Sätzen
1. Satz-Adagio-Allegro
Samstag, der 7. April 1979 — 17.45 Uhr. Im Schneeregen kommen wir vor der Sporthalle, dem voraussichtlichen Austragungsort von Udo Lindenbergs
„Dröhnland-Symphonie", an. Schon lange vor der Erstaufführung schlug das
„Rockmusikereignis ersten Ranges", zumindest was seine Publizierung in den Massenmedien betrifft, hohe Wellen. — Inszenierung: Peter Zadek, phantasiereichster aber auch umstrittenster Regisseur des deutschen Theaters. Produktionskosten: 1,3 Mill. Mark. Im Programm: Namen wie Alt-Rocker Eric Kurdon, die Rockladies 4. Tk-sampson und
U. Meinecke, sowie zur optischen Bereicherung Tänzer, Ballett, Pantomime, Artisten, Video-Filme und Laterna-Magica Effekte. Die ersten 15 Konzerte wurden von 91.000 Zuschauern besucht und selbst die Presse ließ sich zu ausführlichen und engagierten Rezensionen hinreißen. Ab 23. März sollten dann nochmals 93.000 Fans in 18 deutschen Städten die Möglichkeit haben, „das totale Rocktheater, welches neue Dimensionen aufreißt", zu sehen und zu hören. Augsburg lag im 2. Durchlauf als Tourneestation No. 15 an viertletzter Stelle.
2. Satz-Andante
Schon geraume Zeit vor der Aufführung in der Sporthalle hatte die Lindenberg- Show dem Veranstalter, Konzertbüro Uebelherr, einiges an Vorbereitungen gekostet. So mußte z.B. vom nahe gelegenen Trafohäuschen ein extra Kabel zur Halle gelegt werden, um die geforderte Stromstärke zu gewährleisten; eine besonders große Bühne, 18 x 12 m, mit zwei Podesten ä 3x3 m, plus einer kleinen Vorbühne mußte errichtet werden. —
Am Samstagvormittag treffen dann drei Sattelschlepper der engl. Firma Shirley Trucking Co., sowie zwei deutsche LKW's mit Lindengergscher Anlage und 16 Mann starker Crew ein. Die Sporthallenbühne wird für gut befunden und zusammen mit 10 Helfern beginnt der Aufbau der monströsen Anlage. Um sich von der Bühne ein wirkliches Bild machen zu können, muß folgendes angeführt werden: Sie ist durch drei diagonal verlaufende Lichttraversen in drei Teile geteilt. Vorhänge, Treppen, sowie eine hinten aufgespannte Leinwand kur Projezierung von Dias und Filmen geben ihr neben den rechts und links aufgebauten P.A. Boxen eine theaterähnliche Ausstrahlung.
3. Satz: Finalpresto
17.50 — wir betreten die Halle. Stolz und breit thront vor uns die Bühne, an der noch die letzten Handgriffe vorgenommen werden. 18.00 — Auf der vordersten Scheinwerferkette, die in sieben Meter Höhe über der Bühne schwebt und von zwei rechts und links aufgestellten Stahlgestellen, die ähnlich Flaschenzügen funktionieren, gehalten wird, balanciert waghalsig ein Techniker und justiert die schwenkbaren Scheinwerfer.
18.04 Aus der Balance gekommen, verliert der Techniker völlig das Gleichgewicht; die Traverse kommt ins Schwanken. Die unten auf der Bühne arbeitenden Techniker rennen und wollen retten, was noch zu retten ist, aber der Schrei des Chefroadies „Runter von der Bühne" hält
sie davon ab. Der auf der Scheinwerferkette befindliche Techniker fällt nach hinten weg, die Stahlfüße knicken wie Zündhölzer und stürzen auf die bereits fertig aufgebaute Anlage. Noch im Sturz reißen sie, ausgelöst durch ein unter der P.A. Anlage verlegtes Kabel, die linke Seite der dort aufgetürmten Boxen mit sich.
18.10 — Nachspiel — 1. Aufzug
Udos Panikorchester trifft ein. — Nachdem sich die erste Aufregung wieder gelegt hat, werden der Panik-Chef, der Veranstalter, der Tourneeleiter, die Musiker u.s.w. in Kenntnis gesetzt. Es dauert nicht lange, schon taucht die Frage auf: Was war die Ursache, wer hatte Schuld? Zweifelsohne eine wichtige Frage, denn wer wird für den entstandenen Sachschaden, die Unkosten etc. aufkommen? — „Du siehst doch, es lag am Bühnenboden. Hinten sind die ganzen Boxen aufgebaut, d.h. da ist das Hauptgewicht und vorne am Bühnenrand entstehen dadurch Höhenunterschiede von mindestens 5 cm zwischen den einzelnen Brettern", so I. Thompson, Udos Sängerin und G. Gloming, der Alt- Tenorsaxophonist. P. Vincent, der Gitarrist, ist dagegen völlig anderer Ansicht: „Das, was die Ingeborg meint, kann wirklich nicht die Ursache gewesen sein, denn
a) wurde die Bühne durch den Aufbaubeginn als akzeptabel anerkannt und b) haben wir während dieser Tournee schon auf ganz anderen, wirklich gefährlichen Bühnen gespielt." I. Thompson: „An der Anlage selber kann's auch nicht gelegen haben, die wurde ja erst in Berlin vorn TÜV überprüft." — In sich dauernd verändernden Grüppchen stehen und sitzen die in der Halle Anwesenden und erörtern immer wieder ein und dieselbe Frage, versuchen eine Rekonstruktion des Vorfalls. Bereits seit 18.30 werden mit Hilfe von Bayern 3 und der Polizei die Konzertbesucher über den Ausfall des Konzertes informiert, wird der Verkehr der ankommenden Zuschauer geregelt. 19.50 — wir verlassen die Halle. Was hatte sich aber zwischenzeitlich noch ereignet? Ein• rasch formierter „Augsburg via Dröhnland Krisenstab" bemühte sich um eine weitere Abwicklung; ein Nachholtermin für das ausgefallene Konzert wurde in Betracht gezogen.
Nachspiel — 2. Aufzug
Dienstag, der 10. April 1979
Am Nachmittag steht ein Termin bei der Stadtverwaltung auf dem Programm. — Thema: Endgültige Klärung der Sicherheitsfrage. — Ist eine risikolose Durchführung möglich? Ein Statiker soll bei einer eventuellen Wiederholung das fragliche Scheinwerfergerüst vor Beginn von A—Z überprüfen. — Das Ordnungsamt steht einer nochmaligen Aufführung positiv gegenüber und U. Lindenberg hat sich bereit erklärt, seine Show am morgigen Mittwoch durchzuziehen. Mit dem Veranstalter sehen 2500 Fans dem nächsten Tag erwartungs- und hoffnungsvoll entgegen. Der Auftrag, wieder eine Bühne zu errichten, wird noch am Abend an eine Würzburger Firma vergeben.
Nachspiel — 3. Aufzug — Ende
Aus die Maus! — Die Auflagen zur Lösung der Sicherheitsfrage konnten in so kurzer Zeit nicht gelöst werden. Eine Alternative für das bisherige Gerüst war nicht zu beschaffen. Ohne Lichtshow aufzutreten, das hätte die Stadt genehmigt, aber dann wäre auch aus der Dröhnland-Symphonie der Dampf 'rausgewesen, so Hr. Übelherr. Ein späterer Nachholtermin ist nicht möglich, da die Truppe nach Beendigung der Tournee wieder auseinandergeht. Die gekauften Karten werden von den Vorverkaufsstellen anstandslos zurückgenommen und auch die Schadensfrage wurde gelöst: Der Tourneeveranstalter, Lippmann und Rau, wird die entstandenen Kosten tragen.
Das Schlußwort: Die Konsequenz
Der Vorfall dürfte starke Einschränkungen, wenn nicht sogar ein striktes „Aus" für Veranstaltungen dieser Art in der Sporthalle haben. Schade, denn durch die erst kürzlich dort eingebaute Notbeleuchtung hatte Augsburg wieder eine Halle der entsprechenden Größenordnung. — Wie auch immer die noch ausstehende endgültige Entscheidung ausfällt; zurecht wird der Ruf nach festen Hallen für die afaAusstellung laut. Hallen, mit einem Fassungsvermögen von 2-3000 Personen, in denen dann unterm Jahr Musikveranstaltungen für Jugendliche, wie in jeder anderen Stadt auch, durchgeführt werden können. Das Publikum, so hat es die diesjährige Frühjahrssaison bewiesen, ist da und auch Anfragen von großen Gruppen wie Santana und Frank Zappa liegen seit längerem vor! Es ist also nun Sache der Stadt, in dieser Angelegenheit eine endgültige und vor allen Dingen baldige Lösung herbeizuführen.
Tourneen
1.5. Mother's Finest, München, Circus Krone
3.5. Kate Bush, München, Circus Krone 3.5. Milva, München, Deutsches Museum 3.5. Planxty, München, Schwabinger
Bräu
4.5. Ted Nugent, München, Circus Krone 6.5. Hollies, Augsburg, Kongreßhalle 7.-9.5. Manfred Mann's Earthband/Luci‑
fer's Friend, München, Circus Krone 8.5. Link Wray, München, R igan Club 10.5. Doldinger's Passport, Augsburg, Bar‑
barasaal
10.5. Ougenweide, München, Circus Krone 10.5. No Dice, München, Schwabinger
Bräu
11.5. Supermax, München, Schwabinger
Bräu
11.5. M. Marceau, Augsburg, Kongreßhalle 11.-13.5. Münchner Liedertage u.a. mit
Da nzer, Moustaki, Wecker, Weder, München, Circus Krone
12.5. Aerosmith, München, Circus Krone 15.5. John Mayall, München, Schwabinger Bräu
15.5. Thin Lizzy, München, Circus Krone 16.5. E. Furey/Finbar, München, Schwabinger Bräu
16.5. Jan Dury & The Blockheads, München, Circus Krone
16.5. Titi-Winterstein-Quintett, Augsburg, Kreßlesmühle
20.5. R. Claydermann, München, Circus Krone
21.5. Jim Capaldi, München, Schwabinger Bräu
22.5. Frankie Miller, München, Schwabinger Bräu
22.5. Helen Schneidär, München, Deutsches Museum
24.5. Aera, München, Schwabinger Bräu 25.5. AC/DC, München, Circus Krone 26.5. Red Baron, München, Schwabinger Bräu
29.5. Dire Straits, München, Circus Krone 31.5. La Tete Ailleurs, Augsburg, Kreßlesmühle
Beginn der Veranstaltungen um 20 Uhr. Alle Angaben jedoch ohne Gewähr!
»Zeit ist nur ein Teil von uns«
Thomas Hammerl
Ein Mann mit Eigenschaften
Zu den seltenen Musikereignissen, an denen auch oder gerade die Mittzwanziger ihre Freude haben, gesellte sich Mitte März eine Aufführung, deren Show- und Action- Charakter nur mit den Life-Gastspielen der 60er Jahre vergleichbar ist. Wolfgang Ambros, der 27jährige Wiener, bis jetzt eher bekannt durch seine melancholischen Dialektlieder und einem, zumindest nicht ungeteilt Beifall findenden Auftritt in einem mittelmäßigen Fernsehspiel ("Fehlschuß"), überraschte in Augsburg mit einem hörenswerten Rockkonzert. In dem beinahe 2stündigen Vortrag zeigte er sich als wandlungsfähiger Sänger, dessen Repertoire von gefühlsvollen Bob-Dylan-Interpretationen (nicht Kopien!) bis zum hämmernden Disco-Sound reicht. Unterstützt wurde er dabei von einer excellenten Band, in der besonders Leadgitarrist Gerd Koller durch seine harmonischen Soli gefiel. Anders als beim Münchner Konstantin Wekker, in dessen Texten massive Kritik an unserer Gesellschaft laut wird, singt W. Ambros über sehr persönliche Probleme und Gefühlsimpressionen. Trotzdem, für viele (leider) gerade deshalb, begeisterte er die Besucher der fast ausverkauften Kongreß‑W. Ambros ist das fast Unmögliche gelungen; B. Dylan's Lieder gekonnt in's Deutsche bzw. Österreichische zu übertragen. 37
Kein Heute ohne Gestern
Joe Viera Sextett — featuring Gerhard La- her — Live
Kontraste: Boogie Stop Shuffle / Blues for Africa / Ballad Medley / Song for my father / Monk's Mood / Stompy Jones. -Personals: Joe Viera (ts), Martin Schrack (p), Jochen Rose (tp,fh), Hans Claus (dl, Detlev Beier (b), Axel Prasuhn (bs, fl, as, voc), Gerhard Laber (congas, percl. Aufgenommen am 25.6.78 in Dingolfing. CAL 30619 (Calig-Verlag GmbH,
8000 München 19, Renatastralle 711. Joe Viera hat durch seine Aktivitäten in Sachen Jazz (Dozenturen für das Fach Jazz an verschiedenen deutschen Hochschulen, Leiter der Burghauser Jazzkurse, Mitwirkung bei der Edition „Jazz universal") gerade im süddeutschen Raum verstärkt zu dessen Etablierung beigetragen. Man mag über die „Verschulungstendenzen" im Jazz denken wie man will, allein dieser Weg aber scheint die Gewähr dafür zu bieten, daß Zuschüsse fließen, ein Kultusminister sich gar persönlich zu einer Sache wie Jazz äußert — so geschehen bei der Eröffnung der 10. Burghauser Jazzwochen — daß eine „Provinz"-Stadt (besagtes Burghausen) sich aktiv an der Einrichtung eines Musikzentrums für zeitgenössische Musik beteiligt, daß Jazz Bestandteil von Musiklehrplänen wird. Viera ist aber nicht nur ein angestrengter
„Theoretiker" und Organisator des Jazz, sondern — wie die vorliegende Live-Aufnahme beweist — ein aktiver, gruppenbildender Musiker. „Kontraste", so heißt die neue Platte des „Joe Viera Sextetts", das seit 1976 besteht. Programmatik der Gruppe: „in verschiedenen Besetzungen eine ungewöhnliche Vielfalt von Spielweisen innerhalb des Jazz zu verwirklichen. So reicht die Musik des Ensembles von Stücken Duke Ellingtons ... bis zum Free Jazz". (Auszug Cover-Text) Ist es gelungen? Das ist die Frage, die hier zuerst zu beantworten ist.
Mit einem Thema von Charles Mingus werden die 40er Jahre, die Zeit des Bepop präsent gemacht; eine Eigenkomposition von Viera ist zeitbezogen kaum einzuordnen und stellt den, vergleichsweisen, individuellsten Gruppenbeitrag dar. Auf der Rückseite der Platte findet man ein cool- gestimmtes Thema-Arrangement dreier bluesbetonter Stücke („Polka Dots and Moonbeams", „Georgia an my mind'',
„Sweet and lovely"); mit „Song for my father" von Horace Silver kommt einer der großen Komponisten des Jazz zu Wort; mit Thelonius Monks „Monk's Mood" wird die Periode des Jazz-Piano nach der Tristano-Ära hörbar gemacht, der bis heute nachwirkende harmonisch freieste Beitrag des Pianospiels. Mit Ellingtons swingendem und jumpenden „Stompy Jones" schließt die Platte.
Das Stil- und Titelangebot, soviel läßt sich sagen — sieht man einmal von dem etwas zu kurz geratenen Free Jazz-Angebot ab — zeigt sich als Mainstream abdeckendes Angebot.
Nun zur Beurteilung des Gebotenen.
„Übung macht den Meister" — mag sein. Aber genau dieses, das Geübte, sticht überall durch. Musikalischer Fleiß, der nur stück- und stellenweise, so in „Blues for Africa", den konventionellen Rahmen des Einstudierten sprengt. Hier ist besonders Martin Schrank am Piano zu nennen, der gern und oft, so im „Song for my father", „Blues for Africa" und in Monks Solostück für Piano „Monk's Mood", eigenwillige und hörenswerte Akzente setzt (man beachte sein Solo in „Song for my father"!). Im Ganzen der Stücke stehen Arrangiertes und Improvisiertes in einem deutlichen Mißverhältnis zugunsten des ersteren. Bass und Schlagzeug, weitere Indizien für die etwas konventionelle
Machart, verlassen nur selten das rhythmische „Abstellgleis" (so in „Blues for Africa"). Daß Axel Prasuhn einer der „vielseitigsten deutschen Jazzsänger" (Auszug
Cover-Text) ist, weiß man bestenfalls seit seinem „Aushilfs"-Statement bei den 10. Burghauser Jazz-Wochen. Auf der Platte schwimmt seine Stimme in einem effektvollen Hall-Arrangement. Auflockernd wirken die polyphonen PercussionsRhythmen Gerhard Labers. Diese als musikalische Reminiszens gedachten Klänge an einen Afrika-Aufenthalt der Gruppe durch das Goethe-Institut bleiben etwas verstreut oder am einzelnen Stückanfang resp. -Ende festgemacht. Es beweist aber auch einmal mehr, wie schwierig es ist, verschiedene rhythmische Traditionen der Musik miteinander zu verbinden. Jochen Rose bläst ein einfühlsames Horn — deutlich z.B. in seiner Interpretation von „Georgia an my Mind".
Abschließend ist zu bemerken: Die Auswahl der Stücke kommt dem latent vorhandenen Hang zum Konzertanten als
„Darbietung" entgegen. Ein Überarrangement verhindert viel Spontaneität, was sich u.a. auch in gedämpften Publikumsreaktionen niederschlägt, und begünstigt die schulisch ausgebildeten Musiker in ihrem partiturhaften Spiel.
Arthur Müller
Ein Ganz-Ton-Abend
Zum Jazz-Konzert mit dem Chet-Baker-Quartet im Augsburger Jazz-House
Die "amtliche" Legende
„Schon zu Lebzeiten ist er zu einer Legende geworden: der so lyrisch, ästhetisch und bewegend spielende Trompeter Chet Baker". So stand es und jeder konnte es lesen, im offiziellen Jazz-Organ der BRD, dem „Jazz-Podium"; seither verkündet es jedes Blatt und jeder Zeitungssmok führt es im Munde: Cool-Jazz ist wieder gefragt. Und es ist ganz gewiß, daß Chet Bakers Comeback in Europa einiges dazu beigetragen hat.
Seit Mitte Oktober gastiert nämlich das einstige Mulligan-Orchester-Mitglied in halb Europa. Seit Oktober auch gab es Ärger für Chet: Jeff Brillinger, der Schlagzeuger, war kurzfristig ausgestiegen; kurzfristig verschwand auch Phil Markowitz, der Pianist; auch der Bassist Scot Lee hatte keine Lust mehr — sie waren, so war zu hören, in die Staaten zurückgekehrt. Die Suche nach neuen Leuten bescherte zuerst einmal ein musikalisches Fiasko — so geschehen, im Amerika-Haus München bei einem Gastspiel. Frau „Immergrün" aus Tuttlingen, das Gabi-K leinschmidtManagement, versuchte zwar alle entstehenden personellen Ausfälle zu ersetzen; aber es gelang nicht immer so recht — und so verwundert es kaum, daß auf der Ankündigung für das Baker-Konzert in Augsburg ein japanischer Schlagzeuger mit Namen Makaya Ntsoko angekündigt war, der aber gebürtig Südafrikaner ist und dann auch gar nicht anwesend war.
In Burghausen nun, bei den zehnten Jazz- Wochen, abgehetzt und völlig überreizt, absolvierte er, entschieden deplaziert nach (!) dem überaus rhythmischen Elvin Jones und seiner „Jazz-Machine", das Schlußkonzert; man hatte sich nach Österreich verfahren und traf deshalb erst um halbelf ein. Auf diese Weise wird man allerdings schnell vom Repräsentanten des
Cool-Jazz zum launischen Sideman. Und so liefert langsam jeder Auftritt dem fast 50-jährigen Baker den Beweis der These: „Legende" zu heißen ist leicht, „Legende" zu sein und zu bleiben ist schwer;
denn die Idee, auch die musikalische, blamiert sich noch immer, wo sie von dem Interesse unterschieden war (Karl Marx). Einem lückenlosen Tournee-Plan fallen so leicht neue Stücke zum Opfer. Das ist schade!
The Coolsters und Cool-Jazz
Die Besetzung des Quartetts in Augsburg: Phil Markowitz am Piano; der neue Bassist aus Frankreich hieß Jean-Luis Rassinfosse und unerkannt und unbekannt am Schlagzeug ein bescheidener Mann mit dunklem Teint. Die Besetzung des Lokals: Frau „Neckermann" und Herr
„Doktor" waren auch da. In dem soeben erschienenen Jazz-Buch von A. Polillo,
„Jazz — Geschichte und Persönlichkeiten der afro-amerikanischen Musik", lautet der Schlußsatz zum Thema„Cool-Jazz": „Die von den Cool Jazz-Leuten angezeigte Richtung wurde nur von John Lewis und seinem Modern Jazz Quartett verfolgt. Dieses Quartett sollte viele Jahre lang weiterhin feierliche, friedliche und
„achtbare" Musik spielen, zum Entzücken des konservativen Publikums und der elitären Konzertbesucher der Alten Welt, für die der Jazz um so akzeptabler wird, je mehr er versucht, der europäischen klassischen Musik zu ähneln." Dem ist, was die Besucher und ihr Jazz-Verständnis anbelangt, nichts hinzuzufügen. Musikalisch ist zu sagen: Die „Down Beat"-Siege Bakers in den 50er Jahren sind vorbei. In tausenderlei Schwierigkeiten verstrickt, steht er seit 10 Jahren erstmals wieder in Europa auf der sühne — „clean", wie es in der Sprache der Süchtigen heißt, aber körperlich gezeichnet. Neue musikalische Tendenzen konkurrieren heute mit alten; auch Pop ist wieder, und vor allem gefragt.
Die Musik Bakers an diesem Abend ließ nur Vergangenheit zu: „West Coast Jazz" lag im Raum. Chet scatete und sang so, daß alle alten Urteile vom Rang der Stimme im Verein mit Instrumenten ihre Widerlegung fanden:
Nicht mehr zu unterscheiden war die Tongebung auf der kornettartigen Trompete vom Gesang, nur der Tonumfang in seinen Ganz-Ton-Reihen markierte instrumental die Stimmung des Abends abweichend vom sehr melodiösen melancholisch wirkenden Vokal. Mit diesen leichten, besser leicht anmutenden, fast posaunenartigen, überlappten Tonfolgen
auf der Trompete bekommt sein Spiet jene sehnsüchtige, eben coole Harmonie. Es ist immer wieder faszinierend zu sehen, wie Baker es trotz seiner schmächtigen Figur schafft, mit so sauberer und voller Art in höchst eigenwilligen Phrasierungen zu blasen.
Phil Markowitz kann mehr als er zeigen darf; Baker hält ihn etwas kurz; das ist schade, denn der etwas groß geratene schlaksige Amerikaner mit den linkischen Bewegungen hat, was Baker abgeht: Arrangement-Talent. Ohne Markowitz würde sich das ganze Programm im Kreise drehen. Der Rhythmus- Part, besonders am Schlagzeug, war den Möglichkeiten der Improvisation kaum gewachsen, dafür aber erfreulich rhythmisch und manchmal fast so drängend und aufregend, wie man es vom BrubeckSchlagzeuger Joe Dodge her kennt, der bekanntlich dem Schönberg-Schüler erst zeigen mußte, was Rhythmus ist.
Arthur Müller
Konzert-Quiz
Nach den Scorpions-Unterschriften im Monat Mai, gibt es diesmal gleich Autogramme von zwei Gruppen/Künstlern, die in der letzten Zeit bei uns zu Gast waren, zu gewinnen. Ihre Namen: Wolfgang Ambros und Marek & Vacek.
Wer ein Autogramm von diesen Künstlern gewinnen will, muß folgende Fragen richtig beantworten:
W. Ambros: Wie heißt der engl. Originaltitel von W. Ambros aktueller Single "I bin's net" und von wem wurde diese Nummer komponiert?
Marek & Vacek: Wie heißen Marek & Vacek mit bürgerlichem Namen und wie lautet der Titel ihrer aktuellen Langspielplatte?
Eine Postkarte mit der richtigen Lösung an: LUEGI NSLAND, Hermanstr. 3, 8900 Augsburg — Kennwort: Konzertquiz Monat Juni
TH
theater
Ibsens Wildente- ein toter Vogel
Zu der „Wildenten"-Aufführung im Augsburger Stadttheater
Der Vogel haust unterm Dach, hinter der Tür — verdeckt, versteckt, weggeräumt, gut aufgehoben im Oberstübchen, mitten im Kopf, aber doch dort, wo er nicht stört. Ibsens Wildente, ein Symbol so richtig zum Anlangen — waidwund geschossen, aus dem Wasser, dem 'Meeres tiefstem Grund', gezogen, etwas flügellahm
— und alles im Augsburger Stadttheater. Die Parabel ist einfach, glatt klassisch: Der Herr kommt über das ihm diensttuende Weib, der Bauer über die Magd, der Gockel über die Hennen, der Konsul über sein Dienstmädchen. Und da er der Herr Konsul ist, der ehrenwerte Bürger, verschafft er Magd und dem Kind 'der Sünde' Behausung, Fassade ärmlich versuchter Bürgerlichkeit, wozu er auch noch den Ehemann und offiziellen Vater liefert.
Die bürgerliche Scheinmoral in Reinkultur. Das Wegräumen, Aufräumen des unerwünschten Produktes heimlicher sexueller Aktivität — zentral vor hundert Jahren, zerkaut seit hundert Jahren, zerbissen.
So bleibt der Staub an dieser Wildente das einzige, was zwischen den Zähnen hängen bleibt. Das Fleisch ist von dem Vogel längst herunter.
Die Fassade dieser ärmlich versuchten bürgerlichen Behausung zu demontieren, betätigt sich als Gegenstück des Konsuls, dessen Sohn, ein blonder Mephisto der 'stets das Gute will, und doch das Böse schafft'. Mit der penetranten Blindheit eines seelenrettenden Sektenverkäufers in der Fußgängerzone bedrängt er seinen
Freund, der sich in seiner Fassadenwelt recht wohlig eingerichtet hat, mit einer irgendwie gearteten 'idealen Forderung' der wahren und wahrhaftigen Lebensführung, wobei dieser so herrlich eindeutige und klare Begriff so stehen bleibt, plan und platt.
Der Vogel haust unterm Dach, hinter verschlossener Tür, zu der eine raumfüllende Treppe hinaufführt, breit und blechern federnd. Nicht nur optisch im Mittelpunkt, auch von der Aktion her, der Bewegung auf der Bühne. Der Dialog ist gerafft, die Szenenfolge Schlag auf Schlag. Das Stichwort steckt noch halb im Mund, da steht der Mann schon in der Tür. Die Akteure haben sich im Eiltempo zu bewe‑gen, rasen treppauf, treppab, gesprengte Hühner auf der Hühnerleiter
die 'Weibspersonen' gleich gar. Mutter und Kind des Anstoßes — hüpfen aufgescheucht zwischen der agierenden Männlichkeit hin und her. ihre dick zur Schau getragene Unterwürfigkeit und Dienstleistungsmentalität wirkt aufgesetzt — ein etwas dürftiger Versuch, das patriarchalische Element dieser verlogenen Gesellschaft noch einmal besonders zu betonen. So bleibt die Wildente nicht der einzige Vogel in dieser Inszenierung: Die Akteure flattern flügelschlagend durch den Hühnerstall, gackernd über ein längst gelegtes Ei. Trotz der sichtbaren hektischen Hin- und Herbewegung bleibt das Ganze eher ruhig, gemächlich. Nachdem auch der langsamste Zuschauer recht schnell die Konstellation des Stückes durchschaut und den Rest der Aufführung darauf wartet, daß 'die da oben' auch endlich dahinter kommen, ist eben die Luft schnell raus. Was bleibt, ist das große Gähnen — und die Frage: Wozu eigentlich?
Der arme Vogel, vor hundert Jahren schon angeschossen, von derbem Hundekiefer aus des 'Meeres tiefstem Grunde' an die Oberfläche gezerrt, wäre besser ausgestopft in der Vitrine geblieben.
Ihm ist kein Leben mehr einzuhauchen — auch nicht mit aufgeregtem Flügelschlagen und künstlich erzeugter Bewegung, die den letalen Zustand des Patienten nicht länger verheimlichen kann.
Rudolf Lang
film
VORSCHAU
Lueginsiand stellt eine Auswahl guter Filme vor, die demnächst in den Kinos laufen. Weitere Film-Termine sind im Veranstaltungskalender enthalten,
Moliere
Regie: Ariane Mnouchkine
Das wildbewegte Portrait eines Mannes und seines Jahrhunderts.
Spielzeit: 4., 5. und 6. Mai 1979
Spielort: Komödie
The Pom, Pom Girls (Mach mich nicht an)
Regie: Josef Ruhen
mit Robert Carradine, Jennifer Ashley In Farbe und englischer Sprache
Ein treffendes Bild der „Young generation" Zwischen Schule, Sport, Sex und Unsinn, Spielzeit: 3. Mai 1979, 20.00 Uhr
Spielart: Ofa Studio im Emelka
Das Brot der Frühen Jahre
Regie: Herbert Vesely
mit Christian Doermer, Vera Tschechova und viele andere.
Nach dem Roman von Heinrich Böll. Ein junger Elektromonteur, mit der Tochter seines Chefs verlobt, bricht aus dem Alltagsleben aus, als er ein Mädchen aus seinem I leiniatdorf wiederfindet.
Spielzeit: 14. Mai 1979, 20,00 Uhr Spielort: Komödie
Ab 16 Jahre
Sie sind frei, Dr. Korczak
Das Schicksal des polnisch-jüdischen Arztes und Pädagogen Dr. Janus Korczak, der 1942 mit den ihm anvertrauten Kindern des jüdischen Waisenhauses in den Tod ging. Mit Zustandsbildern aus dem Warschauer Jugendghetto verbundenes unpathetisches Plädoyer für den Wert des einzelnen Menschen und wider den Wahnwitz rassistischen Denkens.
Spielzeit: 15. Mai 1979, 19.00 Uhr Spielort: Die Klappe, Haus St. Ulrich, Kappelberg 1
Der Holzschuhbaunn
Regie: Ermanno qhni
mit Luigi Ornaghi, Francesca Moriggi u.v,a. Ein großer Bauernhof in der Lombardei gegen Ende des letzten Jahrhunderts: Auf engstem Raum leben dorf fünf kinderreiche Familien. Sie bearbeiten das Land und bewirtschaften das Gut des allmächtigen Feudalherren, der zwei Drittel der Ernte für sich beansprucht. Den Bauern gehört praktisch nichts, sie besitzen nur ihre Arbeitskraft. Der Film erzählt von ihrem täglichen Leben und ihrer Arbeit, von Freuden und Leiden, von Geburt und Tod und von der Willkür des Feudalherren, der über ihr Leben bestimmt. Spielzeit: Demnachst
Spielort: Filmpalast 2
FILM-QUIZ
Was sie über den Film wußten, hatten sie im Kino gelernt. In der „Cinematheque
Francaise", dem französischen Filmmuseum, sahen sie Tag für Tag die alten und neuen Meisterwerke des internationalen Films. Dort lernten Truffaut, Godard und Chabrol ihr Handwerk. Diese Rebellen stellten dem solide gedrehten Fließband, das „Kino der Autoren" entgegen. Sie verstanden den Film nicht mehr als Teamwork von Spezialisten, sondern als Werk eines einzelnen, der demGanzen seinen persönlichen Stempel aufdrückt.
Den Filmautor als schöpferische Persönlichkeit mit allen Freiheiten und Möglichkeiten zum Experiment hatte es in dieser Form kaum gegeben. Als Forum diente den Erneuerern eine Zeitschrift, deren früh verstorbener Chefredakteur die jungen Talente förderte und den explosionsartigen Beginn der sogenannten „Neuen Welle" theoretisch anregte und für ihre Verbreitung sorgte.
Unsere Film-Quiz-Frage im Mai lautet:
Wie ist der Name der Zeitschrift und wie hieß der Chefredakteur?
Die richtige Antwort der Film-Quiz-Frage im April lautete: Francesco, Rossi
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen